„Europa braucht gemeinsame Lösung “ – Konferenz der Ackermann-Gemeinde über Flüchtlinge

Konferenz der Ackermann-Gemeinde (Foto: Martina Schneibergová)

Die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien wird in Tschechien seit längerem diskutiert. Mehrere tschechische Hilfsorganisationen haben nun am Mittwoch die Regierung aufgefordert, mehr als den ursprünglich geplanten 70 Syriern Asyl zu gewähren. Das Thema der Immigration nach Tschechien, und zwar nicht nur aus dem Nahen Osten, sondern auch aus der Ukraine, wurde vor kurzem auf einer tschechisch-deutschen Konferenz behandelt. Veranstaltet wurde sie von der christlich orientierten Organisation Sdružení Ackermann-Gemeinde in Prag.

Konferenz der Ackermann-Gemeinde  (Foto: Martina Schneibergová)
Das Thema der diesjährigen Konferenz der tschechischen Ackermann-Gemeinde lautete „Der Mensch als Opfer: Massenhafte Bevölkerungsverschiebungen im 20. Jahrhundert“. In der Abschlussdiskussion gingen die Teilnehmer auf die aktuelle Situation ein. Im Blickpunkt standen die Flüchtlinge aus Syrien, die verfolgten Christen im Irak sowie die zahlreichen Ukrainer, die in der Vergangenheit bereits Zuflucht in Tschechien gefunden haben.

Politologe Michal Pehr vom Masaryk-Institut hält die jetzige Situation für eine große Herausforderung für Europa. Denn rund 3,8 Millionen Bewohner Syriens sind in die Nachbarstaaten geflüchtet und weitere 7 Millionen Menschen mussten innerhalb von Syrien mehrere Male umsiedeln. Der Historiker:

Michal Pehr  (Foto: Martina Schneibergová)
„Wir merken, dass sich Europa mit dem Problem der Flüchtlinge nicht recht zu helfen weiß. Alle europäischen Länder müssen nach Möglichkeiten suchen, wie sie Flüchtlinge integrieren können. Wir müssen ihnen Raum zur Eingliederung bieten.“

Daniel Herman ist nicht nur Kulturminister, sondern auch der Vorsitzende der Sdružení Ackermann-Gemeinde. Die Flüchtlingsfrage kann Europa seiner Meinung nach nur gemeinsam lösen:

„Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes vor 25 Jahren hat sich ein Raum der Freiheit geöffnet. Aber diese Freiheit ist wirklich nur ein Raum, der erst gefüllt werden muss. Auf der Konferenz haben wir einige brennende Themen ausführlich diskutiert. Offenheit und Solidarität sind sehr wichtig, doch andererseits müssen auch Sicherheitsbedenken ernst genommen werden. Darüber soll man mit Militärexperten, mit der Polizei und allen Gremien sprechen, die dafür zuständig sind. Was die Krise in der Ukraine betrifft, sind wir sehr sensibel, weil wir unsere eigene Erfahrung mit der Okkupation von 1968 haben. Wir müssen unsere Herzen öffnen für die Menschen, die heute in der Ukraine in Not sind.“

Flüchtlinge aus Syrien  (Foto: ČTK)
Sind die Christen wirklich Vorreiter, die sich für die Aufnahme von Flüchtlingen einsetzen? Die tschechische Benediktinerin Schwester Francesca:

„Ich glaube, dass die Christen wirklich in dieser Rolle sind. Ich habe eine Petition unterschrieben, in der Christen anbieten Flüchtlinge persönlich zu unterstützen und bei der Integration zu helfen. Auf der anderen Seite ist es aber die Sache des Staates. Wir als Christen können nicht von uns aus Flüchtlinge aufnehmen. Die Welt ist leider so, dass es sich um eine politische Entscheidung handelt. Da bin ich wirklich empört über die EU, die sich da zurückhält, obwohl die EU abgesehen von Nordamerika der reichste Teil der Welt ist. Was das Christentum angeht: Es wird immer über christliche Werte geredet. Für mich stellt sich die Frage, warum wir darüber ständig sprechen und ob wir das wirklich leben. Ich glaube, dass wir christliche Werte mit humanistischen Werten, mit Menschlichkeit verwechseln. Christen sollen die Liebe zu den Mitmenschen klar leben, den anderen Vorrechte vor sich selber geben. Sie sollen auf eigene Bedürfnisse, natürlich nicht auf die Grundbedürfnisse, verzichten. Die Frage ist für mich, ob Europa oder die EU dazu fähig sind.“