Fußball: Tschechien hat noch vier Teams für europäischen Wettbewerb

Foto: ČTK

Jedes Jahr zwischen Ende Juli und Anfang August müssen die tschechischen Fußballer nachweisen, dass sie in Europa konkurrenzfähig sind. In der jeweils dritten Qualifikationsrunde zur Champions und zur Europa League wird dabei kräftig ausgesiebt. Die etwas schmeichelhafte Zwischenbilanz diesmal: Von fünf Mannschaften sind vier weiter im Rennen, doch nur Meister Pilsen hat das Ticket nach Europa bereits sicher.

FK Karabach - Viktoria Pilsen  (Foto: ČTK)
Wenn man Anhänger des tschechischen Fußballs ist, muss man gerade in diesen Tagen ziemlich leidensfähig sein. Bei der EM-Endrunde in Frankreich zählte die tschechische Elf zu den spielerisch schwächsten Teams des gesamten Turniers. Und auch in der Qualifikation zu den europäischen Clubwettbewerben wurde dem Betrachter oft nur schwer verdauliche Kost geboten. Meister Viktoria Pilsen hatte es in der dritten Vorrunde zur Champions League mit dem aserbaidschanischen Titelträger FK Karabach zu tun. Die Westböhmen taten sich schwer. Nach dem dürftigen 0:0 im Hinspiel vor eigener Kulisse standen die Bierstädter im Rückspiel in Baku bereits kurz vor dem Aus. Dann rettete sie ein Stürmer vor dem Absturz, der in Pilsen noch dicke Chancen vergab: Michael Krmenčík. Im Hinspiel wollte er beispielsweise mit einem Faller einen Elfmeter „schinden“ anstatt aufs Tor zu schießen. Trainer Roman Pivarník:

Michael Krmenčík  (Foto: ČTK)
„Aus meiner Sicht stand er allein vorm Tor, der Gegenspieler war hinter ihm. Um gut abzuschließen hätte er nur den Ball besser abschirmen müssen. Diese Situation hätte man hundertprozentig besser lösen können.“

Trainer Pivarník brach deshalb aber nicht den Stab über seinen Schützling, sondern wechselte ihn in Baku zu Mitte der zweiten Halbzeit ein. Und Krmenčík dankte es ihm mit dem Kopfballtor zum 1:1-Ausgleich in der 85. Minute. Der Auswärtstreffer bescherte den Pilsenern den Einzug in dir nächste Runde.

Zdeněk Ščasný  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Den wollte auch Vizemeister Sparta Prag schaffen und so die Hoffnung nähren, nach sechs gescheiterten Versuchen in Folge endlich wieder Champions League spielen zu können. Doch Gegner Steaua Bukarest war weitaus besser vorbereitet und fitter als die Prager. Das zeigte sich auch in den Ergebnissen: 1:1 in Prag und ein 2:0-Sieg der Gastgeber in Bukarest. Spartas Coach Zdeněk Ščasný zog daraufhin ein deprimierendes Fazit:

„Für uns alle ist das eine Enttäuschung. In beiden Spielen hätten wir den Gegner in die Schranken weisen können. Aber nicht mit der Leistung. die wir geboten haben. Mehrere Spieler aber sind nicht optimal in Form.“

FK Mladá Boleslav - Shkendija  Tetovo  (Foto: ČTK)
Ein Vorwurf, den sich der Trainer selbst gefallen lassen muss. Denn eine Mannschaft ohne gute Form ist schließlich auch ein Spiegelbild seiner Arbeit. Die Konsequenz: Sparta bleibt jetzt nur die Chance, sich in der Play-off-Runde der Europa League für den kleineren der beiden europäischen Wettbewerbe zu qualifizieren. Sollte auch das nicht gelingen, wird Ščasný wohl seinen Hut nehmen müssen.

In der Europa League mitspielen wollen auch Slovan Liberec und Slavia Prag. Beide Teams haben den Sprung in die Play-off-Runde geschafft, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Liberec war in beiden Begegnungen mit Admira Wacker Mödling aus Österreich das bessere Team und gewann mit 2:1 und 2:0. Die Prager indes mogelten sich ähnlich wie Pilsen nur dank der Auswärtstorregel in die nächste Runde: dem 0:0 zu Hause folgte ein 1:1 beim Rio Ave FC, und das, obwohl die Portugiesen eine Halbzeit nur zu zehnt spielten. Der FK Mladá Boleslav wiederum ist die tschechische Mannschaft, die schon gänzlich ausgeschieden ist. Gegen den mazedonischen Verein Shkendija Tetovo unterlagen die Mittelböhmen auswärts 0:2. Das Rückspiel vor eigenem Publikum gewannen sie lediglich mit 1:0. Ein Ärgernis auch für Trainer Karel Jarolím:

Karel Jarolím  (Foto: ČTK)
„Das ist eine Enttäuschung. Wir wollten weiterkommen, und das lag auch in unseren Kräften, trotz des Hinspiel-Ergebnisses. Ohne den Gegner gering zu schätzen, im Heimspiel hätten wir mehr erreichen können.“

Das Team aus der Autostadt kann sich jetzt also voll und ganz auf die Liga konzentrieren. Dies geschieht aber bereits ohne Karel Jarolím, denn der 59-jährige Fußballlehrer und Vater des ehemaligen HSV-Kapitäns David Jarolím wird nun die tschechische Nationalmannschaft trainieren.

Autor: Lothar Martin
schlüsselwort:
abspielen