Erneutes Hubschrauber-Unglück wirft Fragen über Militärtechnik auf

Hubschrauber Mi 8s

Elf der zwölf verletzten Insassen des Hubschrauberabsturzes am Sonntag in Südböhmen, die derzeit in tschechischen Krankenhäusern behandelt werden, geht es den Umständen entsprechend gut. Einzig der Gesundheitszustand einer der beiden Stewardessen ist bedenklich - sie wird weiterhin auf der Intensivstation der Klinik in Ceské Budejovice/Budweis versorgt. Der relativ erfreuliche Ausgang des Unglücks wirft jedoch immer drastischer Fragen nach dem technischen Zustand der tschechischen Militärtechnik auf, die gerade in jüngster Zeit immer wieder für Pannen und Unfälle gesorgt hat. Lothar Martin ist auch dieser Frage nachgegangen.

Es sollte ein gediegener Besuch mit der Vergangenheit werden, doch es wurde harte Gegenwartsrealität - der Heliokopterabsturz am zurückliegenden Sonntag nahe der Ortschaft Okrouhlá in Südböhmen. An Bord des Militärhubschraubers vom Typ Mi-8S der Tschechischen Armee waren neben den zwei Piloten und den zwei Stewardessen acht Insassen, darunter der ehemalige US-amerikanische Astronaut Eugen Andrew Cernan, der als bisher letzter Mensch 1972 auf dem Mond stand, und der tschechische Ex-Kosmonaut Vladimír Remek. Ziel des Fluges war die südböhmische Gemeinde Bernartice, in der der Großvater von Eugen Cernan, der tschechische Vorfahren hat, geboren wurde. Cernan und sein US-amerikanischer Astronautenkollege John Blaha halten sich auf Einladung des Generalstabschefs der Tschechischen Armee, Jirí Sedivý, derzeit zu einem mehrtägigen Besuch in Tschechien auf.

Das Unglück selbst nahm Cernan nicht allzu tragisch, da so etwas seiner Meinung überall passieren könne. Vielmehr würdigte der 67-jährige das schnelle Eingreifen des tschechischen Militärpolizisten Jaroslav Selong an der Unfallstelle, der die Scheiben des Heliokopters einschlug und half, die Verletzten ins Freie zu bringen. "Er kam augenblicklich zur Unfallstelle und bemühte sich, die Passagiere aus dem Hubschrauber zu ziehen, auch auf die Gefahr hin, dass dieser jeden Augenblick hätte explodieren und in Flammen aufgehen können. Das alles ist mir erst viele Stunden später bewusst geworden."

Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdík war die Heldentat von Jaroslav Selong ziemlich schnell bewusst geworden, denn noch am selben Tag, an dem in ganz Tschechien der Nationalfeiertag zur Gründung der Tschechoslowakei vor 83 Jahren begangen wurde, hat Tvrdík Selong für die staatliche Medaille "Für Heldentaten" vorgeschlagen, die ihm noch am Sonntagabend von Staatspräsident Václav Havel während einer Feierstunde auf der Prager Burg überreicht wurde. Der Augenzeuge Rostislav Senk bezweifelte tags darauf das mutige Eingreifen von Selong, da er nur einen Mann 50 Meter von der Unglücksstelle entfernt wahrgenommen habe und stattdessen selbst mitgeholfen habe bei der Bergung der Verunglückten. Minister Tvrdík wies diese Behauptung jedoch zurück mit der Begründung, dass sich nach und nach immer mehr Personen an der Unfallst ätte aufgehalten hätten und Selong während der Wahrnehmungszeit von Senk vermutlich gerade im Inneren des Hubschraubers geholfen habe. Für Tvrdíks Meinung sprächen die Aussagen weiterer Zeugen und die Verletzung, die sich Selong während seines Einsatzes zugezogen habe, meldete dazu die Nachrichtenagentur CTK.

Mehr Verärgerung hat jedoch das erneute Versagen eines militärischen Gerätes der hiesigen Armee hervorgerufen. Premier Milos Zeman war bestürzt über den Vorfall, da er noch unlängst mit demselben Hubschrauber zum Besuch einer Armeeeinheit im mährischen Prostejov unterwegs war. Zeman mahnte zugleich Konsequenzen an, die Tvrdík aus den Militärunfällen der jüngsten Zeit in seinem Ressort ziehen solle, nahm den Minister selbst jedoch in Schutz, da dieser noch viel zu kurz im Amt sei, um auf all die Missstände innerhalb der Armee angemessen reagieren zu können.

Ungeklärt ist zudem noch die Unfallursache. Armeechef Sedivý geht davon aus, dass entweder ein Fremdkörper in den Motor gelangt sei oder dass es sich um ein technisches Versagen der Maschine handelte, deren Motorleistung plötzlich und rapide nachgelassen hatte. "Aufgrund dessen, dass beide Piloten aufeinander eingespielt waren, haben sie sich sehr professionell verhalten. Ich denke vielmehr, dass der Fehler nicht auf Seiten der Piloten zu suchen ist. Wir haben bisher noch keine Informationen darüber, warum es zum plötzlichen Verlust der Motorleistung gekommen ist."