Goethe-Institut stellt die Buchreihe "Tschechische Bibliothek" vor

Bohumil Hrabal: Allzu laute Einsamkeit

"Die Tschechische Bibliothek lädt zu angeregten Wanderungen durch die Literatur und Kultur unseres Nachbarn ein, die zu Hauptwerken, aber auch auf geheimnisvolle Nebenpfade führen": So beschreibt die Wiener Bohemistin und Übersetzerin Christa Rothmeier die von der Robert-Bosch-Stiftung herausgegebene Literaturreihe. Bisher sind darin 24 Werke tschechischer Autorinnen und Autoren auf Deutsch erschienen. Jüngst wurde die Reihe an die Tschechische Nationalbibliothek übergeben. Das Goethe-Institut nahm das zum Anlass, einige Werke in einer "Literaturshow" vorzustellen. Anne Lemhöfer war für Radio Prag dabei.

"...deine Morgentoilette ist aus feinem Leinen von der Farbe frischer Austern und du, du bist wie ein Buchungsbeleg für ein Moorbad. Dein himmelblaues Auge starrt mich an mit milchig-trübem Star, dein steifer Zeigefinger streift die gelben Trauerweidenzweige zur Seite und du, du weißt sehr gut, von mir erwarte nur das Allerschlimmste..."

Er darf nicht fehlen: Der große Bohumil Hrabal ist als einer der international bekanntesten Schriftsteller des Landes mit der Textsammlung "Allzu laute Einsamkeit" in der "Tschechischen Bibliothek" vertreten. Aus diesem im Frühjahr 2003 erschienenen Band stammt auch das Prosagedicht "Adagio Lamentoso", in dem der Erzähler ruhelos durch Prag streift und sich an eine längst vergangene Liebe erinnert. Nur wenige Schritte entfernt von den Stationen des Nachtspaziergangs trug der junge Hamburger Slam-Poet Wehwalt Koslovsky das Gedicht vor und zog rund 80 Zuhörer in den Bann der Sprache Bohumil Hrabals - im Prager Goetheinstitut, das am Moldauufer nahe des Nationaltheaters liegt. Koslovsky wechselte sich am Mikrofon mit dem tschechischen Underground-Dichter Jaromir Konecny ab, der unter anderem eine Episode aus dem Ur-Schwejk zum Besten gab.

Bohumil Hrabal und Jaroslav Hasek dürfen nicht fehlen, doch die Tschechische Bibliothek der Robert-Bosch-Stiftung will auch weniger bekannte Autoren für deutsche Leser zugänglich machen. Neben Hrabal, Hašek, Jan Neruda und Milan Kundera finden sich auch Namen wie Zikmund Winter, Vladislav Vancura und Karel Polacek auf den edlen Leinenumschlägen der farbigen Hartcover-Bände, die außerhalb Tschechiens bisher nur ein sehr kleines Lesepublikum haben.

Die "Tschechische Bibliothek" in deutscher Sprache erscheint seit 1999 in der Deutschen Verlags-Anstalt unter der Schirmherrschaft der Präsidenten Tschechiens und Deutschlands. 33 Bände sind geplant, bisher sind 24 erschienen, zuletzt eine Novellensammlung aus der Zeit des Fin de Siecle mit Beiträgen von Jan Neruda, Jakub Arbes und Ji"i Karasek. Im Frühjahr und im Herbst erscheint jeweils ein neues Buch. Bis zum Jahr 2007 soll die "Tschechische Bibliothek" komplett sein. Jetzt hat die Robert-Bosch-Stiftung die Literaturreihe in deutscher Sprache an die Tschechische Nationalbibliothek übergeben. Über das Geschenk freute sich Bibliotheksdirektor Vojtech Balik.

"Wir schätzen dieses Geschenk der Robert-Bosch-Stiftung sehr hoch. Wir sind wie jede Nationalbibliothek dazu verpflichtet, so genannte Patriotika zu sammeln, damit sind Werke gemeint, die zu unserer einheimischen Kultur einen Bezug haben. Wir sind ein kleines Land und freuen uns dafür umso mehr, dass unsere Kultur in der Form solcher Übersetzungen auch im Ausland auf Interesse stößt. Die Literaturreihe ist außerdem ein interessantes Studienmaterial für alle, die sich mit Sprache und ihrer Übersetzung befassen. Die Tschechische Bibliothek der Bosch-Stiftung ist ein wichtiger Beitrag für das kulturelle Zusammenwachsen im neuen Europa."

www.tschechische-bibliothek.de