Fall Kokorin: Grundsatzurteil zu Restitutionsverfahren

Kokorin (Foto: CTK)
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Im Restitutionsstreit um die Burg Kokorin bei Melnik hat das tschechische Verfassungsgericht am Mittwoch ein Grundsatzurteil getroffen. Demnach sind nun auch nationale Kulturdenkmäler nicht mehr grundsätzlich von der Rückgabe ausgenommen. Was aus dem Urteil konkret folgt, ist demgegenüber noch unklar. Thomas Kirschner berichtet.

Kokorin  (Foto: CTK)
Die Burg Kokorin aus dem 14. Jahrhundert, ein trutziges Gemäuer unweit des nordböhmischen Elbstädtchens Melnik. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts von einem Privatmann renoviert, war die Burg nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet worden. Heute befindet sich ein Museum in der Burg, die daneben im Jahre 2001 auch in die Liste der nationalen Kulturdenkmäler aufgenommen wurde. Gerade das war bis jetzt eines der Haupthindernisse für die Erben des letzten Besitzers, die sich um die Restituierung der Burg bemühen: Nationale Kulturdenkmäler waren bislang nach einem Passus im tschechischen Bodengesetz bis zur endgültigen Regelung der Denkmalschutzbestimmungen von der Restituierung ausgeschlossen. Diese Regelung aber lässt weiter auf sich warten. Das Verfassungsgericht sah in seinem Urteil vom Mittwoch darin eine Diskriminierung jener Alteigentümer, die eben das Glück hatten, ein historisch wertvolleres Objekt zu besitzen. Der Sprecher der Verfassungsgerichtes, Michal Spacil, erläutert das Urteil und macht zugleich deutlich, dass über die eigentliche Rückgabe damit noch nicht entschieden wurde.

"Das Verfassungsgericht hat auf Vorschlag des Bezirksgerichtes in Melnik die strittige Bestimmung aus dem Gesetz über Grundbesitz aufgehoben. Das weitere Vorgehen liegt nun ganz in den Händen des Bezirksgerichtes, und das Verfassungsgericht hat keine Kompetenz, die weiteren Entscheidungen vorwegzunehmen."

Kokorin  (Foto: CTK)
Kompliziert wird das Verfahren zusätzlich dadurch, dass sich das Urteil zunächst nur auf das Grundstück bezieht - und ob die Burg dazu gehört oder rechtlich ein eigenständiges Objekt ist, ist keineswegs klar. Bis zu einer endgültigen Entscheidung dürften daher noch einige Jahre vergehen. Petra Ulbrychova aus dem Fachbereich Denkmalschutz im Kulturministerium bleibt jedenfalls gelassen.

"Für den Betrieb der Burg ist es gleichgültig, wenn sie auf fremdem Boden steht. Darüber hinaus hat das Verfassungsgericht diese Regelung als vorläufig behandelt, das heißt: Darüber, ob die Burg restituiert wird oder nicht, hat das Bezirksgericht noch gar nicht entschieden."

Kokorin wird nicht der letzte derartige Fall sein, der die Gerichte beschäftigt. Hinter vorgehaltener Hand räumen die Denkmalschätzer ein, dass von Zeit zu Zeit Objekte mit Blick auf laufende Restitutionsverfahren in die Denkmalliste aufgenommen werden. Dabei gehe es aber vor allem um die Sicherung des nicht denkmalgeschützten Interieurs. In Kokorin selbst droht diesem aber keine Gefahr, jedenfalls wenn man den Aussagen der Erben glauben will. Denn die wollen die Burg auch nach einer möglichen Restituierung weiter als Museum erhalten.