Fußball-WM-Qualifikation: Tschechien nach 2:2 in Bratislava mit dem Rücken zur Wand

Foto: ČTK

In den zurückliegenden Tagen und Wochen ist im tschechischen Fußball vorrangig immer nur über ein Spiel gesprochen und geschrieben worden: über das „Bruderduell“ mit der Slowakei in Bratislava. In dieser Begegnung wollten sich die Tschechen für die im Frühjahr in Prag erlittene Heimniederlage revanchieren und somit ihre Chancen auf eine erfolgreiche WM-Qualifikation wahren. Die Partie in Bratislava ging am Samstag 2:2 aus – ein Ergebnis, mit dem die Slowaken besser leben können.

Stanislav Šesták  (links) und Milan Baroš  (Foto: ČTK)
Seit der Teilung der Tschechoslowakei im Jahr 1993 reflektieren die so genannten Bruderduelle zwischen beiden Ländern im Fußball und im Eishockey immer eine gewisse Befindlichkeit der beiden Nationen im Umgang miteinander. Die gemeinsame Vergangenheit und noch viele familiäre Bande sorgen dafür, dass es zwischen beiden nationalen Fanlagern so gut wie nie zu feindseligen Auseinandersetzungen kommt. Doch noch stets ist es den Slowaken bitter aufgestoßen, wenn sie der „große Bruder“ aus Tschechien etwas von oben herab anschaute und müde lächelnd zum Ausdruck brachte: Gegen uns habt ihr sowieso keine Chance! Im Eishockey haben die Slowaken die tschechische Überlegenheit schon zweimal brechen können; bei den Weltmeisterschaften 2002 und 2003, wo sie vor den Tschechen blieben. Im Fußball aber keimt diese Hoffnung erst seit dem Frühjahr auf, nachdem die Kicker aus dem Tatra-Land das Prager WM-Qualifikationsspiel mit 2:1 gewonnen haben. Vor dem Rückspiel in Bratislava gab sich der slowakische Trainer Vladimír Weiss deshalb relativ gelassen:

„Ich denke, dass die Medien einen ziemlich großen Anteil haben, wenn in beiden Ländern von einer entscheidenden Partie gesprochen wird. Jede Seite hat die andere Seite gelobt, doch ich meine, dass es in diesem Spiel keinen Favoriten gibt. Es geht auch hier ´nur´ um drei Punkte, die wir ebenso wie die Tschechen gewinnen wollen. Für die Tschechen aber wäre ein Sieg besonders wichtig, weil sie sich nur mit ihm noch Chancen auf den Gruppensieg ausrechnen können.“

Petr Čech  (Foto: ČTK)
Dieser Sieg ist den Tschechen aber nicht gelungen. Trotz einer wesentlich besseren Vorstellung als im Prager Hinspiel reichte es in der Partie, die von beiden Seiten voller Hingabe und Leidenschaft geführt wurde, nur zu einem leistungsgerechten 2:2-Unentschieden. Die Schützlinge von Trainer Ivan Hašek mussten anerkennen, dass die Slowaken an Format gewonnen haben. Einige der langjährigen Stützen im tschechischen Trikot mussten sogar eingestehen, für internationale Aufgaben nicht mehr gut genug zu sein. Allen voran Zwei-Meter-Hüne Jan Koller, der dem Nationalteam mit seiner Erfahrung trotz einjähriger Pause nochmals helfen wollte. Koller aber wurde schon nach 55 Minuten ausgewechselt und gab nach der Begegnung kleinlaut zu:

Jan Koller und Ján Ďurica  (Foto: ČTK)
„Ich habe der Mannschaft nicht helfen können, also habe ich hier auch nichts zu suchen. Ich hätte erst gar nicht anreisen sollen, der Platz im Team gehört den Jüngeren. Mit meiner Leistung bin ich nicht zufrieden. Deshalb steht fest: Das war definitiv mein letztes Auswahlspiel, schon morgen fahre ich nach Hause.“

Rekordtorschütze Koller wird also nicht mehr für die Nationalmannschaft spielen. Auch ohne ihn hat sie aber keine Alternative: Die restlichen drei Heimspiele gegen San Marino, Polen und Nordirland müssen alle gewonnen werden, will Tschechien das WM-Ticket nach Südafrika doch noch buchen. Der Slowakei dagegen fehlen nur noch vier Punkte zum Gruppensieg. Auch sie muss noch dreimal ran.

Autor: Lothar Martin
schlüsselwort:
abspielen