Eishockey: Litvínov geht erstmals als Titelverteidiger ins Rennen

Foto: Tschechisches Fernsehen

Seit vergangenem Freitag gleitet und fliegt der Puck wieder über das Eis in den Arenen der höchsten tschechischen Eishockey-Spielklasse, der Tipsport-Extraliga. Während die ein Zoll (2,54 cm) hohe und im Durchmesser drei Zoll (7,64 cm) breite Hartgummischeibe in ihren Abmaßen konstant blieb, hat es im Spielmodus der Liga ein paar geringfügige Veränderungen gegeben, bei den Kadern der 14 Mannschaften indes auch einige gewichtige Umbesetzungen.

Josef Řezníček  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Der Kampf um die tschechische Eishockeymeisterschaft wird weiterhin in zwei Akten vollzogen: Zunächst wird eine Hauptrunde gespielt, anschließend folgen die Playoffs, die im K.o.-System ausgetragen werden. In den Playoffs, in denen pro Runde jeweils vier Siege zum Weiterkommen nötig sind, kommt es jedoch zu einer leichten Änderung bei der Entscheidungsfindung. Liga-Chef Josef Řezníček:

„Ab der fünften Begegnung im Viertelfinale, Halbfinale und Finale wird jedes Match mit einem unentschiedenen Spielstand nach 60 Minuten solange verlängert, bis ein Siegtor fällt. Damit soll die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass eine Serie durch Penalty-Schießen entschieden wird.“

HC Litvínov - HC Třinec  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Ligaleiter Řezníček erklärte auch, weshalb man die Änderung beschlossen hat:

„Ausschlaggebend dafür war die Argumentation, dass Litvínov in der vergangenen Saison den Meistertitel bereits im fünften Spiel durch ein erfolgreiches Penalty-Schießen hätte gewinnen können.“

Weil Litvínov das Penalty-Schießen aber verlor, konnte Gegner Třinec den Stand in der Finalserie auf 2:3 verkürzen. Der Titelkampf wurde so erst im ultimativen siebten Match entschieden. Das gewann Litvínov in Třinec mit 2:0, wodurch die Nordböhmen zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte den Meisterpokal in Empfang nahmen.

Michal Trávníček: „Noch nie sind wir als amtierender Titelträger in eine Saison gegangen. Das ist eine neue Herausforderung für uns, denn wir wollen unsere Leistungsstärke halten und wieder oben mitspielen.“

Dieser Glücksmoment ist mittlerweile schon fast fünf Monate her. Jetzt aber ist der HC Verva Litvínov ebenso zum ersten Mal als Titelverteidiger in eine neue Saison gestartet. Seine Mitspieler und er sehen das jedoch keinesfalls als Bürde, sagt Kapitän Michal Trávníček:

„Noch nie sind wir als amtierender Titelträger in eine Saison gegangen. Das ist eine neue Herausforderung für uns, denn wir wollen unsere Leistungsstärke halten und wieder oben mitspielen.“

Dies wird allerdings alles andere als einfach, hat doch das Meisterteam drei seiner wichtigsten Spieler durch Vereinswechsel oder Karriere-Ende verloren. Cheftrainer Radim Rulík warnt deshalb vor allzu hohen Erwartungen:

Radim Rulík  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Natürlich ist der Kader ein etwas anderer als in der vergangenen Saison. Mit Martin Ručinský, Jakub Petružálek und Pavel Francouz haben wir drei Leistungsträger verloren. Jetzt kommt es darauf an, wie wir als Mannschaft damit umgehen. Wir müssen uns zusammenraufen und vom ersten Spieltag an vollen Einsatz zeigen, damit wir nicht in die gleiche Situation kommen wie vor zwei Jahren, als wir nach einigen Spieltagen Tabellen-Letzter waren.“

Um einen solchen Absturz zu verhindern, setzt der Trainer vor allem auf den guten Teamgeist seiner Schützlinge:

„Wir werden als Team noch enger zusammenrücken. Wenn wir von Verletzungen weitgehend verschont bleiben, werden wir auch diesmal eine gute Rolle spielen. Dazu brauchen wir sicher auch etwas Glück, doch dieses Glück müssen wir uns erarbeiten.“

Pavel Francouz  (Foto: leafschik1967,  CC BY-SA 2.0)
In der Saisonvorbereitung neu erarbeitet werden musste auch das Zusammenspiel zwischen dem Torwart und den Feldspielern der Mannschaft. Der Goalie des Meisterteams, Pavel Francouz, ist nämlich vor der Saison in die Kontinentale Hockey-League (KHL) zum russischen Verein Traktor Tscheljabinsk gewechselt. Trainer Rulík ist sich jedoch sicher, dass das Team diesen Verlust kompensieren kann:

„Francouz war letzte Saison der beste Keeper der Liga. Die Mannschaft hat ihm dabei indes geholfen. Das ist auch diesmal unser Ansatz: Nun muss die Mannschaft seinen Nachfolgern Jaroslav Janus und Michael Petrásek helfen. Und Torwarttrainer Zdeněk Orct wird beide entsprechend schulen. Wir vertrauen ihm da voll und ganz.“

Etwas schwieriger werde es hingegen, den Abgang des Olympiasiegers und dreifachen Weltmeisters Martin Ručinský zu verkraften, meint der 50-Jährige. Rulík glaubt indes, dass andere erfahrene Spieler die Lücke schließen werden:

Radim Rulík: „Es steht außer Frage, Ručinský wird uns fehlen, vor allem wegen seiner Produktivität. In die Rolle des Team-Leaders aber sollten andere erfahrene Spieler schlüpfen wie František Lukeš, Viktor Hübl oder Michal Trávníček.“

„Es steht außer Frage, Ručinský wird uns fehlen, vor allem wegen seiner Produktivität. Da werden wir ihn kaum ersetzen können. In die Rolle des Team-Leaders aber sollten andere erfahrene Spieler schlüpfen wie František Lukeš, Viktor Hübl oder Michal Trávníček. Wir werden das meistern.“

Das glaubt auch der von Rulík angesprochene Kapitän des Teams:

„Ich denke, dass bei uns die Zuversicht überwiegt, weil wir als Mannschaft bis auf die drei genannten Spieler im Wesentlichen zusammengeblieben sind. Der Zusammenhalt im Team ist also nach wie vor groß, und das ist sehr wichtig.“

Dass die Mannschaft aus Litvínov ihr gutes Zusammenspiel immer noch beherrscht, hat sie gleich im Auftaktspiel gegen Zlín bewiesen. Gegen den Meister des vorangegangenen Jahres gewannen die Schwarz-Gelben am Freitag zu Hause mit 4:0. Ihr erstes Auswärtsspiel haben die Mannen um Kapitän Trávníček indes verloren – am Sonntag unterlagen sie in Liberec / Reichenberg mit 1:4.

Josef Řezníček: „Ich denke, zur Attraktivität der Liga müssen vor allem die Spieler ein gehöriges Maß beisteuern, indem sie viele Tore schießen.“

An den ersten beiden Spieltagen war die Liga mit jeweils über 5000 Zuschauern im Schnitt sehr gut besucht. Ein erfreulicher Auftakt also, doch Josef Řezníček hegt insgeheim noch einen weiteren Wunsch:

„Ich denke, zur Attraktivität der Liga müssen vor allem die Spieler ein gehöriges Maß beisteuern, indem sie viele Tore schießen.“

Einer, der das zu seiner aktiven Zeit in den 1970er und 1980er Jahren besonders gut konnte, ist Milan Nový. Der ehemalige Stürmer des HC Poldi Kladno schoss in der damals noch tschechoslowakischen Liga insgesamt 474 Tore, was bis heute einsamer Rekord ist. In der Saison 1976/77 erzielte Nový zudem 90 Scorer-Punkte, dank seiner 59 Treffer und 31 Vorlagen – auch das scheint ein Rekord für die Ewigkeit zu sein. Der inzwischen 63-Jährige hätte indes nichts dagegen, wenn sich das ändern würde:

Milan Nový  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Rekorde sind dazu da, dass sie geknackt werden. Die 90 Punkte, die ich vorgelegt habe, sind allerdings keine geringe Zahl. Irgendwann einmal wird der Rekord fallen, aber wann das sein wird, das kann ich nicht sagen.“

Dafür weiß Nový umso mehr darüber zu sagen, weshalb es heutzutage nicht so leicht ist mit dem Tore schießen:

„Heute haben es die Spieler schwerer. Es wird in einem höheren Tempo gespielt, und die Torhüter haben eine dickere und breitere Ausrüstung als früher.“

Illustrationsfoto: Fanny Schertzer,  Wikimedia CC BY-SA 3.0
Hier gäbe es also sicher auch Ansatzpunkte für die Liga-Leitung oder aber den Eishockey-Weltverband, durch entsprechende Regeländerungen für mehr Tore zu sorgen. Auf der anderen Seite lieben die Eishockeyfans auch hier in Tschechien den schnellsten Mannschaftssport der Welt gerade so, wie er ist. Deshalb werden sie sicher auch in dieser Saison weiter in Scharen in die Arenen der 14 Extraliga-Vereine strömen.

Autor: Lothar Martin
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