Gerechtigkeit oder Marketing? Präsident Zeman begnadigt Kajínek

Jiří Kajínek (Foto: ČTK)

Staatspräsident Miloš Zeman unterschreibt nicht gerade häufig Begnadigungen, ganz im Gegensatz zu seinen Vorgängern. Bei seiner Rückkehr aus China will er aber einen Strafgefangenen auf freien Fuß setzen. Die Entscheidung ist umstritten, es geht nämlich um den verurteilten Doppelmörder Jiří Kajínek.

Jiří Kajínek und Ivana Zemanová  (Foto: ČTK)
Man munkelte schon lange darüber in Tschechien. Und spätestens seit dem Besuch der First Lady Ivana Zemanová im Gefängnis Pilsen-Bory war klar, was der Präsident am Donnerstag schließlich im Privatfernsehen verkündete:

„Wenn ich aus China zurückkomme, unterschreibe ich die Begnadigung. Jiří Kajínek kommt dann Mitte Mai frei. Ich habe auch schon den Justizminister über meine Entscheidung in Kenntnis gesetzt.“

Für den wohl berühmtesten Strafgefangenen Tschechiens, den verurteilten Doppelmörder Jiří Kajínek, endet damit eine Gefängnis-Odyssee. Das allerdings zunächst nur bedingt, wie der Richter Petr Franc die weiteren Schritte nach der Amnestie beschreibt:

„Er darf sich natürlich nichts mehr zu Schulden kommen lassen, abhängig davon wie der Präsident die Bedingungen zur Haftentlassung formuliert. Normalerweise ist es aber so: Sollte Kajínek wieder straffällig werden, kehrt er umgehend in den Strafvollzug zurück.“

Jiří Kajínek  (Foto: ČTK)
Doch wer ist eigentlich dieser Jiří Kajínek? 1993 werden bei Pilsen der Unternehmer Stefan Janda und einer seiner Bodyguards erschossen. Ein weiterer Leibwächter überlebt schwer verletzt und wird später zum Hauptzeugen. Ein Konkurrent aus dem undurchsichtigen Unternehmer-Moloch der 1990er Jahre soll den Mord bei Kajínek bestellt haben. Was folgt, ist einer der umstrittensten Prozesse der tschechischen Geschichte – Beweismaterial wird angeblich fehlgedeutet, und insgesamt verläuft das Verfahren intransparent. 1998 wird Kajínek zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, er selbst bestreitet bis heute seine Schuld. Vielmehr wehrt er sich mit Ausbruchsversuchen und einer geglückten Flucht gegen die Justiz.

Pavel Rychetský  (Foto: Prokop Havel,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Mit der Zeit findet Jiří Kajínek prominente Unterstützer, unter anderem den damaligen Premier Milos Zeman und den Justizminister und heutigen Verfassungsgerichts-Präsidenten Pavel Rychetský. Dieser versucht den Fall durch Prozessbeschwerden neu aufzurollen. Noch heute sagt er:

„Ich bin zwar nicht davon überzeugt, dass Kajínek unschuldig ist. Aber die Beweislage ist einfach unklar. Gerade diese Unklarheiten und die zahlreichen Ungereimtheiten während des Prozesses haben mich damals dazu gebracht, Beschwerde gegen das Urteil einzulegen.“

Kajínek ist im Laufe der Jahre zu einer Art tschechischem Popstar geworden. Zwei Filme wurden über seinen Fall bereits gedreht, und ein Buch von ihm wurde zum Bestseller. Und gerade das macht die Entscheidung Zemans so umstritten. Der konservative Europaabgeordnete Jiří Pospíšil sieht in der Begnadigung lediglich Marketing für den Präsidenten:

Jiří Pospíšil  (Foto: Prokop Havel,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Der Präsident hat laut Verfassung das Recht, Begnadigungen zu erlassen. Das respektiere ich auch, nur bin ich neugierig auf die Argumente in diesem Fall. Was ich kritisiere, ist das mediale Theater im Vorfeld der Begnadigung von Jiří Kajínek. Und wie der Präsident diese Atmosphäre benutzt.“

Aber auch in der Fachwelt ist man nicht begeistert von der Entscheidung von Präsident Zeman. So äußerte sich dazu Jan Lata, der Präsident der tschechischen Staatsanwälte-Union:

„Ich hoffe, dass der Präsident sich in Zukunft mit Amnestien für Mehrfachmörder etwas zurückhält.“