Historikerin Eva Hahn erhält Auszeichnung des tschechischen Senats

Alljährlich zeichnet der tschechische Senat Landsleute aus, Frauen, die im Ausland leben und Bedeutendes geleistet haben. Malerinnen, Forscherinnen, Frauen, die einen Großteil ihrer Zeit karitativen Tätigkeiten widmen. Eine der fünf „ausgezeichneten“ Frauen ist die in Deutschland lebende und arbeitende Historikerin Eva Hahn. Christian Rühmkorf hat sie getroffen.

Die junge Prager Studentin flüchtet 1968 nach Deutschland. Dort sowie in Großbritannien setzt sie ihr Geschichtsstudium fort. Seit ihrer Promotion an der London School of Economics beackert sie das weite, unebene Feld der deutsch-tschechischen Beziehungen. Eva Hahn war am Donnerstag eine von fünf Frauen, die vom Prager Senat ausgezeichnet wurden, und zwar als „Bedeutende tschechische Frau in der Welt 2009“, wie es offiziell heißt. Die Auszeichnung kam unerwartet:

„Das war eine sehr große Überraschung. Denn meine Erfahrungen, meine beruflichen Erfahrungen haben mir zwar eine fristlose Kündigung, viel Kritik, viel Sympathien gebracht, aber noch nie eine staatliche Auszeichnung.“

Die fristlose Kündigung ereilte Eva Hahn 1999 als langjährige Mitarbeiterin des Münchner Collegium Carolinum, der Forschungsstelle für die böhmischen Länder. Es war ein zu heißes Eisen für viele, als sie nachfragte, nachforschte: Und zwar wie tief die personellen und gedanklichen Wurzeln ihres wissenschaftlichen Umfeldes in die nationalsozialistische Zeit hineinragen.

Historikerin Eva Hahn
Heute ist Eva Hahn als freie unabhängige Historikerin tätig und lebt in Norddeutschland. Auf der politisch-medialen Ebene gäben die deutsch-tschechischen Beziehungen heute kaum noch Anlass zur Klage, meint sie.

„Ich denke seit der deutsch-tschechischen Regierungserklärung 1997 und seit dem die Europäische Union die berühmten Beneš-Dekrete als für Europa unschädlich erklärt hat, sind sie ruhig geworden. In den deutschen Medien zumindest taucht das Thema kaum noch auf und in Tschechien auch nicht. Die Außenminister pflegen zu behaupten, dass die Beziehungen in Ordnung sind. Also, ich habe überhaupt keinen Grund zur Unzufriedenheit.“

Keinen Grund zur Unzufriedenheit hat sie auch deshalb, weil dennoch genug zu tun bleibt. Das Bild, das man vom jeweils anderen hat, zumal wenn es sich über eine lange und konfliktreiche Zeit gefestigt hat, dieses Bild ist nicht von heut´ auf morgen auszuwischen. Das merkt Eva Hahn bei jedem neuen Artikel, den sie veröffentlicht.

„Ich gebe zu, dass es vielen Kommentatoren in Deutschland nicht sehr passt, was ich schreibe. Und vielen Kommentatoren und Historikern in Tschechien passt es auch nicht, was ich schreibe. Und deswegen freue ich mich. Ich habe nie mit einer Auszeichnung gerechnet und – es tut doch gut ein bisschen Anerkennung für eine lebenslange Bemühung um anständige historische Arbeit zu bekommen.“

Einer Arbeit, der Eva Hahn gemeinsam mit ihrem Mann, dem Osteuropa-Historiker Hans Henning Hahn, auch nach Jahrzehnten immer noch mit Freude und Energie nachgeht. Eine Arbeit, die getragen ist von der Überzeugung, dass es keine Nationalitätenkonflikte gibt, sondern allenfalls „machtpolitische Interessen, die mit ethnischer Rhetorik verschleiert werden“.