Expremier Spidla wird Kommissar für Arbeit, Soziales und Chancengleichheit

Vladimír Spidla (Foto: CTK)

Am Donnerstag hat der designierte Präsident der Europäischen Kommission, Jose Barroso, die Ressortaufteilung in seinem künftigen Team bekannt gegeben. Der tschechische Expremier Vladimír Spidla, der erst vor wenigen Wochen von der Regierung als neuer Kommissar vorgeschlagen wurde, kann zufrieden sein: Er bekam das Ressort, das er sich gewünscht hatte. Gerald Schubert berichtet:

Vladimír Spidla  (Foto: CTK)
Kommissar für Arbeit, Soziales und Chancengleichheit. Das ist der Beruf, den der 53-jährige Sozialdemokrat Vladimír Spidla vermutlich die nächsten fünf Jahre lang ausüben wird. Die Entscheidung aus Brüssel nahm Spidla am Donnerstag in Prag mit breitem Lächeln und sichtlichem Wohlbehagen zur Kenntnis. Kein Wunder: In letzter Zeit hatte er genau jenes Ressort stets an erster Stelle genannt, wenn er nach konkreten Wünschen für seinen Platz in der Kommission befragt wurde.

In Fragen der Sozial- und Beschäftigungspolitik gilt Spidla als Experte. In der Regierung Zeman war er Arbeits- und Sozialminister, bevor er im Jahr 2002 tschechischer Regierungschef wurde. Bis zu seinem Rücktritt vor wenigen Wochen war er außerdem Chef der Sozialdemokratischen Partei (CSSD). Über die Hauptaufgaben der Sozialdemokratie in der erweiterten EU sagte Spidla kurz nach dem Beitritt Tschechiens im Exklusivinterview für Radio Prag:

"Ein gerechtes Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital, soziale Gerechtigkeit, Demokratie, internationales Handeln ohne Kriege, also Frieden - das sind die Hauptaufgaben, die alle mit dem menschlichen Leben verknüpft sind."

Schwerpunkte also, die Spidla als Kommissar für Arbeit, Soziales und Chancengleichheit besonders gut zur Geltung bringen könnte. Sein Nachfolger im Amt des tschechischen Sozialministers, Zdenek Skromach, setzt ebenfalls hohe Erwartungen in den künftigen Kommissar:

"Vladimír Spidla ist in diesem Bereich sehr gut qualifiziert. Er kennt die Problematik sowohl in Tschechien als auch in anderen europäischen Staaten. Seine Tätigkeit wird also sowohl für die EU als auch für die Tschechische Republik Vorteile bringen. Und ich glaube, dass unsere Zusammenarbeit auf diesem Gebiet besonders gut sein wird."

Sogar aus der Opposition, die mit der sozialliberalen Regierung des Landes sonst nicht gerade zimperlich umgeht, kommen positive Töne, was Spidlas Kompetenzen in der Sozialpolitik betrifft. Der Chef der Demokratischen Bürgerpartei ODS, Mirek Topolánek, in einer ersten Reaktion:

"Vladimír Spidla wird in einem Ressort arbeiten, über das er zumindest fachlich - wenn ich den politischen Aspekt außer Acht lasse - einiges weiß. Das ist für die Tschechische Republik eher von Vorteil als von Nachteil. Über die Zusammenarbeit mit unserem Arbeitsministerium denke ich aber: Ein Kommissar soll übernational und für die ganze EU verantwortlich sein. Also ich weiß nicht, wie sich Zdenek Skromach eine solche Zusammenarbeit vorstellt."

Jedoch: Gerade die ODS betont üblicherweise die Verteidigung nationaler Interessen in der EU. Spidla hingegen hatte schon in seiner Zeit als Premierminister besonderes Schwergewicht auf die europäische Integration gelegt. Gemeinsam mit den 24 anderen Kommissionsmitgliedern wird er am 1. November sein neues Amt antreten.