Tschechiens Leichtathleten wollen die WM 2009 in Daegu vergessen machen

Tomáš Dvořák (Foto: Finneye, CC BY-SA 2.0)

Alle zwei Jahre steht in der Sportwelt der Monat August im Blickpunkt der Leichtathleten. Dann nämlich messen die besten von Ihnen ihre Kräfte bei einer Weltmeisterschaft. Dieses Ereignis steht unmittelbar vor der Tür, denn ab kommendem Wochenende wird in Daegu die aktuelle WM ausgetragen.

Tomáš Dvořák  (Foto: Finneye,  CC BY-SA 2.0)
Auf die Woche zwischen August und September haben die weltbesten Sprinter, Läufer, Geher, Springer und Werfer die gesamte Saison lang hingearbeitet. Ab Samstag aber schlägt auch für sie die große Stunde – dann beginnt im südkoreanischen Daegu die Weltmeisterschaft der Leichtathleten. Es ist die dreizehnte WM seit ihrer Premiere im Jahr 1983, und das hat besonders für die tschechischen Athletinnen und Athleten eine gewisse Symbolkraft. Sie wollen nämlich alles dafür tun, dass es für sie nicht wieder dreizehn schlägt – so wie bei der letzten WM vor zwei Jahren in Berlin, als sie mit nur einer Silbermedaille heimkehrten. Diesmal hofft der ehemalige Zehnkampf-Weltrekordler und dreifache Weltmeister Tomáš Dvořák zumindest auf zwei Medaillen:

„Momentan haben wir zwei Athletinnen in unseren Reihen, die die Jahresweltbestenliste anführen. Das sind Zuzana Hejnová über 400 Meter Hürden und Barbora Špotákova im Speerwerfen. Mit ihnen haben wir ganz sicher zwei heiße Eisen im Medaillenfeuer. Was dann jedoch möglich ist, wird sich zeigen.“

Seine glorreiche Zehnkampf-Karriere hat Dvořák vor drei Jahren beendet. Nach der enttäuschenden WM in Berlin löste er ein Jahr später Václav Fiser als Cheftrainer der tschechischen Leichtathletik ab. In Daegu gehen für Tschechien insgesamt 21 Sportler an den Start, von denen sich neben Hejnová und Špotákova auch Hochspringer Jaroslav Bába einige Chancen ausrechnet. Dvořák weiß allerdings nur zu gut, dass für einen Erfolg vieles zusammenpassen muss:

„In meiner aktiven Karriere habe ich sowohl Jubel als auch Enttäuschungen erlebt. Daher weiß ich: Wenn einer unser Athleten eine tolle Leistung zeigt, andere aber besser sind, dann kann ich natürlich nicht enttäuscht sein. Also kann ich jetzt auch noch nicht sagen, dass ich enttäuscht sein werde, wenn wir keine Medaille gewinnen sollten.“


„Dino“ Jan Koller beendet seine erfolgreiche Profikarriere

Mit Begeisterung kommentierte der Fußball-Reporter des Tschechischen Rundfunks das 1:2-Anschlusstor der tschechischen Mannschaft bei der EM-Endrunde 2004 gegen die Niederlande. Es war ein denkwürdiges Spiel am Abend des 19. Juni 2004 im portugiesischen Aveiro, denn die Elf des damaligen Nationaltrainers Karel Brückner drehte die Partie nach einem 0:2-Rückstand noch in einen 3:2-Sieg um. Schütze des ersten tschechischen Treffers war dabei in der 23. Minute Jan Koller. Und auch der über zwei Meter große Hüne selbst erinnerte sich damals gern an dieses Tor:

„Ich habe bereits vorher gesagt, wenn ich gegen die Holländer kein Tor schieße, dann ist etwas faul. Denn gegen die Niederlande spiele ich eigentlich immer gut und treffe auch. Auch heute habe ich getroffen, und zwar nach toller Vorarbeit von Milan Baroš. Das Tor musste ich einfach machen.“

Es war eines von 55 Toren, die Jan Koller in seinen 91 Spielen für die tschechische Nationalmannschaft erzielt hat. Damit ist der Fußballer aus dem südböhmischen Dorf Smetanova Lhota bis heute der beste Torschütze, den ein tschechisches Auswahlteam je in seinen Reihen hatte. Weitere Treffer aber werden nicht mehr hinzukommen, denn Koller hat am Mittwoch vergangener Woche das Ende seiner aktiven Karriere bekanntgegeben. Zuletzt spielte der inzwischen 38-jährige Mittelstürmer beim französischen Drittligisten AS Cannes. Wegen einer Reihe von gesundheitlichen Problemen allerdings nur bis April dieses Jahres. Weil sich seine Verletzungsmisere auch in der Vorbereitung auf die neue Saison fortsetzte, hat Koller nun dem Profifußball au-revoir gesagt.

In seiner 17 Jahre währenden Profikarriere hat Jan Koller unter anderem auch für die deutschen Bundesligisten Borussia Dortmund und 1. FC Nürnberg gespielt. Mit Dortmund wurde Koller 2002 sogar Deutscher Meister. Den Meistertitel hatte er zuvor auch zweimal hintereinander in Belgien mit dem RSC Anderlecht errungen sowie 1995 das erste und einzige Mal in Tschechien mit Sparta Prag. Bei den Pragern spielte der damals noch ungelenkig wirkende Stoßstürmer nur zwei Saisons, dafür aber gab er nach seinem 2:1-Siegtreffer über den Lokalrivalen Bohemians Prag dieses inzwischen schon legendäre TV-Interview:

„Nun, das ist herrlich, einfach herrlich. Ich kann es nicht beschreiben. Einfach ein tolles Erlebnis, das ich jedem nur wünschen kann.“

Heute kann Koller über seine damalige Unbeholfenheit, die er auch vor dem Mikrofon zeigte, nur schmunzeln. Mit seinen 214 Toren, die er in 486 Ligaspielen erzielte, hat sich der zweifache Familienvater nämlich für immer ein eigenes Denkmal unter den besten Torjägern in Europa gesetzt. Mit seiner Familie wohnt Koller heute in Monaco, und das soll nach Lage der Dinge auch so bleiben:

„Gewiss werde ich mit meiner Familie auch weiter in Monaco leben. Ab September werde ich einen Französisch-Intensivkurs belegen und in einem Jahr würde ich gern mit einer Tätigkeit im Fußball beginnen, egal ob beim AS Monaco oder irgendwo in der Umgebung.“


Filip Trojan: Mit Fans wie in Dresden freut man sich auf jedes Spiel

Filip Trojan und Hanno Balitsch  (Foto: ISIFA/ GettyImages Editorial/ Matthias Kern)
Auf Spieler von der Klasse eines Jan Koller kann der tschechische Fußball derzeit leider nicht zurückgreifen. Auch die Anzahl der Akteure, die momentan in der 1. Bundesliga in Deutschland spielen, ist überschaubar. Dafür machen einige tschechische Kicker in der 2. Bundesliga oder anderen deutschen Spielklassen auf sich aufmerksam. Zu ihnen gehören Pavel Fořt und Filip Trojan, die seit Beginn der aktuellen Saison beim Zweitliga-Aufsteiger Dynamo Dresden spielen. Nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga herrscht beim sächsischen Traditionsverein eine Rieseneuphorie, was Trojan in einem Gespräch für Radio Prag bestätigte. Das 4:0 über den 1. FC Union Berlin, das Dresdens erster Sieg in der neuen Liga war, konnte der 28-jährige Mittelfeldspieler allerdings wegen einer Verletzung nur von der Tribüne aus verfolgen.

Filip, keine Frage, das war heute ein ganz wichtiger Sieg für Dynamo Dresden. Fällt auch Ihnen jetzt ein Stein vom Herzen?

„Auf jeden Fall, denn jeder wusste, was hier los sein kann, wenn wir das Spiel verloren hätten. Die drei Punkte sind für uns ganz wichtig und wir sind froh darüber, sie jetzt zu haben.“

Wie schwer ist es, das Spiel der eigenen Mannschaft nur von der Tribüne aus zu verfolgen?

„Es ist immer schwer, wenn man nicht spielen kann. Wichtiger aber ist, dass die Jungs heute den ersten Sieg geschafft haben. Und dass ich selbst nicht spielen konnte, da muss man halt drüber stehen und sich auf die nächste Woche freuen.“

Wie viel Anteil an dem Sieg haben für dich die Zuschauer hier in Dresden?

„Ganz ehrlich, so etwas Lautes wie hier in Dresden habe ich noch nie erlebt. Heute zwar leider nur von oben auf der Tribüne, aber ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es noch lauter geht. Man konnte sich kaum unterhalten, doch das war auch gut so.“

Also haben Sie den Schritt, nach Dresden zu gehen, noch nicht bereut…

„Natürlich nicht. Und das wird sich auch nicht ändern, wenn wir nicht gewinnen. Das gehört einfach dazu, doch heute freuen wir uns vor allem darüber, dass wir gewonnen haben.“

Eine ganz andere Frage: Sie sind schon jahrelang hier in Deutschland und haben schon für einige Vereine in der ersten und zweiten Bundesliga gespielt. Was macht den Fußball in Deutschland besonders aus, wenn man ihn mit dem in Tschechien vergleicht?

„Der Vergleich zu Tschechien ist eigentlich ganz einfach: Der Unterschied sind die Zuschauer. Leider ist dieser Unterschied sehr groß, denn in Deutschland kommen zu Spielen der 2. Bundesliga wie hier in Dresden rund 30.000 Zuschauer, in Tschechien aber zu Spielen in der ersten Liga nur drei- bis viertausend Zuschauer. Und wenn man sieht, was hier möglich ist, wenn man solche Fans hat, dann freut man sich auch schon mächtig auf jedes Spiel. Man ist motivierter, und wenn alle auch alles geben, kann man sich die Begegnungen hier in Deutschland auch anschauen. Aber wenn wie in Tschechien nur drei- bis viertausend Besucher zu einer Partie kommen, die wahrscheinlich sowieso das ganze Spiel über nur meckern, dann macht das halt nicht so viel Spaß.“

Apropos Zuschauer. Unter den Stationen, die Sie in Deutschland schon hinter sich haben, war auch der Kultverein FC St. Pauli. Kann man diesen Club mit Dynamo Dresden vergleichen oder sind das zwei ganz verschiedene paar Schuhe?

„Ja, ich glaube St. Pauli kann man schon mit Dresden vergleichen. Ich dachte erst, solche Fans und solche Stimmung gibt es nur auf St. Pauli, aber so etwas erlebe ich hier wieder. Das ist schön und deshalb ist man auch gern bei solchen Vereinen.“

Bekommen Sie auch mit, was derzeit so im tschechischen Fußball passiert. Vor kurzem ist der Präsident des tschechischen Verbandes, Ivan Hašek, von seinem Amt zurückgetreten, und auch die tschechische Nationalmannschaft spielt schlecht. Ist das irgendwie bitter, wenn man so etwas als Tscheche im Ausland verfolgt?

„Es ist leider so, dass es zurzeit nicht so gut läuft im tschechischen Fußball. Ich hoffe aber, dass das irgendwann besser wird und sich etwas ändert. Das wichtigste Spiel des Jahres aber kommt jetzt im September, und ich hoffe, dass wir in Schottland gewinnen können. Dann sieht die Welt gleich wieder ganz anders aus.“

Aber spüren Sie nicht auch, dass man die Systematik, die im Nachwuchsbereich des deutschen Fußballs jetzt an den Tag gelegt wird, nicht auch in Tschechien gebrauchen könnte? In Tschechien liegt doch da noch einiges im Argen, was die Organisation der Nachwuchsarbeit anbelangt, oder?

„Auf jeden Fall! Wir laufen schon ein paar Jahre der Entwicklung hinterher. Ich glaube, das braucht bei uns auch Zeit, das war in Deutschland genauso. Wenn wir jetzt zwei, drei, vier Jahre brauchen, um wieder besser mithalten zu können, dann ist das leider so. Das kann man nicht ändern.“

Was ist Ihr persönlicher Wunsch für diese Saison?

„Mit Dynamo die Klasse halten. Das ist der einzige Wunsch, und der bleibt die ganze Saison über bestehen.“

Autor: Lothar Martin
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