Eishockey-Play-off-Finale: Cracks aus Pardubice endlich am Ziel ihrer Träume

Foto: CTK

In der tschechischen Sportöffentlichkeit wurde in den zurückliegenden Tagen und Wochen seit Anfang März ein nationales Event mit allergrößter Aufmerksamkeit und mit vielen Emotionen verfolgt, wie es für diese Jahreszeit nur eines gibt: die Play offs der hiesigen Eishockey-Extraliga. Doch in diesem Jahr hatten die Play offs - der Endkampf um die Meisterschaft der acht besten Mannschaften aus der zuvor ausgetragenen Punkterunde - einen besonders hohen Stellenwert. Denn durch den Lockout in der nordamerikanischen National Hockey League (NHL), der bis zur Absage der gesamten NHL-Saison führte, kamen in der obersten tschechischen Spielklasse mehr als 50 Cracks aus dieser Liga zum Einsatz. Das ist daher von Gewicht, weil die NHL im internationalen Maßstab gern als Nonplusultra des Eishockeysports bzw. als die beste Liga der Welt gehandelt wird. Und so bekamen die Zuschauer zwischen Litvinov und Trinec ihre lokalen Lieblinge und internationalen Stars wie Jaromir Jagr, Pavel Kubina, Martin Rucinsky, Martin Straka und viele andere mehr in dieser außergewöhnlichen Saison Woche für Woche hautnah zu sehen. Das war nach mehr als einem Jahrzehnt das erste Mal, dass sich nahezu alle tschechischen Topspieler im Alltag der nationalen Spitzenliga präsentierten, unterstützt von einigen Klassespielern aus der Slowakei, die die abgelaufene Saison ebenfalls in Tschechien absolvierten. Jawohl, die Liga-Saison 2004/05 ist hierzulande schon gelaufen, weil am vergangenen Sonntag das diesjährige Play-off-Finale frühzeitig entschieden und der neue Landesmeister somit ermittelt wurde. Wer es geworden ist und wie die Play offs verlaufen sind, das erfahren Sie gleich.

Foto: CTK
Für die Play offs der abgelaufenen Saison hatten sich neben Titelverteidiger Hame Zlin, der als Sieger der Punkterunde in den Endkampf um die Meisterschaft einzog, in der weiteren Reihenfolge auch Sparta Prag, Moeller Pardubice, Slavia Prag, Bili Tygri Liberec, Rabat Kladno, der HC Vitkovice und Chemopetrol Litvinov qualifiziert. Im Viertelfinale gab es gleich zwei Überraschungen: eine kleinere und eine ziemlich große. Beide gingen zu Lasten der Prager Teams Sparta und Slavia, die nach mehreren Jahren erstmalig bereits in der Runde der letzten Acht die Segel streichen mussten. Vizemeister Slavia Prag nach einem spannenden und ausgeglichenen Verlauf des Kräftemessens mit den "Weißen Tigern" aus Liberec, die das entscheidende siebte Spiel mit 5:1 und damit die Serie mit 4:3 gewannen. Titelfavorit Sparta allerdings scheiterte kläglich nach nur fünf Begegnungen mit 1:4 am HC Vitkovice. Die Hauptstädter, die gleich sieben NHL-Cracks in ihren Reihen hatten, wähnten sich angesichts ihres Kaders und ihrer zuvor gezeigten Leistungen wohl zu sicher, was auch Trainer Slavomir Lener nach dem bitteren Ausscheiden bestätigte:

"Ich denke ein grundlegender Gedanke, der mir dazu einfällt, ist der: Wir sind in diese Serie gegangen mit der Einstellung, dass uns nichts passieren kann, dass wir Vitkovice gegenüber das überlegene Team sein werden und dass die Mannschaft stark genug ist, jedwede Situation in dieser Serie zu meistern."

Foto: CTK
In den anderen beiden Viertelfinalduellen hatten sich Zlin mit 4:2 Siegen gegen Litvinov und Pardubice mit 4:3 Siegen gegen Kladno durchgesetzt. Gerade für die Elbestädter war der Erfolg über Kladno äußerst wichtig, denn sie befreiten sich damit endlich vom Trauma des Vorjahres, als sie die Favoritenrolle nicht tragen konnten und gegen Außenseiter Pilsen mit 3:4 verloren hatten. Und welch offensichtlicher Befreiungsschlag das war, das bewiesen sie im weiteren Play-off-Verlauf. Im Halbfinale zähmte Pardubice auch die "Weißen Tiger" aus der Jeschkenstadt und gewann die Serie mit 4:1. Wesentlich mehr Mühe hatte dagegen Hame Zlin, um sich im mährischen Duell mit der Mannschaft aus dem Ostrauer Stadtteil Vitkovice mit 4:3 zu behaupten. So kam es zum Finale Zlin gegen Pardubice, das schneller zu Ende ging, als man es erwarten konnte. Denn die Spieler aus der Schuhstadt Zlin waren von ihren Fights gegen Vikovice noch so geschlaucht, dass sie in ihren beiden Heimspielen gegen das Moeller-Team auf verlorenem Posten standen. Pardubice siegte in diesen Begegnungen 4:2 und 4:1 sowie in den nachfolgenden Partien vor eigener Kulisse mit 2:0 und 3:2. Somit war die Best-of-seven-Serie schon nach vier Vergleichen beendet und in der Pardubitzer Duha Arena kam es am letzten Sonntag dann zu dieser Ehrung:

Foto: CTK
Ja, das große Ziel war der Gewinn der ersten Meisterschaft in der tschechischen Extraliga und damit gleichzeitig des insgesamt vierten Titels. Denn der letzte der drei zuvor von Pardubice gewonnenen Meisterpokale stammte aus dem Spieljahr 1988/89, der letzten Saison vor der Wende in der ehemaligen Tschechoslowakei. Einer, der beide Titel mit gewinnen half, ist Trainer Vladimir Martinec, der sowohl vor 16 Jahren als auch in dieser Saison als Chefcoach hinter der Bande stand. Aber auch sein Assistent Jiri Sejba, der wie Martinec einst Weltmeister war, kennt das bei beiden Triumphen erlebte Glücksgefühl. Sejba war nämlich 1989 noch als aktiver Spieler mit von der Partie. Aber einer, der buchstäblich weiß, wie man Titel holt, ist Kapitän Jiri Dopita. Mit dem HC Moeller Pardubice gewann der 36-Jährige, der von 1992-95 für die Eisbären Berlin auflief, bereits seine siebte Meisterschaft! Dopita war 1994 einer der Helden, der mit dem HC Olomouc die erste Trophäe der selbstständigen Tschechischen Republik eroberte. Danach war er einer der Leistungsträger von Abo-Meister HC Vsetin, mit dem er gleich fünfmal erfolgreich war. Daher wollte ich von ihm wissen, wo er diesen neuerlichen Triumph in seiner Karriere einordne:

"Auf einer Ebene mit den anderen, denn für jeden Titel muss man sich entsprechend schinden. Das Spezielle an diesem Titel ist womöglich, dass es für Pardubice der erste nach 16 langen Jahren ist und dass wir ihn in einer Saison errungen haben, deren Qualität durch die vielen NHL-Spieler noch gehoben wurde. Daher ist die Freude vielleicht etwas größer, aber ansonsten würde ich keinen Unterschied zwischen meinen Titeln machen. Ich reihe diesen auf gleicher Ebene mit den anderen ein."

Jiri Dopita  (Foto: CTK)
Ein anderer, für den es nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2002 eigentlich der erste große nationale Titel war, ist der seit Beginn der Saison 2004/05 für Pardubice haltende slowakische Auswahltorwart Jan Lasak. Da es slowakische Goalies in Tschechien noch immer schwer hatten, sich Respekt und Anerkennung zu verschaffen, werde er diesen Meistertitel nun besonders genießen, sagte mir der 26-Jährige:

"Ich werde ihn mit all den Leuten genießen, die das ganze Jahr zu mir gestanden haben. Ich hatte es zunächst schwer, denn viele Leute haben zu Saisonbeginn nicht an mich geglaubt. Einzig die Südtribüne mit unseren tollen Fans hat mich immer unterstützt. Die haben sich auch am meisten nach diesem Titel gesehnt, und deshalb freut es mich umso mehr, dass es uns gelungen ist, die Trophäe nach 16 Jahren wieder nach Pardubice zu holen. Diese eishockeyverrückte Stadt hat ihn sich verdient."

Foto: CTK
In der Tat, Eishockey in Pardubice, das bedeutet ständig fast 9000 Zuschauer bei den Heimspielen des Moeller-Teams in der städtischen Duha Arena (zu dt.: Regenbogen-Arena). Zu den Play-off-Begegnungen war die Heimstätte der "Rot-Weißen" laufend ausverkauft, die jeweils 9300 Besucher waren glücklich, eine Karte ergattert zu haben. Auch um ihren Liebling, den 29-jährigen Center Michal Mikeska spielen zu sehen. Mikeska, der von den Fans nur liebevoll Mikes gerufen wird, hatte eine Topsaison. Denn in der Punkterunde avancierte er als erster Pardubitzer Spieler überhaupt zum Scorerkönig, wobei er mit den NHL-Cracks Jan Bulis und Milan Hejduk den besten Angriff der Liga bildete. Radio Prag gegenüber resümierte er mit berechtigtem Stolz:

"Endlich haben wir es den Leuten gezeigt, dass wir erstens den Titel gewinnen können, den wir jetzt haben. Und zweitens, dass man auch mit einem miserablen Saisonbeginn, wie wir ihn hatten, ein Team werden kann. Ein Team, das sich selbst aus dem Schlamassel zieht, das Siegen lernt und schließlich erfolgreich um den Titel kämpft."

All diese Eigenschaften haben die Spieler aus Pardubice in der abgelaufenen Saison sehr nachhaltig unter Beweis gestellt, so dass sie nun ein verdienter und würdiger Meister sind. Daher verneigen auch wir uns symbolisch vor dem neuen tschechischen Eishockeychampion und verabschieden uns mit ein paar Takten aus dem Vereinshit des HC Moeller...