Hana Marvanova tritt vom Parteivorsitz der Freiheitsunion / Demokratischen Union zurück

Hana Marvanova

Am Donnerstag verkündete Hana Marvanova ihren Rücktritt vom Parteivorsitz der Freiheitsunion/Demokratischen Union. Mit diesem Schritt beschäftigen sich nach zwei zeitungsfreien Feiertagen und einem Sonntag die Montagszeitungen in Tschechien in aller Ausführlichkeit. Silja Schultheis fasst zusammen.

Hana Marvanova
Seit Donnerstag ist Hana Marvanova eine "normale" Abgeordnete und als solche will sie nach ihren eigenen Worten den pro-europäischen Kurs der sozial-liberalen Regierung unterstützen.

Ihren Rücktritt vom Parteivorsitz erklärte sie gegenüber allen führenden tschechischen Tageszeitungen, die entsprechend am Montag Interviews mit ihr abdruckten. Zur Begründung ihres Schrittes führte Marvanova an, wenn sie sich an einer nach ihren Worten nahezu sozialistischen Regierung mit den Sozialdemokraten beteiligt hätte, hätte sie das Gefühl gehabt, damit würde sie all das widerrufen, was sie seit 1991 gesagt habe.

Ihre Partei habe beim Konzept der künftigen Finanzpolitik zu große Zugeständnisse gegenüber den Sozialdemokraten gemacht. SO sei beispielsweise die geplante Staatsverschuldung für sie jenseits der Grenze des Erträglichen. Sie habe daher bereits am Dienstag vorgeschlagen, dass die Freiheitsunion sich solange nicht an der Regierung beteiligen sollte, bis die Frage des Haushaltsdefizits gelöst sei.

Die tschechische Tagespresse bewertete Marvanovas Schritt am Montag durchweg als positiv. So heißt es beispielsweise in der auflagenstärksten Tageszeitung Mlada fronta dnes :

"Das, was Hana Marvanova gemacht hat, ist schlichtweg politisch normal. Nicht normal ist hingegen die Situation der Freiheitsunion, die entgegen ihrem liberalen Programm in einer extremlinken Regierung verharrt. Frau Marvanova hat dieses Dilemma auf ihre Weise gelöst und man muss sie entweder bewundern oder zumindest ihren Schritt verstehen."

Auch die Zeitung Lidove noviny hält Marvanovas Rücktritt für einen konsequenten Schritt, der auch deshalb lobenswert sei, weil Marvanova ihre Niederlage bei den Koalitionsverhandlungen nicht persönlich genommen habe und die neue Regierung in ihrer pro-europäischen Orientierung unterstützen wolle.

Die Zeitung Pravo hingegen orakelt, dass der voraussichtlich künftige Premier Vladimir Spidla alle naselang hinter Marvanova herlaufen und um ihre Stimme werde betteln müsse. Denn die Koalitionsregierung zwischen den Sozialdemokraten und dem liberalen Bündnis Koalition - das von der Freiheitsunion und den Christdemokraten gebildet wird - verfügt lediglich über eine hauchdünne Stimmenmehrheit von 101 der 200 Abgeordnetenhausmandate.

Wer Hana Marvanova im Parteivorsitz ablöst, ist bislang noch unklar. Der republikweite Ausschuss der Freiheitsunion/Demokratischen Union ließ diese Frage auf seiner freitäglichen Sitzung offen. Vorerst wird der 1. Vizevorsitzende Ivan Pilip die Freiheitsunion/Demokratische Union leiten, der jedoch nach eigenen Angaben nicht vorhat, für den Parteivorsitz zu kandidieren. "Heiße" Kandidaten für diesen Posten sind nach Informationen der Zeitung Lidove noviny Vladimir Mlynar und Pavel Pesek, möglicherweise aber auch die weiteren Vizevorsitzenden Petr Mares und Robert Kolar. Alle vier haben sich zu einer möglichen Kandidatur bislang nicht geäußert. Denkbar ist laut Informationen von Lidove noviny auch ein ganz neues Gesicht jenseits der Parteiführung.