EU-Gipfel zur Krim-Krise: Tschechien für diplomatische Sanktionen
Die Situation in der Ukraine ist unübersichtlich. In Kiew gibt es nach den Kämpfen auf dem Maidan keine stabile politische Führung, indes lässt Russland die Krim besetzen. Die Staatschefs der EU wollen der Ukraine nun finanzielle Hilfen zukommen lassen und beraten bei einem Sondergipfel am Donnerstag auch über Sanktionen gegen Russland. Das jedoch würde für Tschechien empfindliche Verluste bedeuten.
„Wir bauen Lokomotiven und modernisieren sie. Falls nun Sanktionen erlassen würden und wir unsere Geschäfte mit dem Osten einstellen müssten, würde das Milliardenverluste für uns bedeuten - und hunderte Menschen wären ohne Arbeit.“
Auch der größte inländische Autobauer, die VW-Tochter Škoda-Auto, würde in Schwierigkeiten geraten. Der Hersteller verkauft fast 100.000 Pkw jährlich in Russland. Sprecher Josef Baláž:
„Etwa 30 Prozent dieses Volumens exportieren wir direkt nach Russland, und etwa 70 Prozent der Fahrzeuge werden vor Ort aus importierten Teilen montiert.“Aber nicht nur die großen Unternehmen haben Bedenken gegen Sanktionen. Auch die vielen Verkehrsanbieter und Touristikbetriebe sorgen sich um ihre Geschäfte mit den russischen Besuchern in Tschechien. Der Vizepräsident des tschechischen Industrie- und Transportverbandes, Radek Špicar, rät daher zur Zurückhaltung:
„Ich verstehe durchaus, dass Europa irgendwie reagieren muss. Aber auf der Skala, die im Unterschied zum Kalten Krieg sehr differenziert und breit ist, rate ich zu eher schwachen Sanktionen als zu tiefgreifenden und harten Maßnahmen.“
Dieser Meinung scheint auch der tschechische Premier Bohuslav Sobotka zu sein. Kurz vor dem Abflug zum Sondergipfel in Brüssel sagte er den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Wir werden keine generellen Sanktionen gegen die russische Geschäftswelt unterstützen. Es sollten jetzt politische und diplomatische Sanktionen verhängt werden, aber der Handel zwischen Russland und Europa ist so bedeutend, dass wir uns mit Wirtschaftssanktionen eigentlich nur selbst bestrafen würden. Ich wünsche mir daher, dass Entscheidungen getroffen werden, die die politische Situation beruhigen und die Souveränität der Ukraine gewähren, aber gleichzeitig nicht die wirtschaftliche Entwicklung in der Europäischen Union gefährden.“Derweil sieht es erstmal nicht nach einer Beruhigung der Situation aus. Das regionale Parlament der Krim hat sich am Donnerstag für einen Anschluss an Russland ausgesprochen. Die erste Teilnahme von Premier Sobotka an einem EU-Gipfel dürfte also eine Herausforderung werden.