Für Freiheit, gegen Populismus: Tausende demonstrieren nach geklautem Gedenktag

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Fünf Tage nach dem Staatsfeiertag sind Tausende von Menschen in Prag zusammengekommen, um an einem Ersatzgedenken für den 17. November teilzunehmen. Studenten initiierten die Gedenkveranstaltung im Universitätsviertel Albertov am Sonntag. Denn am Staatsfeiertag war Präsident Miloš Zeman dort mit einer Anti-Islambewegung aufgetreten, und den Studenten war der Zugang zur Gedenktafel verwehrt worden.

Veranstaltung in Albertov  (Foto: ČTK)
Mit der Studentenhymne „Gaudeamus igitur“ wurde die Veranstaltung in Albertov eröffnet. Einige Tausend Menschen trafen dort zusammen, um an die Ereignisse vom 17. November 1939 und 1989 zu erinnern. Vor 26 Jahren startete an diesem Ort eine Studentendemonstration, die später im Stadtzentrum brutal unterdrückt wurde. Dies wurde zum Auslöser für die Samtene Revolution gegen die Kommunisten. Die Gedenkveranstaltung am Sonntag stand im Zeichen des Mottos „Es lebe die Freiheit“. Die Studenten verurteilten dabei Populismus und die Verbreitung von Lügen.

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„Sie sage ein Nein zur Arroganz der Macht und zum Aufhetzen der einen gegen die anderen“, erklärte Marta Harasimowicz, eine der Initiatorinnen der Gedenkveranstaltung. Ihre Meinung teilte auch Mirjam Friedová, die Dekanin der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität:

„Gegen Hass und Rachsucht kämpfen wir mit Vergebung – und gegen Demagogie mit Fachwissen und Bildung.“

Am 17. November hatte eine Gruppe von Studenten und Hochschulpädagogen an der Gedenktafel in Albertov Blumen niederlegen wollen, die Polizei verwehrte ihnen jedoch den Zugang. Drei Stunden später trat an dem Ort Präsident Zeman bei einer Anti-Islam-Kundgebung auf. Dazu der Rektor der Brünner Masaryk-Universität, Mikuláš Bek:

Mikuláš Bek  (Foto: ČTK)
„Mich beunruhigt, dass eine Organisation diesen Ort für den ganzen Staatsfeiertag für sich reserviert hat."

Die Studenten haben deswegen ein Ersatzgedenken initiiert, es stand unter der Schirmherrschaft von 15 Rektoren tschechischer Universitäten und Hochschulen. Rektor Bek wandte sich an die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung am Sonntag:

„Es stimmt, dass wir Tschechen ein Volk der Plebejer sind. Aus historischen Gründen haben wir zuerst die aristokratische und später auch die bürgerliche Elite verloren. Die Wurzeln von jedem von uns sind in einem Bauernhaus zu suchen. Unser Plebejertum hat zwei Seiten: Das lakaienhafte Plebejertum duckt sich vor der Obrigkeit und vor despotischen Regimen, egal ob sie früher östlich oder westlich von uns bestanden haben. Diese Plebejer reagieren sich an Schwächeren ab, einst an den Juden und heute an Flüchtlingen. Daneben gibt es aber auch ein Plebejertum, das sich durch Arbeit und Bildung befreit hatte. Als seine Symbole gelten beispielsweise František Palacký oder Tomáš Garrigue Masaryk. Dieses Plebejertum ist stolz, selbstbewusst und bereit, den Schwächeren zu helfen. Die Aufgabe der Hochschulen ist es, den Weg zu zeigen, dass in uns das freie Plebejertum siegt. Es lebe die Freiheit!“

Versammlung auf dem Wenzelsplatz  (Foto: ČTK)
Nach der Kundgebung gingen viele Teilnehmer auf den Wenzelsplatz. Die Plattform „Treffen des guten Willens“ hatte dort eine Versammlung einberufen. Laut den Veranstaltern sollte damit an die Samtene Revolution erinnert werden.