Eishockeyclub Sparta Prag feierte seinen 100. Geburtstag

Im heutigen Sportreport stellen Ihnen Lothar Martin und Daniel Satra den traditionsreichsten tschechischen Eishockeyverein vor. Einen Verein, der jüngst das 100-jährige Jubiläum seines Bestehens feierte...

Feste soll man ja bekanntlich feiern, wie sie kommen. Im Falle des HC Sparta Prag war es ein klein wenig anders. Die Hockeyabteilung des damaligen AC Sparta war am 6. Dezember 1903 gegründet worden, das 100-jährige Jubiläum beging man jedoch in feierlicher Form erst einen Monat später, am 10. Januar dieses Jahres mit der vor eigener Kulisse ausgetragenen Extraligapartie gegen den HC JME Znaimer Adler. "Wir wollten das Jubiläum mit einem TV-Heimspiel begehen, bei dem wir uns der gesamten Nation würdig präsentieren", begründete Sparta-Clubchef Lubos Kozeluh die zeitliche Verschiebung. Und da der heutigen Zuschauergeneration zu dieser Begegnung ein freier Eintritt gewährt wurde, waren über 12.300 Besucher in die T-Mobil Arena gekommen, um mitzufeiern. Doch das Spiel selbst ging mit 1:5 ziemlich deutlich verloren.

An jenem Samstag standen aber wohl auch andere Dinge im Vordergrund. Allen voran die Ehrung des zuvor von Journalisten und Experten gewählten All-Star-Teams der einhundertjährigen Sparta-Geschichte. Das so genannte All-Star-Team besteht stets aus sechs Akteuren: dem besten Torhüter, den beiden besten Verteidigern und der aus drei Spielern zusammengestellten besten Angriffsreihe. Und die Namen der Besten lesen sich dann auch wie ein kleines "Who is who" des tschechischen Eishockeys:

- zum besten Goalie der einhundertjährigen Sparta-Geschichte wurde der heute 59-jährige Jirí Holecek gekürt. Holecek ist dreifacher Weltmeister, war fünfmal bester WM-Goalie und spielte am Ende seiner aktiven Karriere auch für drei Jahre in Deutschland, und zwar für den EHC München (1978-80) und den EHC Essen (1980/81),

- zu den beiden besten Sparta-Verteidigern aller Zeiten wurden der 76-jährige Karel Gut und der 70-jährige Frantisek Tikal ernannt. Gut war neunfacher WM-Teilnehmer, dabei 1955 bester WM-Verteidiger, und er führte die damalige CSSR 1976 und 1977 als Trainer zum Weltmeistertitel sowie 1970 und 1983 den EV Landshut zur Deutschen Meisterschaft. Tikal war ebenfalls neunfacher WM-Teilnehmer, 1964 bester WM-Verteidiger und er gewann 1953 mit Sparta Prag die tschechoslowakische Meisterschaft,

- in die Topangriffsreihe der Prager wurden der bereits 80-jährige Vladimír Zábrodský als bester Center sowie der 61-jährige Jan "Gusta" Havel und der heute 46-jährige Jirí Hrdina als die besten Flügelstürmer gewählt. Zábrodský, der seit 1965 in Schweden lebt, ist zweifacher Weltmeister (1947, 1949) und zweimaliger CSSR-Meister (1953, 1954) mit Sparta Prag. Er war fünffacher Torschützenkönig, schoss 306 Ligatore (245 für Sparta) und wurde 1997 in die Hall of Fame der Internationalen Eishockey-Föderation (IIHF) aufgenommen. Havel wiederum war vierfacher WM-Teilnehmer, schoss 282 Ligatore und war in der Saison 1967/68 Torschützenkönig mit 38 Treffern. Hrdina ist einer der Weltmeister des Jahres 1985. Noch bekannter wurde er jedoch als dreifacher Stanley-Cup-Gewinner (1989 mit Calgary, 1991-92 mit Pittsburgh).

Eigens für die Partie zum Jubiläumstag traten die aktuellen Sparta-Stars in den historischen Trikots der 60er Jahre an - einer Zeit, in der die Prager zwar nicht Meister wurden, in der sie allerdings zu Hause nahezu unschlagbar waren und vor fast ständig ausverkauften Rängen spielten. Dies bestätigte mir auch einer der "legendären Sechs", der auf den Spitznamen Gusta hörende Ex-Stürmer Jan Havel:

"In der Zeit meiner Ära waren unsere Heimspiele fast ständig ausverkauft. Eine Woche, ja 14 Tage vorher gab es schon keine Karte mehr für ein Sparta-Spiel, insbesondere dann, wenn Kometa oder ZKL Brno, Dukla Jihlava oder Slovan Bratislava die Gegner waren. Als langjähriger Kapitän der Mannschaft habe ich meinen Mitspielern in der Kabine stets die Tatsache vorgehalten, wenn die Zuschauerzahl unter 10.000 Besuchern lag. Dann sagte ich immer, wir spielen anscheinend schlecht, also müssen wir etwas dagegen tun und in unserem Einsatz noch etwas zulegen."

Gusta Havel ist bereits zu seiner aktiven Zeit zur lebenden Sparta-Legende geworden, denn der Club, für den er zwölf Saisons in Folge das Trikot mit dem großen roten "S" auf der Brust überstreifte, bedeutet ihm auch noch heute alles:

"Sparta, der Name Sparta - ich habe es schon betont, dieser Name ist nicht nur ein Begriff in der Tschechischen Republik, sondern auch über unsere Ländergrenzen hinaus. Den Sportclub Sparta kennt man einfach, sei es im Fußball, im Eishockey oder in anderen Sportarten, auch wenn man sagen muss, dass gerade der Fußball den Verein ins internationale Rampenlicht gebracht hat. Zu Sparta zu gelangen und dazu zu gehören, was immer mein Traum war, das war allerdings nicht so einfach. Denn ich kann mit Fug und Recht behaupten, wenn man sich bei Sparta etablieren wollte, dann musste man auch was können, da es bereits zu meiner Zeit eine Anhäufung von Stars in dieser Mannschaft gab."

Aber auch noch andere Probleme verhinderten manchmal, dass Klassespieler, die unbedingt für Sparta auflaufen wollten, nicht sofort in den begehrten Kader gelangten. Eines davon schilderte mir Ex-Torwart Jirí Holecek wie folgt:

"Als ich von Slavia Prag aus für zwei Jahre zum Wehrdienst ´vergattert´ wurde, da hat man mir gesagt, dass ich in Kosice bei Dukla spielen werde. Nach den zwei Jahren wollte ich nach Prag zurückkehren und bei Sparta anheuern. Aber nur unter der Bedingung, dass man mir eine Wohnung zur Verfügung stellt. Das war nicht der Fall, also habe ich für weitere zwei Jahre in Kosice unterschrieben. Nach diesen zwei Jahren war wieder nichts mit einer Wohnung und so bin ich erst nach zehn Jahren wieder heimgekehrt nach Prag."

An seinen Einstand bei Sparta aber denkt Holecek ganz besonders gern zurück:

"Nun, mein schönstes Erlebnis mit Sparta hatte ich gleich zu Beginn. Denn als ich endlich von Kosice zu Sparta gewechselt war, da bin ich in den ersten drei Spielen und weitere 50 Minuten ohne Gegentor geblieben. Erst gegen Ende der vierten Begegnung bekam ich von Budweis einen rein, ansonsten hätte ich mit vier Spielen ohne Gegentor in Folge einen Rekord aufgestellt. Aber auch so hatte ich einen gelungenen Einstand bei Sparta."

Für solche und ähnliche Leistungen erhalten die heutigen Cracks in der Regel saftige Prämien auf ein zumeist bereits üppiges Grundgehalt. Zu Zeiten eines Zábrodský - Ende der 40er/Anfang der 50er Jahre des zurückliegenden Jahrhunderts - wurde der Spitzensport in keiner Weise finanziell entlohnt. In den 60er Jahren, so habe ich von Havel und Holecek erfahren, wurden lediglich 200 Kronen für ein gewonnenes Spiel gezahlt. Und dass sich dieses "Gehalt" auch in den 70er Jahren nur leicht verbessert hat, ergänzte mir gegenüber Jirí Holecek:

"Dann erhielten wir 400 Kronen und als ich gegen Ende der 70er Jahre aufgehört habe, waren es 600 Kronen. Das war alles, nur die Auswahlspieler haben noch etwas mehr bekommen für die Erfolge, die sie mit der Nationalmannschaft erzielt haben. Das waren aber nur rund 25 Spieler aus der gesamten Republik."

Dafür wurde zumindest den "legendären Sechs" am 10. Januar eine große Ehrung zuteil - die Imitate ihrer einstigen Sparta-Trikots wurden nämlich für immer unter dem Dach der T-Mobile Arena platziert. Aber auch andere ehemalige Sparta-Asse hätten eine ähnliche Ehrung verdient, darunter die auch in Deutschland bestens bekannten Ludek Bukac, Jirí Kochta, Pavel Richter und Pavel Wohl. Zu den zwölf in der Extraliga für Sparta zum Einsatz gekommenen Ausländern zählt übrigens auch der Deutsche Jan Benda (1996-98: 80 Spiele, 8 Tore, 23 Assists). Alle im blau-gelb-roten Dress eingesetzten Akteure haben ihren Anteil daran, dass Sparta als einziges tschechisches Team 60 Erstligasaisons (nur 1950/51 war man zweitklassig) absolvierte, in denen die Prager sechs Titel gewannen.

Fotos: www.hcsparta.cz