Jan Fuchs: Deutsche zerschossen uns die Wohnung. Ein deutscher Arzt rettete meine Mutter

Jan Fuchs
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Nicht nur im Zentrum wüteten während des Prager Aufstands gegen die deutschen Besatzer im Mai 1945 die Kämpfe. Auch der südliche Stadtteil Pankrác war Schauplatz erbitterter Gefechte. Der Rundfunkregisseur Jan Fuchs war damals fünfzehn und wohnte in Pankrác. Für Radio Prag erinnert er sich:

"Ich weiß bis jetzt nicht, was ich darüber denken soll oder kann. Zuerst kam große Euphorie auf. Am Anfang der Revolution hat man von den Läden und von verschiedenen Tafeln die deutschen Aufschriften weggerissen. Es blieben nur die tschechischen, oder es wurden provisorisch tschechische geschrieben. Das war am Samstagnachmittag. Ich kam nach Hause, wir wohnten im Süden Prags. Die Nacht war mit viel Freude verbunden. Irgendwo haben wir einen Schnaps gefunden. Wir waren glücklich, dass wir wieder frei sind und dass der Krieg zu Ende ist.

Aber Prag war noch nicht in tschechischen Händen. Dafür musste man noch etwas machen, dafür musste man noch kämpfen. Wir haben uns drauf verlassen, dass die Armee von General Wlassow kommt, die zuerst bei den Deutschen war, sich dann aber von den Deutschen isoliert hat, einen Schritt gemacht hat hin zu einer Welt ohne Nazis. Am frühen morgen hat

General Wlassow
dann - ich glaube mein Vater - gesagt: "Die Wlassow -Armee ist da!" Wir gingen alle zum Fenster. Die Mutter, die Großmutter, der Vater und ich. Da kam ein deutscher Militärverband mit Panzern. Als uns die Soldaten am Fenster gesehen haben, da dachten sie: Widerstand! Sie fingen an, zu schießen und zerschossen uns die Wohnung. Meine Mutter war schwer verletzt, ich leicht. Es war schlimm, ich musste irgendwo Hilfe suchen. Nur waren die meisten Leute in Kellerräumen versteckt. Wer nicht gerade auf den Barrikaden oder bewaffnet war, der musste sich verstecken. Und dort habe ich dann einen deutschen Arzt gefunden, der meiner Mutter geholfen hat."

Ein längeres Gespräch mit Jan Fuchs können Sie in einer der nächsten Ausgaben unserer Sendereihe "Heute am Mikrophon" hören.