Hörerforum

Ahoi und herzlich willkommen zum Hörerforum von Radio Prag. Auch heute wollen wir wieder ein wenig in der Postmappe blättern und uns mit Ihren Zuschriften befassen. Am Mikrofon begrüßen Sie dazu Silja Schultheis und Lothar Martin.

"Die Geschichte lässt sich allerdings nicht zurückdrehen." Diesen Satz schrieb uns Herr Ulrich Stühmke aus Essen im Zusammenhang mit jener Thematik, die in den letzten Tagen und Wochen auch hierzulande wieder mehr in den Blickpunkt geraten ist: die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Sudetendeutschen. "Leider sind in diesem Zusammenhang auch immer wieder unangenehme Töne zu hören. Es sollten eigentlich immer positive Lehren aus der Geschichte gezogen werden," setzt Herr Stühmke seine Gedanken fort.

Ähnliche Gedanken bewegten wohl auch weitere unserer Zuhörer, die sich mit der Vergangenheitsbewältigung beschäftigten. So schrieb uns zum Beispiel Herr Bernd Bickelhaupt aus Seeheim-Jugenheim am 14. März zu einer von Radio Prag ausgestrahlten Sendung folgende Zeilen: "Nachdem gestern noch Ministerpräsident Milos Zeman bekräftigte, dass die Benes-Dekrete nach wie vor gültig sind, hörte ich in der heutigen Nachrichten-Sendung von einer Gedenkstätte, die für 23 erschossene Deutsche errichtet werden soll. Ich hatte schon öfters den Eindruck, dass örtliche Behörden und Organisationen in der Art und Weise, wie sie mit den dunklen Seiten der Geschichte umgehen, den höheren Rängen im Staat vorauseilen. Wissen Sie, was mich wirklich daran beeindruckt ist, dass das Ganze ´von unten´ kommt, möglicherweise sogar von den Kindern und Enkel der Täter."

Soweit Herr Bickelhaupt zur Absicht der Stadtverwaltung von Teplice nad Metují/Wekelsdorf, in ihrem Ort eine Gedenkstätte für unschuldig umgebrachte deutsche Kinder und Frauen zu errichten.

Dass das Zusammenleben der Tschechen und Sudetendeutschen, welches durch die Aussiedlung, aber auch durch die so genannte Wilde Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg jäh beendet wurde, jedoch schon früher zerrüttet wurde, darauf verweisen andere Zuhörer in ihren Briefen an die Redaktion. Wie Herr Jan Havel aus Globasnitz in Kärnten, der uns mitteilte: "Ich schreibe Ihnen heute, weil es mich immer ärgert, wenn man für die Sudetendeutschen ständig von einem Entschädigungsanspruch spricht! Man vergisst bei uns zu sagen, dass sie im Mai 1938 bei den letzten freien Wahlen in der damaligen CSR zu 95 Prozent die Henleinpartei wählten, also indirekt für den Anschluss an Hitlerdeutschland stimmten!"

In die gleiche Kerbe schlägt Herr Manfred Czaika aus St. Egidien, der uns u.a. schrieb: "Diese Typen wollen heute von ihren damaligen ´Sieg-Heil-Rufen´ nichts mehr wissen. Das es auch immer Unschuldige dabei mittrifft, ist wohl kaum zu vermeiden."

Leider war und ist das oft der Fall. Aber mit der letzten Aussage sind wir an einem Punkt angelangt, der eigentlich die heutige, die neue Diskussion über die traurigen Kapitel des Zusammenlebens zwischen Tschechen und Sudetendeutschen prägen sollte. Wir meinen die genauere Differenzierung zwischen Tätern und Opfern, zwischen Verblendeten und Mitläufern, zwischen Hurra-Schreiern und Duckmäusern. In diesem Zusammenhang wird oft ins Spiel gebracht, dass man den Begriff der "Kollektivschuld" als solchen nicht so ohne weiteres anwenden könne. Dies zu klären, alle Irrungen und Wirrungen der damaligen Zeit in sachlicher Form auf den Tisch zu bringen und die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen, das muss jedoch die Aufgabe aller sein. Radio Prag kann diesbezüglich nur einen Beitrag leisten. Dass dies von unseren Hörern mithin auch so wahrgenommen wird, bewies uns nicht zuletzt die Zuschrift unseres Hörers Jürgen Kückelhaus aus Mettmann, der uns zu unserer Sendereihe "Kapitel aus der tschechischen Geschichte", die wir am 16. März ausgestrahlt haben, per e-mail wissen ließ: "Den Bericht zur Lage der Sudetendeutschen empfand ich als objektiv, weil er zwischen den Sudetendeutschen als Volksgruppe und der Rolle der Sudetendeutschen Partei differenzierte. Die sich daraus ergebenden Probleme des Zusammenlebens wurden deutlich dargestellt."

Soweit Herr Kückelhaus und soweit für heute unsere Hörermeinungen zur Auseinandersetzung mit einem Kapitel des Zusammenlebens zwischen Tschechen und Sudetendeutschen. Dass das Zusammenleben zwischen einer Bevölkerungsmehrheit und einer ethnischen Minderheit auch heutzutage in Mitteleuropa gut funktionieren kann, darüber berichten wir gleich.


"Nach dem jahrelangen Hören Ihres Programms möchte ich mich auch einmal zu Wort melden." Diese Zeilen schrieb uns unlängst Herr Wolf-Lutz Kabisch aus Malschwitz in der Oberlausitz. Wie uns Herr Kabisch mitteilte, liegt sein Wohnort im östlichen Teil des Kreises Bautzen, in dem er sich nun, nach 41-jähriger Tätigkeit als Lehrer, zur Ruhe gesetzt habe. Unsere Sendungen höre er, so Herr Kabisch, nicht nur wegen des Programms voller umfassender Informationen, sondern nicht zuletzt wegen der traditionell guten Nachbarschaft, der gemeinsamen Geschichte und der gewachsenen Verbindung der Sorben mit den slawischen Nachbarn. Und das über Generationen!

Um dies gewissermaßen zu dokumentieren, hat uns Herr Kabisch wie folgt informiert: "Meine Stadt Bautzen feiert dieses Jahr ihr 1000-jähriges Bestehen. Lange Zeit ab 1076 gehörte sie mehr oder weniger stetig zu Böhmen: Kaiser Karl IV. billigte 1346 den Sechs-Städte-Bund, erteilte 1372 das Braurecht, Václav privilegierte 1391 die Stadt, weilte 1408 hier. Das Bautzener Wappen ist im großen Rittersaal auf dem Prager Hradschin zu finden. - Das Zusammenleben von Deutschen und Sorben bzw. Wenden, von Protestanten und Katholiken gibt in der Lausitz keine Probleme auf. Im Dom St. Petri werden seit 1530 für beide Konfessionen Gottesdienste gehalten. Dieser Bautzener Dom ist eine der weniger Simultankirchen. Zweisprachige Orts- und Straßenschilder sind in vielen Orten der Region zu finden."

Schön zu hören, wenn in einer Euro-Region zumindest eine Zweisprachigkeit gepflegt wird. Dass in dem weiter zusammenwachsenden Europa vor allem dem Erlernen und Anwenden von Sprachen eine immer größere Bedeutung zukommt, das bewies uns auch die Zuschrift unseres Hörers Fritz Andorf aus Meckenheim. Zu einer von Radio Prag jüngst ausgestrahlten Sendung aus der Reihe "Euro-Domino" schrieb uns Herr Andorf: "So fand ich die Sprachenfrage in ´Euro-Domino´ im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung sehr interessant. Der Personalkörper der EU-Institutionen wird natürlich mit der höheren Zahl von Sprachen weiter zunehmen, was aber wohl nicht zu ändern sein wird."

Apropos Sprachen. Auch der kleine Sprachkurs, der von Radio Prag wiederholt ausgestrahlt wurde, erfreute sich guter Resonanz. Auf eine entsprechende Höreranfrage sprachen wir mit der Autorin, unserer freien Mitarbeiterin Katrin Bock, darüber, ob eventuell nicht einige Fortsetzungen dieses Kurses geplant seien. Dazu erwiderte Katrin Bock: