Grenzüberschreiten am Dreiländerpunkt zwischen Tschechien, Deutschland und Polen
Am Dreiländerpunkt zwischen Hradek nad Nisou, Zittau und Bogatynia feiern Tschechen, Deutsche und Polen gemeinsam die EU-Erweiterung. Am Freitag haben Musik, Kabarett, Kinderfußball und Festreden Tausende ins Grenzgebiet gelockt. Am Samstag weiht Tschechiens Premier Vladimir Spidla gemeinsam mit dem deutschen Kanzler Gerhard Schröder und Polens Premier Leszek Miller eine neue Verbindungsstraße der Euregion Neiße ein.
Auf provisorischen Brücken überqueren die Menschen die Neiße und gelangen so über die Grenzen zwischen allen drei Ländern. Für viele ist das Grenzüberschreiten ungewohnt. Es gibt allerdings auch Menschen, für die dieser Grenzübertritt genau in diesem Dreiländereck bereits seit Jahren aus beruflichen und privaten Gründen zum Alltag gehört. Einer davon ist Olaf Barth, ein ehemaliger Mitarbeiter von Radio Prag, wie sich unsere Stammhörer vielleicht erinnern können. Er arbeitet als Lehrer nahe der deutschen Stadt Zittau, ist mit einer Tschechin verheiratet und wohnt im nordböhmischen Liberec (Reichenberg). Am Vorabend der EU-Erweiterung haben wir auf der polnischen Seite des Festgeländes mit ihm gesprochen.
"Ich fahre jeden Tag hier über die Grenze und fahre dann einen Kilometer durch Polen, um von meiner tschechischen Wohnstätte in Liberec zu meinem Arbeitsplatz in Zittau, genauer gesagt in Olbersdorf, also in Deutschland zu kommen. Ja, mehr bekomme ich von Polen leider nicht mit, weil ich jeden Tag wirklich nur am Pendeln bin und nur ein Stück dort hindurch fahre. Sonst kann ich sagen, dass ich mich sehr wohl zu Hause in Liberec fühle und jeden Tag wirklich ein gutes Gefühl habe, wenn ich von der Arbeit nach Liberec zurückkomme."
Wird sich für Olaf Barth nun durch die EU-Erweiterung etwas an seinem Alltagsleben ändern?
"Also, was meine Arbeit in Deutschland betrifft, sicherlich erstmal gar nichts, weil das alles eigentlich schon ganz einfach und unkompliziert ist. Ich hoffe, dass sich die Wartezeiten an der Grenze für mich verkürzen werden. Da habe ich das Problem, dass ich momentan nachmittags immer mal wieder eine halbe oder eine Dreiviertelstunde stehen muss, vor allem bei der Einreise nach Polen, weil die Polen noch sehr genau kontrollieren. Man hat mir jetzt gesagt, sie werden die Kontrollen reduzieren, aber es finden nach wie vor welche statt. Man macht das eben jetzt immer mit nur einem Zöllner für beide Länder zusammen. Ich werde mich überraschen lassen. Ich bin auch sehr gespannt, man konnte mir noch keine genauere Auskunft geben. Ich hoffe, es wird besser."Und wie empfindet Olaf Barth die EU-Erweiterung als jemand, für den das berufliche und private Miteinander und der Grenzübertritt zwischen Tschechien, Deutschland und Polen bereits seit Jahren gelebter Alltag ist?
"Das habe ich gerade vor ein paar Tagen mit Kollegen besprochen. Ich habe gesagt, zwei oder drei Jahre lang war es für mich einfach nur ein Datum, das jetzt kommen wird - der Beitritt. Aber je näher das jetzt kommt, desto mehr muss ich doch sagen, dass es mich emotional berührt. Ich finde, das ist eine ganz tolle Sache, dass jetzt 15 Jahre nach der Samtenen Revolution und den Umwälzungen in Osteuropa tatsächlich auch das Zusammengeschlossene zu einer großen Einheit wird. Denn das war ja vor 15 Jahren fast noch undenkbar, das konnte man sich nicht vorstellen. Dass es einmal soweit kommen würde, das konnte man sich einfach nicht vorstellen. Und jetzt gehören diese ganzen Länder auch zur Europäischen Union. Also das ist schon eine tolle Sache."