Erfolg oder Fiasko? Tscheche Síkela soll Kommissar für internationale Partnerschaften werden

Jozef Síkela

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Dienstag ihr künftiges Team vorgestellt. Der Tscheche Jozef Síkela (Stan) soll darin Kommissar für internationale Partnerschaften werden. Es ist ein anderes Ressort, als sich die Regierung in Prag ursprünglich gewünscht hat. Dennoch zeigten sich Síkela und die meisten Koalitionspartner zufrieden. Die Opposition spricht hingegen von einem Fiasko.

„Jozef Síkela wird Kommissar für internationale Partnerschaften“, gab Ursula von der Leyen am Dienstag bekannt, als sie ihr neues Kollegium präsentierte.

Viele Dinge musste die EU-Kommissionspräsidentin berücksichtigen, um die 27 Ämter in Brüssel zu besetzen. Es ging um Länderinteressen, Parteizugehörigkeiten und das Geschlecht der künftigen Teammitglieder. Im Wettstreit um die Top-Posten erhielt Síkela aus Tschechien ein eher unbekanntes Gebiet. Die Regierung in Prag hatte für den 57-jährigen Politiker und früheren Bankmanager hingegen auf die Bereiche Energie oder Handel gehofft. Doch Síkela, derzeit noch Minister für Industrie und Handel in Prag, zeigte sich selbst zufrieden mit der Zuteilung:

„Es ist ein Portfolio, das vor allem wirtschaftliche Sicherheit für die Europäische Union bringen soll. Aus meiner Sicht ist es das stärkste Ressort, das Tschechien jemals hatte.“

Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) betonte, sein Kabinett habe ein starkes Wirtschaftsressort für Tschechien im Rahmen der EU-Kommission gewollt – und dies nun auch bekommen.

Zu einem völlig anderen Urteil kommen hingegen Oppositionspolitiker. Karel Havlíček ist stellvertretender Vorsitzender der Partei Ano und war der Vorgänger von Síkela als Industrie- und Handelsminister. Er sprach von einem unsichtbaren Ressort für Tschechien und verband dies mit einer Generalkritik an der Europapolitik des Kabinetts…

Karel Havlíček | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

„Es ist fast schon ein tragisches Zeugnis für die Arbeit der Regierung. Paradoxerweise haben die Slowaken, die sich so sehr gegen die EU stellen, den höchst prestigeträchtigen Posten des Kommissars für Handel erhalten. Dahingegen haben wir, die wir unterwürfig gegenüber der Europäischen Union sind, ein Kommissariat am hinteren Ende bekommen. Das müssen wir uns eingestehen“, so Havlíček.

Aber auch nicht alle Regierungspartner sind zufrieden. So bewerten die Piraten das Ressort weder als Erfolg noch als Misserfolg. Es komme darauf an, was man aus dem Amt mache, sagte etwa Jakub Michálek, Fraktionsvorsitzender der Piraten im Abgeordnetenhaus.

Tatsächlich wird Síkela die finanzstärkste Generaldirektion innerhalb der Kommission unterstehen.

„Internationale Partnerschaften ist ein riesiges Ressort. Es schließt das Investmentprogramm Global Gateway ein, das 300 Milliarden Euro schwer ist. Wir arbeiten darin zum Beispiel intensiv mit afrikanischen Staaten zusammen, um die Infrastruktur für regenerative Energien aufzubauen. Oder wir investieren in kritische Rohstoffe“, erläuterte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen.

Viktor Daněk | Foto: Matěj Skalický,  Tschechischer Rundfunk

Auch der Experte Viktor Daněk sieht in dem Amt viel Potenzial. Er ist stellvertretender Leiter des Instituts für europäische Politik (Europeum) in Prag. Seinen Worten nach wird Síkela unter anderem dafür verantwortlich sein, mit welcher Strategie die EU dem steigenden Einfluss Chinas auf dem afrikanischen Kontinent begegnet. Die derzeitige Kommissarin Jutta Urpilainen aus Finnland habe in diesem Bereich jedoch bisher keine großen Erfolge verzeichnet, so Daněk. Auch er verwies in einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks auf die Summe von 300 Milliarden Euro, die Síkela verwalten wird:

„Das bietet viele Möglichkeiten für europäische, und damit auch für tschechische Firmen. Schließlich ist unser Land stark exportorientiert. Es besteht großes Potenzial beispielsweise in Zusammenhang mit der Klimapolitik und dem grünen Umbau der Wirtschaft, bei denen es grundlegend sein wird, Partnerschaften mit jenen Staaten abzuschließen, die über strategische Rohstoffe verfügen und verlässlich sind.“

Autor: Till Janzer | Quelle: Český rozhlas
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