Gasstreit: Im Osten nichts Neues, im Westen Hoffnungsschimmer

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Der russisch-ukrainische Gas-Streit bleibt nach wie vor ungelöst. Angesichts des ernsthaften Gas-Notstands in einigen europäischen Ländern entwickelt er sich immer mehr zu einer unendlichen Leidensgeschichte. Und das trotz des Hoffnungsschimmers, den das Resultat eines Telefongesprächs zwischen EU-Ratspräsident Mirek Topolánek und Russlands Regierungschef Vladimir Putin am späten Donnerstagabend brachte.

Wladimir Putin  (Foto: ČTK)
Der Gasausfall in Europa war der gemeinsame Nenner mehrerer Unterredungen in den obersten Etagen der in- und ausländischen Politik. Etwas Bewegung im Gas-Streit zwischen Moskau und Kiew hatte man sich am Donnerstag von den Verhandlungen zwischen der EU und den Delegationen der beiden Streitparteien in Brüssel erhofft. Zur Sprache kam auch der Vorschlag, eine aus EU-Beobachtern bestehende Delegation an – wie es offiziell hieß – „alle Orte, die für den Gas-Fluss relevant sind“– zu entsenden. Der Vorschlag wurde von der ukrainischen Seite akzeptiert, von der russischen allerdings abgelehnt. Die Russen bestanden darauf, eigene Beobachter in die Ukraine zu schicken. Das war wiederum für die Ukraine unakzeptabel.

Nach den gescheiterten Verhandlungen konstatierten der tschechische Industrie- und Handelsminister Martin Říman und der für Energiewirtschaft zuständige EU-Kommissar, Andris Piebalgs, übereinstimmend, das der anfangs von der EU als Handelskontroverse qualifizierte Gas-Streit zwischen den beiden Ländern zunehmend eine klare politische Dimension bekomme. Ministr Říman bestätigte auch, dass man in dieser Situation nichts mit Gewalt bewerkstelligen könne:

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„Die Europäische Union verfügt über keine anderen Instrumente als die der Verhandlungen und der Ausübung von Druck durch Verhandlungen. Die EU betreibt keine Politik der Kanonenboote.“

Die Initiative ergriff anschließend der tschechische Premier Mirek Topolánek. In einem Telefongespräch mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin soll er, so die offizielle Erklärung der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft, die Bedingungen zur Entsendung einer EU-Beobachterkommission an die russisch-ukrainische Grenze vereinbart haben. Einzelheiten wurden nicht genannt. Topoláneks Initiative wurde am Freitag bei den Verhandlungen mit dem norwegischen Amtskollegen Jens Stoltenberg fortgesetzt.

Präsident Václav Klaus  (rechts) mit seinem polnischen Amtskollegen Lech Kaczynski  (Foto: ČTK)
Auch der tschechische Präsident Václav Klaus blieb nicht abseits stehen. Mit dem polnischen Präsidenten Lech Kaczynski verhandelte er am Donnerstag in Prag auch zur Gaskrise. Im Unterschied zum oft eher radikaleren Tonfall seines Amtskollegen äußerte sich Klaus moderat und diplomatisch:

„Ich weiß sehr gut, dass die Frage der Gaslieferungen etwas höchst Kompliziertes ist und dass sie eine politische wie ökonomische Dimension hat. Zu lösen ist sie meiner Meinung nach nicht so, dass nur eine der beiden Dimensionen berücksichtigt wird. Wir beide bemühen uns, mit beiden beteiligten Ländern darüber zu verhandeln, und ich glaube, dass diese Frage relativ bald eine Lösung erfahren wird.“

Aber auch dann ist die Frage der Energieversorgung für Europa nach Meinung von Klaus noch nicht gelöst. Wenn etwas europaweit durchgesetzt werden müsse, so der Präsident, dann ist es die Rationalität in der Energiewirtschaft und der Verzicht auf einige a priori gemachten Verbote, die heutzutage in der EU vorherrschen. Einen Ausweg sieht Klaus im Ausbau der Atomenergieproduktion.