Frühlingsgefühle

Foto: CTK

Die fast sommerlichen Temperaturen erfreuen zur Zeit ganz Tschechien. Allerdings bringt der Wetterumschwung auch noch ganz anderes mit sich. So zumindest in Karlin, dem Prager Stadtteil, der auch 18 Monate nach der Flut noch immer stellenweise einer Baustelle gleicht. Gedanken hierzu von der Karlinerin Indra Hildebrandt-Sochor.

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Der Winter scheint in diesen Tagen erst einmal ausgedient zu haben. In Tschechien ist es nach minus Graden von bis zu 15 Grad unter Null plötzlich fast kuschelig warm. Überall in der Hauptstadt kann man beobachten, wie es die Menschen in die Parks lockt, Biergärten werden frühzeitig eröffnet und ganz Mutige laufen im T-Shirt durch die Straßen. Aber für Karlin bedeuten diese Temperaturen noch etwas ganz anderes. Denn dieser Stadtteil wurde bei dem Hochwasser vor anderthalb Jahren wohl am härtesten in Prag getroffen. Auch wenn sonst schon niemand mehr an die Fluten von 2002 denkt, ist es hier noch lange nicht ausgestanden. Und für Karlin bedeutet Tauwetter Bauwetter.

Karlin nach der Flut von 2002  (Foto: Radio Prag)
Sobald der Frost vorbei war, ging es wieder los. An vielen Häusern sind noch immer die Spuren der Flut sichtbar und die meisten Besitzer setzen alles daran, dies zu ändern. Während der Wintermonate tritt immer eine Zwangspause ein, aber die ist nun wieder einmal - zumindest für´s erste - beendet. So werden nun wieder fleißig Außenwände verputzt und endgültig Klinker abgerissen, unter denen sich die Feuchtigkeit staut. Dies alles erinnert immer wieder daran, dass es noch Jahre dauern wird, bis die Flutschäden wirklich beseitigt sind. Allerdings finde ich persönlich es eher beruhigend all die Bauarbeiten zu sehen. Denn es war auch immer die Angst da, dass Karlin in Lethargie verfällt und die Gelder eher in anderen Stadtteilen investiert werden. Dies ist zum Glück nicht passiert und so wird Karlin wohl noch länger eine Großbaustelle bleiben. Mehr und mehr gestaltet sich dabei allerdings auch ein Bild, das ein wenig schmunzeln lässt. Denn die Versicherungen haben zwar in den allermeisten Fällen gezahlt, aber natürlich nur die Flutschäden, die meist bis in den ersten Stock reichten. So bietet Karlin mehr und mehr ein ganz neues Aussehen, neu verputzt und frisch gestrichen - aber eben nur bis zum ersten Stock. Frei nach dem Motto "unten hui und oben pfui".

Aber ist ja eigentlich nicht weiter schlimm. Frühling liegt in der Luft, die Sonne scheint, und wenn man nicht weiter hoch schaut und im zick-zack die aufgebauten Gerüste umläuft sieht auch Karlin irgendwie schon richtig schön aus.

Autor: Indra Hildebrandt-Sochor
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