Gefängnisausbrüche rufen Diskussion über die Todesstrafe hervor

Nach dem Ausbruch des Doppelmörders Jiri Kajinek am Sonntag und eines weiteren Gefangenen am Mittwoch dieser Woche wurden nicht nur die verantwortlichen Kräfte in den Gefängnisverwaltungen suspendiert, sondern es wurde erneut die Diskussion über die Todesstrafe eröffnet. Eine Mehrzahl der Tschechen ist laut Meinungsumfragen für die Wiedereinführung der Todesstrafe, die 1990 in der damaligen Tschechoslowakei aus der Strafgesetzverordnung gestrichen wurde. Weiteres hierzu von unserem freien Mitarbeiter Armin Sandmann:

Zuerst war es ein Ausbruch des wegen zweifachen Mordes verurteilten Jiri Kajinek, der am letzten Sonntag Woche aus dem Hochsicherheitsgefängnis im nordmährischen Mirov entkommen war. Tags darauf wurden 6 Beamte der Gefängnisaufsicht vom Dienst suspendiert und der stellvertretende Direktor dieser Haftanstalt entlassen. Doch nach dem erneuten Ausbruch am Mittwoch aus einem Gefängnis nahe dem nordböhmischen Chomutov erwägt der zur Zeit amtierende Justizminister, Pavel Rychetsky, auch die Abberufung der Direktorin der Gefängnisverwaltung Kamila Meclova.

Trotz der raschen personellen Konsequenzen sind beide Strafgefangene noch flüchtig. Doch im Zusammenhang mit diesen Ereignissen regte sich auch erneut die Diskussion über die Wiedereinführung der Todesstrafe. So sind nach einer Umfrage des tschechischen Meinungsforschungsinstitutes IVVM 61 Prozent der Befragten für und 26 Prozent gegen die Wiedereinführung dieser Bestrafungsform.

Doch nicht nur das Volk allein, sondern auch Vertreter aus dem Kreise der Rechtvertreter melden sich mit überraschenden Aussagen zu Wort. So erklärte nach Angaben der tschechischen Nachrichtenagentur CTK der Staatsanwalt im ostböhmischen Hradec Kralove/Königsgrätz, Miroslav Antl, dass er darüber nachgedacht habe, warum er keine schärfer Bestrafung als lebenslänglich fordern könne. Früher so scheint es, vor 1989 habe man eben in manchen Dingen eine bessere Meinung gehabt, so Antl weiter. Im Juni 1990 wurde die Todesstrafe aus der tschechischen Strafgesetzordnung gestrichen. Seit dem war sie niemals mehr ein Gegenstand von politischen Diskussionen, auch nicht als 1995 zwei Abgeordnete der sozialdemokratischen Partei, CSSD, in einer Petition über 11.000 Stimmen sammelten, um den Vorschlag zur Wiedereinführung der Todesstrafe bei Sexualverbrechen ins Parlament einbringen zu können. Doch welche Folgen hätte solch ein Unterfangen? Würde Tschechien erneut die Todesstrafe einführen, so müsste man von allen geschlossenen europäischen Verträgen zurücktreten, speziell vom Vertrag über die Grundrechte und der Menschrechte in Europa, der eine Grundvoraussetzung für die EU-Erweiterung ist. Dies würde für Tschechien im Klartext ein Ende des Integrationsprozesses in die Europäische Union bedeuten.

Autor: Armin Sandmann
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