Ein großer Torwart hört auf: Petr Čech kündigt Karriere-Ende an

Petr Čech (Foto: ČTK / AP / Kirsty Wigglesworth)

Tschechische Fußballteams haben es schwer, sich international durchzusetzen. Einzelne Kicker jedoch können mit der europäischen Elite durchaus mithalten. Torwart Petr Čech hat dies nicht nur anderthalb Jahrzehnte bewiesen, sondern das Bild des modernen Keepers selbst mitgeprägt. Im Spätfrühling will Čech nun aber seine erfolgreiche Karriere beenden.

Petr Čech  (Foto: Anish Morarji,  Flickr,  CC BY 2.0)

Petr Čech  (Foto: ČTK / AP / Kirsty Wigglesworth)
Am Dienstag vor einer Woche hat Petr Čech seine Fans in Tschechien und England doch ziemlich geschockt. Via Twitter kündigte der Arsenal-Torwart in einer Videobotschaft das Ende seiner Profikarriere an:

„Dies ist meine 20. Saison als Profifußballer und meine 15. in der Premier League. Deswegen glaube ich, dass im Sommer für mich genau der richtige Moment gekommen ist, um meine aktive Laufbahn zu beenden.“

Es ist eine Karriere, die es in sich hatte. Die längste Zeit von ihr verbrachte der 36-Jährige in der englischen Premier League. 2004 wechselte der 1,96 Meter große Čech vom französischen Verein Stade Rennes zum FC Chelsea, wo er seine größten Erfolge feierte. Mit den Blues holte der Torwart 13 Titel, darunter viermal die englische Meisterschaft sowie je einmal die Champions und die Europa League. Den Pott in in der europäischen Königsklasse holten sich die Londoner 2012 beim Finale in München, als sie den gastgebenden FC Bayern nach einem 1:1 in 120 Minuten mit 4:3 nach Elfmeterschießen besiegten. Petr Čech hielt zwei Elfmeter und war neben Mannschaftskollege Didier Drogba der große Held des Abends. Der Tscheche riss seine Fans aber nicht nur im Münchner Finale von den Sitzen. Mit zahllosen Paraden in vielen Partien verzückte er auch die Reporter der britischen TV- und Radio-Anstalten.

Petr Čech: „Dies ist meine 20. Saison als Profifußballer und meine 15. in der Premier League. Deswegen glaube ich, dass im Sommer für mich genau der richtige Moment gekommen ist, um meine aktive Laufbahn zu beenden.“

In England entwickelte sich der gebürtige Pilsener zu einem der besten Torhüter seiner Generation. In der Premier League absolvierte er bislang 443 Begegnungen, in nicht weniger als 202 Spielen blieb er ohne Gegentor. Auch deshalb hält sein tschechischer Torwartkollege Luděk Mikloško, der vor ihm elf Jahre lang auf der Insel spielte, große Stücke auf seinen Nachfolger:

„Petr genießt in ganz England große Anerkennung. Er hat der Tschechischen Republik dort zu einem solch guten Ruf verholfen, wie es kein anderer je geschafft hat.“

In der Premier League erlebte Čech allerdings auch den bittersten Moment seiner Karriere. In einem Spiel gegen den FC Reading hatte der Chelsea-Keeper 2006 bei einem Zusammenstoß mit Gegenspieler Stephen Hunt einen Schädelbasisbruch erlitten. Die Ärzte bangten damals um sein Leben. Viele haben in dieser schweren Phase zu ihm gestanden, darunter Luděk Mikloško:

Luděk Mikloško  (Foto: Egghead06,  Wikimedia Commons,  Public Domain)
„Ich habe ihn seinerzeit im Krankenhaus besucht. Von daher weiß ich, wie Petr da im Bett gelegen hat und wie ihm die Verletzung zusetzte. Ich denke, für niemanden ist es einfach, danach wieder auf den Platz zurückzukehren. Besonders nicht für Torhüter.“

Der Heilungsprozess verlief besser als erwartet, und Petr Čech kehrte ungebrochen zurück auf den grünen Rasen. Doch jetzt trug er eine schützende Kopfbedeckung – ein schwarzer Stoffhelm wurde fortan zum unverwechselbaren Markenzeichen des Hünen.

Unter Erfolgstrainer José Mourinho musste Čech in der Saison 2014/15 jedoch seinen Stammplatz im Tor räumen. Der Coach setzte auf den jüngeren Thibaut Courtois. Der Belgier hat indes nicht vergessen, wie fair sich sein Kollege ihm gegenüber verhalten hat. Denn nachdem Čech sein nahendes Karriere-Ende verkündet hatte, meldete sich Courtois mit den Worten:

Pavel Horváth  (Foto: Alžběta Švarcová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Danke für die Unterstützung während meines ersten Jahres bei Chelsea. Ich gratuliere dir zu einer überragenden Karriere. Du warst ein außergewöhnlicher Kollege, Kamerad und ein Vorbild für mich persönlich und für uns anderen Torhüter.“

Seit 2015 spielt Petr Čech für den Londoner Lokalrivalen FC Arsenal. Aufgrund von Verletzungen hat er in dieser Saison auch hier seinen Stammplatz im Gehäuse verloren, und zwar an den deutschen Nationalkeeper Bernd Leno. Sein ehemaliger Teamkollege in der tschechischen Nationalmannschaft, Pavel Horváth, aber schwärmt noch heute:

„Man hat oft über ein, zwei spektakuläre Paraden von ihm berichtet, als er noch für Chelsea spielte. Dort hat er seinen Kasten reihenweise sauber gehalten.“

Karel Poborský  (Foto: Robert Mikoláš,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Mit Čech gemeinsam im Nationalteam spielte ebenso Karel Poborský. Auch der Supertechniker im Mittelfeld findet nur lobende Worte über seinen einstigen Mitspieler:

„Für ihn haben immer die Leistungen auf dem Platz gesprochen. Er stand lange im Tor der Nationalmannschaft und war die klare Nummer eins. Er bestritt sehr viele gute Spiele, da fällt es schwer, auch nur eines herauszupicken.“

Petr Čech bestritt insgesamt 124 Länderspiele – mehr hat bis heute kein anderer Tscheche vorzuweisen. Ein Höhepunkt seiner Auswahlkarriere war zweifellos die Europameisterschaft 2004 in Portugal. Zusammen mit Top-Spielern wie Karel Poborský, Pavel Nedvěd, Tomáš Rosický, Jan Koller und Milan Baroš bot die tschechische Mannschaft den attraktivsten Fußball der Endrunde. Das unglückliche 0:1 nach gekürzter Verlängerung im Halbfinale gegen Griechenland verhinderte den möglichen Titelgewinn, und so wurde die Bronzemedaille Čechs größter Erfolg mit der Nationalmannschaft. Nur vier Jahre später, bei der EM in Österreich und der Schweiz, erlebte Čech jedoch auch einen Tiefpunkt im Auswahltor. Pavel Horváth erinnert sich:

Michal Špit: „Čech ist eine Ikone des tschechischen Fußballs. Und ich denke, dass schon lange keiner mehr zum guten Ruf des tschechischen Fußballs in der Welt derart beigetragen hat, wie er.“

„Leider wird bei Torhütern seltener über ihre Klasseparaden debattiert als vielmehr über ihre Fehlgriffe. Bei ihm war es der kapitale Bock bei der EM 2008 gegen die Türkei. Das ist ein bisschen ungerecht: Bei den Spielern spricht man über ihre Tore, bei den Torleuten über die groben Schnitzer.“

Dass es in der Schweiz auch besser geht, bewies der Torwart sechs Jahre zuvor bei der U21-Europameisterschaft. Tschechien hatte nicht nur einen tollen Jahrgang am Start, sondern schaffte auch durch Čechs parierte Elfmeter im Finale gegen Frankreich den Titelgewinn. Seinerzeit war Michal Špit sein Back-up in der Nationalmannschaft. Heute ist er Torwarttrainer beim FK Jablonec. Špits Meinung über den ehemaligen Kollegen ist eindeutig:

Gary Lineker  (Foto: Christophe95,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)
„Er ist eine Ikone des tschechischen Fußballs. Und ich denke, dass schon lange keiner mehr zum guten Ruf des tschechischen Fußballs in der Welt derart beigetragen hat, wie er.“

Doch auch auf der Insel ist die Fußball-Welt zum Abschied voll des Lobes für den Starkeeper aus Tschechien. Petr Čech ist also schon zu Lebzeiten zu einer Torwart-Legende geworden. Einen ähnlichen Status als Stürmer genießt Gary Lineker in England. Deswegen freut sich der Arsenal-Schlussmann, dass auch der stets faire Brite ein Statement abgegeben hat. Lineker sagte über ihn:

„Ich gratuliere Petr Čech zu einer wirklich hervorragenden Karriere. Er ist ein toller Torwart, Profi und Gentleman, der für unser Spiel viel Ehre eingelegt hat. Ich wünsche ihm nur das Beste.“

Für seine nähere Zukunft wäre dies ein nochmaliger und letzter Titelgewinn. Denn für den Rest seiner Abschiedssaison hat Čech ziemlich klare Vorstellungen:

„Ich freue mich darauf, dass ich ab Sommer vor neuen Herausforderungen stehen werde. Natürlich möchte ich diese Saison so gut wie möglich beenden. Am besten mit einem Pokal in den Händen, denn das wäre der beste Abgang, den ich mir vorstellen könnte. Dazu habe ich noch die Chance im F.A. Cup und in der Europa League. Von daher glaube ich, dass ich mich mit einer Trophäe verabschieden werde.“

Gary Lineker: „Ich gratuliere Petr Čech zu einer wirklich hervorragenden Karriere. Er ist ein toller Torwart, Profi und Gentleman, der für unser Spiel viel Ehre eingelegt hat. Ich wünsche ihm nur das Beste.“

Alles was danach kommt, lässt Čech jedoch auf sich zukommen:

„Was meine Zukunft anbelangt, da habe ich noch keine konkreten Vorstellungen. Man wird sehen, was die nächsten Wochen und Monate so bringen werden.“

Pavel Horváth deutet demgegenüber zumindest an, wo für Petr Čech im Sommer die eine oder andere Tür aufgehen könnte:

„Möglicherweise wird er in England bleiben wollen und dann einen guten Managementposten in einem Verein einnehmen, zum Beispiel beim FC Arsenal. Oder aber er wird nach Tschechien zurückkehren und bei Sparta Prag eine führende Position einnehmen, so wie jetzt Tomáš Rosický.“

Autor: Lothar Martin
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