Holocaust-Schriftsteller Arnošt Lustig ist gestorben

Arnošt Lustig (Foto: ČTK)

Der tschechische Schriftsteller Arnošt Lustig ist am vergangenen Samstag im Alter von 84 an Leukämie gestorben. Er ist vor allem als Autor von Büchern über den Holocaust bekannt, den er selbst erleben musste. Markéta Kachlíková mit einem Nachruf auf Arnošt Lustig.

Arnošt Lustig  (Foto: ČTK)
Die eigenen Erfahrungen mit Krieg und Holocaust – sie prägten das Leben und literarische Schaffen von Arnošt Lustig. In seinen Werken, aber auch in seinen Erinnerungen kehrte er dazu immer wieder zurück.

„Die Lager, die in Gedenkstätten umgestaltet werden, haben sowohl die Vorteile als auch die Nachteile einer Gedenkstätte. Einen Menschen, der im Lager gewesen war und es im Gedächtnis hat, interessiert nicht nur das, was es dort gibt, sondern auch das, was es dort nicht gibt. Ich habe etwa unserem Sohn Pepíček Auschwitz gezeigt. Und er sagte, er habe mich noch nie so wütend gesehen. Ich war wirklich wütend, weil dort Stille war. Es sah dort wie ein Friedhof aus. Ich aber habe in meinem Gedächtnis, wie die Menschen dort angebrüllt wurden, während sie mit Knüppeln aus den Waggons gejagt wurden.“

KZ Auschwitz
Arnošt Lustig brachte in die tschechische Literatur den schlichten, asketischen Erzählstil, in dem das innere Geschehen der Figuren und ihre Psychologie wesentlich waren. Die Schwachen – Kinder, junge Frauen und Alte –, die in Extremsituationen geraten, wo es um Leben und Tod geht, sind die Helden seiner Geschichten. Der Autor schildert und dokumentiert nicht, er lässt seine Figuren erleben und durchleben.

Arnošt Lustig ist 1926 in einer Familie assimilierter Juden in Prag geboren. Als Fünfzehnjähriger kam er ins KZ Theresienstadt, später nach Auschwitz, wo sein Vater und viele weitere Verwandte ermordet wurden. Es folgten Buchenwald und ein Transport nach Dachau. Dabei gelang ihm die Flucht. Nach dem Krieg arbeitete er als Journalist für Zeitung und Rundfunk, 1948 und 1949 als Kriegsreporter in Israel. In den 50er Jahren schrieb er seine ersten Erzählbände („Nacht und Hoffnung“, „Diamanten der Nacht“), die zusammen mit einigen Novellen aus den 60er Jahren, wie „Ein Gebet für Katharina Horowitzová“ oder „Dita Saxová“, als Höhepunkte des Werks von Lustig gelten. Als Drehbuchautor bereitete er Verfilmungen einiger seiner Werke selbst vor. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 blieb er mit der Familie im Exil, hauptsächlich in den USA, wo er Professor für Literatur und Film an der American University in Washington war. Nach der Wende in der Tschechoslowakei 1989 lebte er zunächst zeitweise und später auch endgültig in Prag. Arnošt Lustig war mehrmals für den Literatur-Nobelpreis im Gespräch. Vor drei Jahren erhielt er in Prag den Franz-Kafka-Literaturpreis.

Aus dem Film „Diamanten der Nacht“
Kurz vor seinem Tod hat der Holocaust-Überlebende gegenüber dem Tschechischen Rundfunk seine Sicht auf heutige Rechtsextremisten erklärt:

„Wenn es möglich wäre, würde ich sie für einen Tag nach Auschwitz einladen, wo die Nazis zehntausende unschuldige Menschen nur deswegen getötet haben, weil sie von bestimmten Müttern und Vätern geboren worden sind. Nach der Ausrottung der Juden planten die Nazis die Ausrottung des tschechischen Volkes. Diese Neonazis wären also überhaupt nicht geboren, weil ihre Eltern ermordet worden wären. Dies möchte ich ihnen gerne sagen.“