„Hinter der Tür steht der Nullpunkt“ – Prager Straßen verwandeln sich in Theaterbühne
„Hinter der Tür steht der Nullpunkt“ – hinter diesem ungewöhnlichen Namen verbirgt sich ein Theaterfestival, das an diesem Montag in Prag beginnt. Ziel und Traum seiner Organisatoren sei es, die Straßen der tschechischen Hauptstadt den Zuschauer zu öffnen und das Zentrum in eine große Theaterbühne zu verwandeln.
„Das Festival präsentiert Theater, das keinem Mainstream angehört – das Straßentheater, das physische Theater oder die Clownerie. Bei 90 Prozent handelt es sich um nonverbale Projekte, das heißt dass sie kein sprachliches Verständnis fordern. Es zeigt Projekte, die für den öffentlichen Raum bestimmt sind, so dass es in den Straßen Prags Zuschauer und Besucher überrascht.“
Der Altstädter Ring, der Raum hinter dem Ständetheater und weitere Plätze Prags, sowie einige geschlossene Räume, insbesondere das Celetná-Theater: Überall dort finden bis Ende der Woche mehr als 25 Vorstellungen statt, wobei der Eintritt in den meisten Fällen frei ist. Das Festival ist durch die Verbindung von zwei Festivals, die in den vergangenen zwei Jahren in Prag stattgefunden haben, entstanden. Die Veranstaltungsreihe „Hinter der Tür“ galt dem Straßentheater, der „Nullpunkt“ dem physischen Theater. Diese beiden Theaterströmungen hängen aber eng zusammen, betont Jakub Vedral:„Das 21. Jahrhundert ist ein Zeitalter, das eine Reihe von neuen Sachen und Sichtweisen bringt. Meiner Meinung nach kommt es zu einer Synthese aller möglichen Theatergenres. Niemand will sich in eingefahrenen Gleisen bewegen und sich an Tabellen halten. Die Sachen stehen nah aneinander und greifen ineinander, beim Straßentheater sieht man oft physisches Theater, während das physische Theater oft in die Straßen hinausgeht. Die Synthese und Symbiose dieser Theatergenres ist sehr stark. Für die gegenwärtigen Theaterschaffenden ist es am wichtigsten, ein vollwertiges, starkes Theaterstück zu zeigen. Daher sind wir da, um sowohl drinnen als auch draußen zu spielen.“
Der Festivaldirektor betont allerdings, dass es sich beim Straßentheater um wesentlich mehr handele, als etwa nur um einen Gaukler, der auf der Straße stehe und jongliere.„Das Straßentheater beansprucht einen ungeheueren Einsatz und unglaubliche Energie der Schauspieler und Performer, die es spielen. Denn man weiß nicht, was für Zuschauer zur Vorstellung kommen. Der Zuschauer kauft keine Eintrittskarte, oft ist er überhaupt nicht darauf vorbereitet, dass er Theater sehen wird, sondern er wird zufällig Zeuge einer Straßenvorstellung. Der Energieaustausch, der für das Theater dringend nötig ist, ist dabei ungeheuer stark. Es passieren völlig unerwartete Sachen.“
Am Festival nehmen Künstler aus elf Ländern teil, manche von ihnen stellen die Spitzen ihres Genres dar, wie etwa die britische Mimin Nola Rae, das polnische Teatr Kana oder das deutsche Ensemble Grotest Maru. Das Theaterfestival werde die Sommerlangweile aus Prag vertreiben, sind sich die Organisatoren sicher.