Fernsehrat ignonierte Aufforderung durch das Parlament
Die seit drei Wochen andauernde Krise um das öffentlich-rechtliche Tschechische Fernsehen (CT) nimmt immer groteskere Züge an. Nahezu all denjenigen, die in das wenig glorreiche Szenarium um die TV-Anstalt involviert sind, gelüstet es nach ein wenig Selbstdarstellung. Das Problem als solches aber bleibt nach wie vor ungelöst. So ignorierte der Fernsehrat auf seiner Sitzung am Montag die Forderung des Parlaments, den umstrittenen Intendanten Jiri Hodac abzuwählen, und gab die "heiße Kartoffel" damit quasi an die Politiker zurück. Über die jüngsten Entwicklungen im Dauerbrenner "Fernsehkrise" informiert Sie Lothar Martin.
"Wer etwas anderes erwartet hatte als die unentschlossene Haltung des Fernsehrates, der ist naiv," kommentierte der Sprecher der rebellierenden Fernsehjournalisten Adam Komers am Montag Abend das Ergebnis der Sondersitzung des achtköpfigen Gremiums. "Der Rat verhielt sich genau so wie zuvor, und deshalb konnte nicht erwartet werden, dass er auf einmal seinen Kurs ändert," ergänzte Komers. Was nichts anderes heißt: auch zu Beginn der zweiten Januarwoche ist man noch keinen Schritt weiter, der Konflikt im Fernsehsender CT zwischen dessen Leitung um Intendant Hodac und der Mehrzahl der Beschäftigten noch nicht beigelegt. Dabei hatten in der letzten Woche nacheinander die Senatoren und Abgeordneten des Parlaments Beschlüsse gefasst, nach denen - falls Hodac nicht von selbst zurück trete - der Fernsehrat spätestens am Montag dessen Abwahl veranlassen sollte.
Doch nichts Entscheidendes passierte. Ratsmitglied Jana Dedeckova sagte allen, die es hören wollten, bereits vor der Sitzung, dass man sich von niemandem unter Druck setzen lassen werde. Und auch der Vorsitzende des Rates, Miroslav Mares, äußerte zur mit Spannung erwarteten Frage über die mögliche Abberufung des Fernsehchefs im Vorfeld der Sitzung nur, er glaube nicht, dass die erforderliche Zwei-Drittel-Stimmenmehrheit - also sechs Stimmen - für die Abberufung zusammen kommen würden.
Angesichts dieser Verlautbarungen nahm es kein Wunder, dass der Punkt "Abwahl des Intendanten" erst gar nicht in das Programm der Sitzung aufgenommen wurde. Vielmehr befasste sich der Rat mit der Frage eines provisorischen Budgets für das erste Quartal dieses Jahres und der Frage, welche Institution für das angestrebte Audit über die Wirtschaftlichkeit des Senders in Betracht gezogen werden sollte. Zur aktuellen Krise selbst fällte der Rat den Beschluss, die Rechtsanwältin Vera Valterova mit der Aufnahme weiterer Gespräche mit den streikenden Fernsehleuten zu beauftragen. Hierzu sagte der Ratsvorsitzende Miroslav Mares: "Der Rat empfahl Frau Valterova, unverzüglich Verhandlungen mit den Vertretern des Krisenausschusses und den verantwortlichen Redakteuren der Nachrichtenredaktion aufzunehmen, damit es zu einer Beruhigung der Situation und zu einer Wiederaufnahme der Sendungen im Einklang mit dem Fernsehgesetz kommt. Gleichzeitig sind Verhandlungen mit der Unabhängigen Gewerkschaftsorganisation (NOO) aufzunehmen."
Eine Reaktion auf diese, die CT-Krise kaum ernsthaft lösende Entscheidung des Rates ließ unter den Parlamentariern nicht lange auf sich warten. Die Mehrzahl unter ihnen reagierte ungehalten über die Ignoranz ihrer Beschlüsse durch den Fernsehrat. Es gilt daher als sehr wahrscheinlich, dass der Rat auf der Sitzung des Abgeordnetenhauses am Freitag von diesem abberufen wird. Vizepremier Vladimir Spidla erklärte zur Frage, wer dann - vorübergehend - die Kompetenzen des Fernsehrates einnehmen sollte, folgendes: "Die Details lassen sich noch nicht völlig darlegen - das wird ja auch Gegenstand der politischen Verhandlungen sein -, aber prinzipiell geht es darum, die Kompetenzen des Rates auf ein anderes geeignetes Organ zu übertragen. Wenn diese mögliche Variante umgesetzt wird, was ich für offen erachte, dann eröffnet sich höchstwahrscheinlich auch die Möglichkeit zur Abwahl des Generaldirektors Jiri Hodac."