G-8-Gipfel und Tschechien: Bursik fordert auf, über den Tellerrand hinauszusehen

G8-Gipfel in Heiligendamm (Foto: CTK)

Der Klimawandel, die Entschuldung Afrikas und die Sicherheitsstruktur in Europa - beim G-8-Gipfel in Deutschland werden zähe Gespräche über sperrige Themen geführt. Über Themen, die die Welt aber bewegen. In Tschechien scheint aber vor allem eine Sache zu interessieren: Was auf dem G-8-Treffen zur amerikanischen Raketenabwehr erklingt, dessen zugehöriges Radarsystem in Tschechien stehen soll. Umweltminister Martin Bursik hält die Themenwahl für falsch.

G8-Gipfel in Heiligendamm  (Foto: CTK)
George Bush in Prag - das hat die tschechische Öffentlichkeit bewegt. Der G-8-Gipfel in Deutschland ist zwar auch Thema in den Medien, aber eben eines von mehreren. Nur eine der vier großen Tageszeitungen beschäftigte sich am Donnerstag überhaupt mit dem G-8-Hauptstreitpunkt Klimawandel. Zwei der vier tschechischen Tageszeitungen brachten Berichte über den Gipfel erst auf den hinteren Politikseiten. Allein für Radio und Fernsehen, die mit Korrespondenten in Deutschland ausgestattet sind, stand das Treffen der mächtigsten Staatsmänner und Staatsfrauen der Welt im Mittelpunkt. Umweltminister Martin Bursik findet, dass die tschechische Öffentlichkeit die falschen Themen wählt. Und das sei bereits beim George-Bush-Besuch in Prag so gewesen, sagte Bursik in einem Gespräch für Radio Prag.

"Wir schaffen es nicht, aus der Provinzialität tschechischer Politik herauszukommen. Die Medien berichten über die Sicherheitsvorkehrungen beim Bush-Besuch. Zweites Thema ist die Radaranlage - und wir haben das Gefühl, wir seien damit der Nabel der Welt und dass gerade jetzt hier über die Radaranlage entschieden werde. Aber das ist gar nicht wahr."

Martin Bursik  (Foto: Jitka Mladkova)
Denn, so Bursik, die Entscheidung über die Radaranlage stehe noch längst nicht an. Das amerikanische Repräsentantenhaus habe die Gelder für Raketenabwehr bisher nicht genehmigt.

"Wir greifen wahnsinnig voraus und sind dann nervös. Dabei vergessen wir eine Sache, die viel wichtiger ist: George Bush ist wegen des G-8-Gipfels nach Europa gekommen. Und dort ist das Hauptthema das Klima..."

... und die Uneinigkeit zwischen den europäischen Staatschefs und US-Präsident Bush in der Frage, ob es einen Nachfolger des Kyoto-Protokolls mit verbindlichen Klimazielen geben soll - wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vorschlägt. Oder ob eine neue internationale Vereinbarung zusammen mit den potenziellen CO²-Großemittenten Indien und China, die das Kyoto-Protokoll genauso wie die USA nicht unterschrieben haben, erzielt werden soll - die Bush-Lösung also.

Nicht dass die Klimadebatte in Tschechien nicht geführt wird. Doch der bisher am meisten beachtete Beitrag dazu heißt "Der blaue und nicht der grüne Planet", stammt von einem radikalliberalen Ökonom - nämlich von Präsident Vaclav Klaus - und streitet die fortschreitende Erderwärmung als Problem rundweg ab. Umweltminister Martin Bursik dazu süffisant:

"Bush ist da einen Schritt voraus. Er hat im amerikanischen Kongress immerhin bereits die Existenz des globalen Klimawandels zugegeben. Soweit ist Präsident Klaus noch nicht."

Bleibt noch anzumerken: Bisher haben sich noch keine weiteren tschechischen Politiker zum G-8-Gipfel geäußert.