Frauentausch auf Tschechisch

Daniel Craig
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Gelungene Fernsehserien mit Elementen bester absurder Tradition zeigen oft mehr vom Filmland Tschechien als das große Gerassel um ein paar James-Bond-Drehtage. Ein Radiofeuilleton von Gerald Schubert.

Früh am Morgen klopft es an der Tür. Draußen steht eine blonde Dame, etwas über vierzig, in jeder Hand einen Koffer. "Da bin ich!" sagt sie. Die um einiges jüngere Schwarzhaarige bittet sie herein und erklärt ihr die Eckdaten der Wohnung: Dort schlafen die Kinder, dort ist das Schlafzimmer, das Bad ist gleich daneben, Lebensmittel sind hier im Schrank.

Veronika Zilkova übernimmt für ein paar Wochen die Mutterrolle von Tereza Brodska in der täglichen Familien-Soap "Ulice" - zu Deutsch etwa Lindenstraße, nur ohne Linden. Grund für die Rochade: Brodska hat im richtigen Leben Probleme mit der Wirbelsäule und muss sich operieren lassen. "Und dein Rücken? Tut er sehr weh?" fragt die besorgte Zilkova ihre Kollegin vor laufender Kamera. Die wünscht Zilkova viel Glück mit ihrer neuen Familie und verabschiedet sich: "Wenn du etwas brauchst, kannst du mich ja jederzeit anrufen."

Beide Frauen sind hinreißende Schauspielerinnen, äußerlich aber haben sie so gut wie nichts gemeinsam. Als Kinder und Ehemann aufstehen, geht das Leben trotzdem seinen völlig normalen Gang. Nur der Sohn meint kurz einmal, dass Mama heute irgendwie anders ist.

Elemente einer Pseudo-Reality-Show sprengen hier kühn das gängige Serienformat und schaffen gleichzeitig den Bogen zurück in die richtige "Reality", in die wirkliche Wirklichkeit, wo es Schauspielrinnen mit Rückenproblemen und fantasiebegabte Produzenten gibt. Fernsehen vom Feinsten im Filmland Tschechien.

Auslands-Oscars für tschechische Streifen, das berühmte Filmfestival Karlsbad, die Prager Filmhochschule FAMU, die traditionsreichen Barrandov-Ateliers: In Tschechien scheint die Film-Kunst tatsächlich gut zu gedeihen. Die Schönheit Prags und eine gute Portion Erfahrung vor Ort locken immer wieder auch ausländische Filmemacher an. In Barrandov, hoch über dem Prager Moldauufer gelegen, wurde gerade der Grundstein für ein neues, hypermodernes Studiogebäude gelegt - die Nachfrage sei eben groß.

Da auch das Angebot stimmt, könnte die Filmstadt Prag unbeschwert im Glanz der ausländischen Stars funkeln, und alle wären rundum zufrieden. In der wirklichen Filmproduktionswirklichkeit sieht es aber manchmal anders aus. So wie etwa kürzlich bei den Dreharbeiten für den neuen James Bond: Anrainer klagten über Lärm und Verkehrsprobleme, die kargen Informationen über eine angebliche Pressekonferenz des Filmstabs wurden unter Journalisten herumgeflüstert wie sonst nur die allerneuesten Verschwörungstheorien. Schließlich könne man nicht jeden Redakteur zu einer Pressekonferenz zulassen, hieß es im Produktionsbüro.

Tschechien ist also ein Filmland. Ein paar Tage James Bond in der Hauptstadt belegen das aber durchaus nicht so eindrucksvoll wie zum Beispiel die Familienserie "Ulice". Die ausgewechselte Mutter hat indes einen alten Freund auf der Straße getroffen, den sie lange nicht gesehen hat. "Du hast dich überhaupt nicht verändert!" sagt er zu ihr.

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