Hörerforum

Ahoi und herzlich willkommen zum Hörerforum von Radio Prag. Auch heute wollen wir wieder ein wenig in der Postmappe blättern und uns mit Ihren Zuschriften befassen. Am Mikrofon begrüßen Sie dazu Jitka Mládková und Lothar Martin.

Wer sich nicht mit seiner Vergangenheit auseinander zu setzen versteht, hat keine Zukunft! So oder ähnlich haben schon oft historische und zeitgenössische Persönlichkeiten angemahnt, vergangenes Tun nicht unter den Tisch zu kehren, sondern sich kritisch, insbesondere aber sachlich damit zu befassen, wenn es für die Gegenwartsgestaltung oder die Zukunftsplanung erforderlich sein sollte. Das hat spezifisch für die schrecklichen Geschehnisse, die sich im Zweiten Weltkrieg und in den Jahren unmittelbar danach ereignet haben, seine Gültigkeit.

Wie tief die Wunden, schon über 50 Jahre danach, mithin immer noch sitzen, hat das diesjährige Pfingstwochenende leider wieder aufgezeigt. In Nürnberg begingen die Mitglieder der Sudetendeutschen Landsmannschaft und deren Gäste den schon traditionellen so genannten Sudetendeutschen Tag. Diesem Treffen war aber diesmal so wie schon lange nicht mehr eine gehörige Portion Brisanz beschieden. Und es verlief dann auch nicht ohne kleinere Zwischenfälle. So schrieb uns Herr Martin Brosche aus Schwäbisch Gmünd dazu folgendes: "Es ist schade, dass es an Pfingsten in Nürnberg wieder Unstimmigkeiten gab. Wie man im Fernsehen sah, wurde unser Innenminister Schily von älteren Leuten ausgepfiffen wegen der einstigen Benes-Dekrete. Was sollen da die jüngeren Menschen denken?"

Und da sind sie schon wieder, die Dekrete des ehemaligen tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Benes, auf deren Grundlage das damalige, allerdings schon zerrüttete Zusammenleben zwischen Tschechen, Slowaken und Sudetendeutschen in der einstigen Tschechoslowakei eine einschneidende Zäsur erfahren sollte. Unser Stammhörer Engelbert Borkner aus Hildesheim hat diesen Begriff, der allmählich sein Nervenkostüm bereits überstrapaziert, bereits zum Unwort des Jahres 2002 vorgeschlagen. Ein Vorschlag, auf den wir zu gegebener Zeit sicher noch einmal zurückkommen werden. Zudem schrieb uns Herr Borkner auch seine Meinung zum schon erwähnten Sudetendeutschen Tag: "Da beschließt der Vorsitzende der tschechischen Bischofskonferenz am ´Tag der Sudetendeutschen´ in Nürnberg teilzunehmen. Er wird dafür aber aus bestimmten Kreisen in Tschechien mit sehr üblen Worten beschimpft. Sicherlich fährt dieser hohe Würdenträger der tschechischen katholischen Kirche nicht nach Nürnberg, um den dort anwesenden ehemaligen Sudetendeutschen den Rücken zu stärken und zum Angriff auf Tschechien zu blasen. Er versucht vernünftigerweise die Hand zur Versöhnung auszustrecken und das finde ich gut so."

Gar eine von den tschechischen Politikern im Zusammenhang mit der leidvollen Vergangenheit der Kriegs- und Nachkriegszeit geäußerte Deutschfeindlichkeit will unser Hörer Georg Dürbeck herausgehört haben, der uns dazu per E-Mail seine an die tschechischen Bürger gerichtete Botschaft zukommen ließ: "Habt Ihr nicht vergessen, wie wir bei der Niederschlagung des Prager Frühlings mit Euch gelitten haben, mit welch offenen Armen wir Eure Flüchtlinge in unserer Mitte aufgenommen und ihnen zu einer menschenwürdigen Existenz verholfen haben. Hätten wir damals nicht auch die schlechten Erfahrungen der Sudetendeutschen zwischen den beiden Weltkriegen und nach dem Zweiten Weltkrieg als Grund heranziehen können, die Hilfe zu verweigern. Vielleicht sind die Deutschen gar nicht so schlecht, wie Ihr sie hinstellt. Nur finde ich, dass Eure Politiker den Deutschenhass ein bisschen überzogen haben."

Eine sicher sehr brisante Meinung unseres Hörers Georg Dürbeck aus Deutschland, der man sich nicht so ohne weiteres entziehen kann. Allerdings ebenso wenig seinen Schlussfolgerungen, nach denen man auf die Tschechen in der EU momentan verzichten könne. Zu dieser Meinung dürften ihn allerdings die ebenso wenig diplomatischen Aussagen des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, die dieser in Nürnberg machte, zumindest bestärkt haben. Wie Herr Borkner findet, "gibt es für bestimmte politische Kreise in Deutschland doch gar kein besseres Wahlkampfthema, um damit auf Stimmenfang zu gehen, allen voran ein gewisser Herr Stoiber".

Herr Hans Söring aus Ramsdorf wiederum geht die Thematik um Tschechiens EU-Beitritt weitaus differenzierter an. Er wünscht den Tschechen eine herzliche Aufnahme in der Union, allerdings ohne deren Ministerpräsidenten Milos Zeman. Herrn Söring nach werde Zeman mit seinen Aussagen "nicht nur in Deutschland auf Granit beißen" und "Großmäuler wie er wären in der EU einfach unerwünscht". Nun gut, in der Politik wird leider auch hin und wieder "die Keule ausgepackt" und manchmal schwappen die Emotionen über. Klar aber ist: Milos Zeman kandidiert bei den bevorstehenden Wahlen nicht mehr für das Amt des Premiers und will sich seinen eigenen Worten zufolge ganz aus der Politik zurückziehen. Warten wir also mal ab, welch ein sprachlicher Ton an der Spitze der politischen Szene in Tschechien nach den Wahlen herrschen wird.


Wie wir eingangs unserer Sendung formulierten, sollte man sich hin und wieder mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Dies tun wir 14-tägig in unserer Reihe "Kapitel aus der tschechischen Geschichte", die sich bei unseren Hörern größerer Beliebtheit erfreut. So schrieb uns Peter Vaegler aus Altenpleen in seiner Mail vom 26. Mai u.a. folgendes: "Es war sehr interessant, etwas über das Jahr 1992 zu erfahren. Obwohl diese Zeit noch gar nicht so lange zurückliegt, waren mir viele Ereignisse nicht bekannt. Das liegt vielleicht daran, dass man auch hier in Deutschland zu dieser Zeit noch viele eigene Probleme mit der Wiedervereinigung hatte."

Zu einem anderen Geschichtskapitel, das wir zwei Wochen davor ausgestrahlt haben, äußerten sich gleich zwei unserer Hörer. Herr Fritz Andorf aus Meckenheim ließ uns wissen: "Im heutigen Geschichtskapitel fand ich den Beitrag über die Befreiung Prags 1945 mit den vielen Original-Tondokumenten, vor allem über die erst jetzt herausgestellte Rolle der Wlassow-Armee hoch interessant. Da haben sich ja die Amerikaner mit der Auslieferung dieser Leute an die Sowjetunion ein unrühmliches Zeugnis ausgestellt."

Und Herr Jürgen Kückelhaus aus Mettmann schrieb uns zum selben Thema: "Die Schilderung der Befreiung Prags im Mai 45 hat mich an den Roman ´Sternstunde der Mörder´ von Pavel Kohout erinnert. Im Schlussteil ist die Befreiung Teil der Handlung. Ich kann mich allerdings nicht genau erinnern, ob die Detailtreue im Roman so weit geht, dass auch die Befreiungsarmee von General Wlassow Erwähnung findet."

Zum Abschluss unserer heutigen Sendung verlesen wir noch zwei Hörerzuschriften zur Empfangbarkeit unseres Programms. Herr Fritz Walter aus Bernburg (Saale) mailte uns zum Beispiel diese: "Ich habe mich gefreut, mal wieder Radio Prag auf der Mittelwelle empfangen zu können. Die Frequenz 1286 kHz war ja in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, und ich höre Ihre Station ja schon mit Unterbrechungen seit 1970, eine Startfrequenz für Sendungen aus Ihrem Land. Leider ist zur Mittagszeit der Empfang hier in Mitteldeutschland nicht sehr gut".

Nun ja, die Mittelwellenfrequenzen 1071, 1233 und 1287 kHz haben wir seit Anfang Mai zur zusätzlichen Ausstrahlung eines deutschsprachigen Programms für das Inland, das täglich um 12 Uhr gesendet wird, erhalten. Falls man es auch in Mitteldeutschland empfangen kann, um so schöner, aber halt, wie erwähnt, wohl nicht in der entsprechenden Qualität.

Herr Peter Boeck aus Offenbach wiederum hat ein anderes Problem. Er kann uns nur am späten Nachmittag hören. Zu seiner Frage, ob wir unsere halbstündige Sendung nicht auch zwischen 17 und 20 Uhr MEZ ausstrahlen könnten, hier die positive Antwort: Natürlich, und dass schon seit gut einem Jahr. Täglich um 18.30 Uhr wiederholen wir nämlich unsere 17-Uhr-Sendung auf der KW-Frequenz 5990 kHz im 49-Meter-Band.

Und mit diesem Hinweis verabschieden wir uns für heute vom Mikrophon - Jitka Mládková und Lothar Martin.