Erneute Diskussion über möglichen Stützpunkt der US-Armee in Tschechien
Seit dem Wochenende wurde in Tschechin verhältnismäßig hektisch diskutiert, ob amerikanische Soldaten im Land stationiert werden sollten. Diesen Vorschlag von Verteidigungsministerin Černochová hat Premier Fiala nun aber zu den Akten gelegt – zumindest vorerst.
Der Krieg in der Ukraine hat in Tschechien nicht nur zu einem deutlichen Zulauf von Armeereservisten geführt. Verteidigungsministerin Jana Černochová (Bürgerdemokraten) hat zudem eine unruhig schlummernde Debatte wieder aufgerollt. Am Samstag wurde sie von der Tageszeitung Deník N zitiert, dass sie nach Ostern in den USA über eine Stationierung amerikanischer Truppen in Tschechien verhandeln wolle. Am gleichen Tag kam auch ihr Parteikollege und Europaabgeordneter Alexandr Vondra bei der Jahreskonferenz der Bürgerdemokraten auf das Thema zu sprechen und stellte seinen politischen Mitstreitern die rhetorische Frage:
„Eine Sache fehlt immer noch: der amerikanische Stützpunkt. Haben Sie gesehen, wie vor ein paar Tagen in Mošnov zwei schöne B-52-Maschinen gelandet und wieder erfolgreich gestartet sind?“
Auf dem Flughafen in Mošnov / Engelswald, südlich von Ostrava / Ostrau, wird derzeit ein Logistikzentrum der tschechischen Armee aufgebaut. Dieser Ort ist einer von zweien, die auch Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka (Christdemokraten) als mögliche Standorte für die US-Truppen benannte. Im Privatfernsehsender CNN Prima News fügte er am Sonntag als Idee noch Přerov / Prerau hinzu, das südlich von Olomouc / Olmütz liegt. Gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen ruderte Jurečka aber wieder ein Stück zurück:
„Den Plan zur Erhöhung der Sicherheit Tschechiens unterstütze ich. Die genaue Frage eines Stützpunktes – also Verortung, Umfang und Zeitplan – müssen wir erst noch diskutieren.“
Denn in der Regierung sei das Thema noch gar nicht verhandelt worden, gestand der Minister ein. Da war die Diskussion in der tschechischen Öffentlichkeit allerdings schon längst losgetreten – und wurde derart lebhaft geführt, dass Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) den Spekulationen am Dienstag ein Ende setzte:
„Es laufen keine konkreten Verhandlungen über einen Stützpunkt. Ministerin Černochová wird in den Vereinigten Staaten vielmehr die Gespräche über einen Militärvertrag abschließen. Einen solchen haben die meisten Länder unserer Region mit den USA abgeschlossen. Nur Tschechien hat ihn bisher noch nicht.“
Fiala fügte hinzu, dass es von amerikanischer Seite sowieso kein offizielles Angebot für einen Armeestützpunkt gegeben habe. Deswegen habe die Debatte derzeit auch wenig Sinn, meint der Premier.
Dies deckt sich mit der Haltung der Piraten – der einzigen der fünf Regierungsparteien, die nicht sofort positiv auf Černochovás Pläne reagiert hatte. Der Vorsitzende Ivan Bartoš äußerte gegenüber der Presseagentur ČTK, dass es unglücklich sei, diese Debatte zu diesem Zeitpunkt öffentlich zu führen. Vielmehr sollten Fragen zur Verteidigungslage mit den EU-Partnern diskutiert werden, so Bartoš.
Die Diskussion der vergangenen Tage hat alte Gräben wieder aufgerissen. Schon 2006 gab es Verhandlungen mit der Bush-Administration über einen Stützpunkt mit bis zu 450 US-Soldaten in Tschechien. Damals wurde dies noch mit einer Angriffsgefahr aus dem Nahen Osten begründet. Die tschechischen Sozialdemokraten positionierten sich im Folgenden strikt dagegen, und auch in der Bevölkerung bildete sich eine ausdauernde Protestbewegung. Dennoch wurde 2008 ein Vertrag über die Stationierung eines Raketenabwehrradars im mittelböhmischen Höhenzug Brdy unterzeichnet. Von diesem trat der neue US-Präsident Barak Obama ein Jahr später aber zurück.
Eine Stationierung von US-Soldaten in Tschechien kann nur von den beiden Parlamentskammern beschlossen werden. Präsident Miloš Zeman, der ein mögliches Gesetz unterzeichnen müsste, hält von der Idee ebenfalls wenig. Nach seinem Gespräch mit dem Staatsoberhaupt gab Premier Fiala am Dienstagabend bekannt, dass beide aber über den anvisierten Militärvertrag mit der USA übereingekommen seien:
„Zu diesem Vertrag hat der Präsident seine Zustimmung gegeben. Er hat hinzugefügt, dass er vor der russischen Aggression zurückhaltender gewesen wäre. Jetzt will er die Verhandlungen aber unterstützen. Einem US-Stützpunkt würde er nach eigenen Worten allerdings nicht zustimmen.“
Auf ihrer Reise in die USA wird Verteidigungsministerin Černochová zudem über Einkäufe von Armeematerial verhandeln, vor allem von Hubschraubern.