Fahrt auf den Spuren der US-Armee von 1945
Westböhmen und Pilsen wurden zu Ende des Zweiten Weltkriegs von den Amerikanern befreit. Daran erinnern Geschichtsbegeisterte und Motorfans regelmäßig mit einer Tour von Militär-Oldtimern.
„Nach fünf Jahren hatten sich auf unserer Strecke etwa 30 Städte und Gemeinden herauskristallisiert, die wir seitdem immer ansteuern. Durch alle diese Orte sind die Amerikaner im Jahr 1945 auch wirklich gekommen. Die Bürgermeister dort freuen sich immer auf uns und wir auf sie. Außerdem legen wir auch in diesem Jahr wieder Blumen an den Denkmälern nieder, die in den Gemeinden an die US-Armee erinnern. Höhepunkt der gesamten Fahrt ist dann die Parade amerikanischer Militärtechnik am Samstag in Pilsen.“
Denn in der westböhmischen Stadt finden mittlerweile die größten Feiern hierzulande zum Kriegsende statt. Sie sind 1990, also unmittelbar nach der politischen Wende entstanden. Man wollte sich abwenden von dem verkehrten Bild, das die Kommunisten über Jahrzehnte geschaffen hatten: dass die Rote Armee 1945 die komplette Tschechoslowakei befreit hätte.
Jeeps und GMC-Lastwagen
An der Fahrt durch Südwestböhmen auf den Spuren der US-Armee sind diesmal rund 50 Wagen beteiligt. Bei den zentralen Feierlichkeiten in Plzeň / Pilsen, den Slavnosti svobody (deutsch etwa: Feiern der Freiheit), sollen es dann 80 Fahrzeuge sein.„Wir bemühen uns darum, dass die Wagen möglichst aus den Jahren 1940 bis 1945 stammen. Nicht immer klappt das, doch wir wollen keine Mitglieder ausschließen, wenn sie etwa ein Fahrzeug von 1948 fahren. Sie werden aber dann am Ende des Konvois eingereiht. Den größten Anteil bei uns haben Jeeps, entweder von Bantam, Ford oder Willys. Dazu kommen 12 bis 15 Dodges, die größer sind und zwei Achsen haben. Einer ist aber sogar dreiachsig. Die größten Fahrzeuge sind drei Lastwagen vom Typ GMC“, zählt Vladimír Straka auf.
Auch Barbora Hakenová aus der Internetabteilung von Radio Prag ist bereits mehrere Male mitgefahren bei diesem Treffen von Geschichtsbegeisterten und Motorfans:„Mein Vater repariert Autos, das ist sein großes Hobby. Er hat dann auch begonnen, alte Militärfahrzeuge – vor allem Jeeps – aus dem Zweiten Weltkrieg wieder herzurichten. Einen hat er für uns ausgebessert, und wir sind zu den Befreiungsfeiern nach Pilsen gefahren.“
Das war 2005, und Barbora Hakenová war damals 14 Jahre alt:
„Seitdem habe ich wohl noch so fünf Mal mitgemacht, aber unregelmäßig. Am besten war es aber bei meiner Premiere. Zum einen war alles neu für mich. Zum anderen waren dies die großen Feiern zu 60 Jahre Kriegsende. Damals waren auch mehrere amerikanische Weltkriegsveteranen in Pilsen. Von einem bekam ich sogar eine Adresse. Ich glaube es war in Los Angeles, zumindest in einer sehr bekannten amerikanischen Stadt. Ich habe dann mal einen kleinen Brief dort hingeschrieben. Aber leider ist nie eine Antwort zurückgekommen.“
Doch zurück zu der technischen Seite des Konvois. Seit zwölf Jahren ist Vladimír Straka selbst auch stolzer Besitzer eines alten Jeeps vom Typ Willys. Er sei über einen seiner Vereinsfreunde an das gute Stück gekommen, erzählt der Liebhaber amerikanischer Armeetechnik. Der Wagen hatte sich in einer Scheune in der Nähe von Prag gefunden. Doch der Oldtimer musste wieder hergerichtet werden. Es waren Arbeiten, die Straka nicht selbst durchführen konnte, sondern nur helfend unterstützen, wie er sagt:„Der Motor und das Getriebe sind original. Die Elektrik ist aber neu und auch die Karosserie. Letztere wird für das Weltkriegsmodell immer noch auf den Philippinen gefertigt. Allerdings musste die Elektrik von zwölf auf sechs Volt umgestellt werden. Der Grund sind die Beleuchtung und damit der Jeep auch den ganzen Tag gestartet werden kann.“
Restauriert und gepflegt
Gut 450 Kilometer weit werden die alten Fahrzeuge in dieser Woche tuckern, dazu kommen für einige Teilnehmer auch noch lange Anfahrten. Die meisten Wagen überstünden dies jedoch gut, versichert Vladimír Straka.„Im vergangenen und im vorvergangenen Jahr sind von 70 Fahrzeugen nur zwei nicht ins Ziel gekommen – das heißt, wir haben sie abschleppen müssen. Aber die Eigner kümmern sich liebevoll um ihre Gefährte, diese sind ihr Stolz. Zudem werden die Wagen alle zwei Jahre einer Kontrolle für Straßentauglichkeit unterzogen.“
Am Samstag trifft dann der „Klub der dritten Armee“ in Pilsen auf weitere ähnliche und teils befreundete Vereine. Ab 11 Uhr reihen sich alle alten amerikanischen Militärfahrzeuge zu einer langen Parade durch die Stadt. Diesmal ist nach mehrjähriger Pause auch Barbora Hakenová wieder mit dabei:
„Für mich persönlich geht es vor allem darum, mit meinem Vater einen schönen Wochenend-Ausflug zu machen. Dass ich besonderen Gefallen an Militärtechnik oder allgemein Feiern hätte, das eher nicht. Für die Fahrt ziehe ich immer Sachen an, die ich von einem Freund meines Vaters bekommen habe. Das ist eine amerikanische Soldatenuniform aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Jacke ist mir etwas zu groß, die Hose passt jedoch genau richtig.“Für die Internetredakteurin von Radio Prag verbindet sich mit den Feierlichkeiten zudem ein bisschen Familiengeschichte, wie sie schildert.
„Meine Großmutter hat damals mitbekommen, wie die amerikanische Armee anrückte. Die Demarkationslinie verlief nicht nur durch Westböhmen, sondern auch durch Südböhmen. Ihre Familie kam aus einer Gemeinde westlich von Písek. Und als meine Oma sechs Jahre alt war, sah sie die amerikanischen Soldaten durchfahren. Es muss für die Menschen damals eine große Freude gewesen sein, als der Krieg endlich zu Ende war.“