Gasstreit: tschechische EU-Mission erfüllt – Europa schaut immer noch in die Röhre

Mirek Topolánek (Foto: ČTK)

Sechs Tage schon müssen die Menschen vor allem in der Slowakei frieren. Am letzten Mittwoch hatte Russland den Gashahn für seine Lieferungen nach Europa zugedreht. Der Grund: Russland und die Ukraine – über die das Gas weitergeleitet wird - tragen Vertragsstreitigkeiten rund ums Gas aus. Premier Topolánek war am Wochenende zwischen beiden Parteien unterwegs und hat erfolgreich eine EU-Beobachtermission mit beiden Ländern ausgehandelt. Noch fließt es aber nicht, das Gas. Wie der aktuelle Stand ist, das fragte Patrick Gschwend den Redakteur Christian Rühmkorf, der den Nachrichtenticker immer fest im Auge hatte.

Mirek Topolánek  (Foto: ČTK)
Wann gibt es wieder frisches russisches Gas in Europa?

„Tja, das steht immer noch in den Sternen. Eigentlich sind alle Bedingungen Russlands erfüllt, um das Gas wieder fließen zu lassen. An den Pipelines hat sich die EU-Beobachtermission postiert - das war die eine Bedingung. Und das Abkommen genau darüber ist auch – unter Vermittlung des tschechischen EU-Ratspräsidenten Topolánek - unterzeichnet worden. Zu einem Problem kam es, als die Ukraine am Sonntag plötzlich und einseitig einen Zusatz an den Vertrag klemmte, mit dem Tenor: Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen. Daraufhin erklärte Russland den Vertrag für ungültig. Die Ukraine hat inzwischen einen Rückzieher gemacht und der Vertrag musste neu aufgesetzt werden. Und gerade eben kam eine Meldung vom russischen Premier Putin rein: Der Gashahn wird erst betätigt, wenn auch die EU-Kommission das neue Dokument wieder unterzeichnet hat. Die Nerven aller Beteiligten und die Abhärtung der Menschen in den betroffenen Ländern werden bei diesem Hickhack enorm auf die Probe gestellt.“

Hauptvermittler war der tschechische EU-Ratspräsident Topolánek. Er war am Wochenende viel unterwegs. Wird seine Vermittlung als Erfolg gewertet?

Beobachtermission  (Foto: ČTK)
„Eindeutig ja. Prag – Kiew, Kiew – Moskau, Moskau – Kiew, Kiew – Prag. So sah das Wochenende von Premier Topolánek aus. Tschechien als kleinem EU-Land, dazu noch mit einer wackeligen innenpolitischen Situation, hatte man für die Ratspräsidentschaft nicht viel zugetraut. Im Gasstreit hat sich Topolánek aber ganz offensichtlich als schneller und guter Vermittler erwiesen. In enger Absprache übrigens mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ein Erfolg also – obwohl das Gas noch nicht fließt. Die französische Zeitung ´Le Monde´ spricht von einer Sarkozy-Methode ohne Sarkozy.“

Die tschechische Ratspräsidentschaft hat sich als ein Hauptaufgabenfeld die Energiesicherheit auf die Fahne geschrieben. Was ist nach diesen Erfahrungen zu tun?

„Langfristig geht es natürlich um Energieeinsparungen. Mittelfristig muss es die EU anstreben, einen Gesamtvertrag über Gaslieferungen mit Russland abzuschließen. Das würde die Verhandlungsposition der EU eindeutig stärken. Bisher gibt es nur einzelne Verträge für jedes Land. Und nicht zuletzt muss es darum gehen, die Energie-Infrastruktur innerhalb Europas so zu auszubauen, dass sich die EU-Mitgliedsländer ohne bürokratischen Aufwand gegenseitig mit Gas aushelfen können. Wenn Prag jetzt nicht locker lässt und diese Steine zumindest ins Rollen bringt, dann wird man vielleicht die tschechische EU-Ratspräsidentschaft in guter Erinnerung behalten.“