EU-Befürworter gewinnen Europawahl – äußerst niedrige Beteiligung

Foto: ČTK

Die Signale der tschechischen Europawahlen sind sehr widersprüchlich: Einerseits haben die EU-Befürworter die Mehrzahl der Stimmen und Sitze errungen, andererseits war die Wahlbeteiligung sehr niedrig. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse.

Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
Es war Europawahl, doch aus Tschechien ist fast niemand hingegangen. Gerade einmal 18,2 Prozent der Wahlberechtigten fanden den Weg an die Urnen. Das ist die geringste Beteiligung an einer Wahl seit der politischen Wende von 1989. Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg kann sich als Chef der konservativen Partei Top 09 zwar als einer der Sieger sehen. Doch das Desinteresse der Tschechinnen und Tschechen an der Abstimmung bereitet ihm Sorgen:

„Es ist natürlich traurig, dass so wenige tschechische Wähler teilgenommen haben. Sie haben wohl noch nicht erkannt, wie wichtig das Europäische Parlament ist.“

Foto: ČTK
Die Top 09 erhielt knapp 16 Prozent der Stimmen, die Partei Ano als stärkste Kraft nur wenig mehr – nämlich gut 16,1 Prozent der Stimmen. Beide Parteien waren vor fünf Jahren noch nicht zur Wahl angetreten, hatten aber jeweils bekannte Politiker aufgeboten. Bei Top 09 war es zum Beispiel der ehemalige bürgerdemokratische Justizminister Jiří Pospíšil, er erhielt die meisten Präferenzstimmen aller Kandidaten und übersprang damit den eigentlichen Spitzenkandidaten der Partei. Bei Ano war der ehemalige tschechische EU-Kommissar und spätere Brüsseler Lobbyist Pavel Telička auf Listenplatz eins. Er ließ aber etwas Enttäuschung durchblicken.

Pavel Telička  (Foto: ČTK)
„Auf der einen Seite freue ich mich über das Ergebnis, weil es die Etablierung der Partei Ano in der politischen Landschaft hierzulande bestätigt. Auf der anderen Seite habe ich als Spitzenkandidat auf ein etwas besseres Ergebnis gehofft“, so Telička.

Insgesamt sind sieben tschechische Parteien ins Europaparlament gelangt. Sie teilen sich die dem Land zustehenden 21 Sitze. Die Sozialdemokraten holten zwei Prozentpunkte weniger Stimmen (14,2 Prozent) als der Koalitionspartner Ano, werden aber in Straßburg ebenso vier Sitze haben wie die Partei von Babiš und die Top 09. Die Christdemokraten wiederum erreichten knapp zehn Prozent und holten drei Sitze. Dies nahm Sozialdemokraten-Chef und Premier Bohuslav Sobotka zum Anlass für ein positives Fazit, obwohl seine Partei drei Plätze im Europaparlament verloren hat:

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
„Ich halte es für wichtig, dass mit der Partei Ano, den Christdemokraten und uns Sozialdemokraten alle drei Regierungskräfte in diesen Wahlen zum Europaparlament erfolgreich waren - und eine ansehnliche Unterstützung bei den Wählern gefunden haben.“

Zugleich hob Sobotka hervor, dass sich die Mehrheit der Tschechen, die zur Wahl gegangen sind, für die EU ausgesprochen habe:

„Ich bin auch darüber erfreut, dass im Gegensatz zu weiteren europäischen Ländern wie Frankreich oder Dänemark hierzulande drei pro-europäische Parteien die ersten drei Plätze eingenommen haben. Es hat sich also nicht bestätigt, dass die Tschechen europaskeptisch wären. Die Parteien, die ihre Kampagne auf die Kritik an der EU oder gegen die Einführung des Euro gestellt haben, sind nicht sehr erfolgreich gewesen.“

Petr Mach  (Foto: ČT24)
Ano, Top 09, Sozialdemokraten und Christdemokraten als pro-europäische Kräfte stellen zusammen 15 Abgeordnete. Von den restlichen sechs Sitzen für Tschechien errangen die Kommunisten (11 Prozent) drei, die Bürgerdemokraten (7,7 Prozent), die 2009 noch tschechische Europawahl-Sieger gewesen waren, aber nur zwei. Neu hinzugekommen ist die national-konservative „Partei freier Bürger“ (5,2 Prozent) mit einem Sitz. Ihr Chef Petr Mach steht Ex-Präsident Václav Klaus nahe.

Nicht den Einzug ins Europaparlament schafften hingegen die Grünen (3,8 Prozent) und die Piraten-Partei (4,8 Prozent). Sie haben aber bereits angekündigt, gemeinsam vor dem Verfassungsgericht gegen die Anwendung der Fünf-Prozent-Klausel in diesen Wahlen zu klagen.