Jenseits des institutionalisierten Jugenddialogs: das neue deutsch-tschechische Magazin bla.cz

"Warum ein Printmedium? Einfach, weil es ein Printmedium bisher nicht gibt - ein Printmedium, das sich speziell auf Jugendliche und junge Erwachsene konzentriert und die einfach selber machen lässt."

Georg Pirker ist Mitinitiator und Redakteur des neuen deutsch-tschechischen Jugendmagazins bla.cz, dessen erste Ausgabe jetzt mit Unterstützung des Goethe-Instituts erschienen ist. Vorangegangen war im vergangenen Frühsommer ein Workshop im Prager Goethe-Institut, auf dem die Idee eines neuen Jugendmagazins konkrete Formen angenommen und sich die Redaktion zusammengefunden hat: tschechische und deutsche Schüler und Studenten zwischen 18 und 35 Jahren, die seitdem ehrenamtlich an der Umsetzung des Projekts arbeiten. Eines Projekts, das sich bewusst auch als Alternative zur bisherigen Form des tschechisch-deutschen Jugenddialogs versteht:

"Dieser Dialog findet häufig halt nur sehr institutionalisiert statt - in Form von festen Gesprächskreisen usw., die sich dann zwar mit wichtigen Themen beschäftigen, aber doch für viele Jugendliche, die einfach eher etwas machen wollen, etwas erleben wollen, kreativ sein wollen, ein bisschen verschlossen sind, weil die zu hohe Hürden haben, um überhaupt hereinzukommen. Das eine ist, dass man ein Angebot macht und sagt, wir machen einen Gesprächskreis, Seminar zu dem und dem Thema. Und das andere ist, dass man sagt, man lässt mal selbst die Jugendlichen ihre Interessen definieren und einbringen. Und ich glaub, was man feststellen kann, ist, dass das erstere seit einer Weile stagniert bzw. ziemlich rückläufig ist."

In Form und Inhalt legt sich die Zeitschrift nicht auf eine Richtung fest. Das Themenspektrum der Beiträge reicht von Reiseberichten deutscher Skabands in Tschechien über Buchrezensionen und Interviews mit Vertretern der Prager Subkultur sowie mit der renommierten deutschsprachigen Prager Schriftstellerin Lenka Reinerova. Für die nächste Ausgabe ist ein Gespräch mit Schlagersänger Karel Gott angekündigt. Georg Pirker:

"Es ist bewusst breit gehalten, es ist bewusst so gehalten, dass Leute mit Ideen kommen können. Der Inhalt ist vor allem, junge Leute erst mal machen lassen und ihnen nicht vorzuschreiben, was sie zu interessieren hat. Es geht einfach darum, eine Art Forum anzubieten. Und mal gucken, wer sich da woanders noch für interessiert, was andere damit anfangen können, wenn die das lesen, ob die auch Ideen kriegen oder ob es abgelehnt wird. Das ist einfach mal so ein Testballon."

Georg Pirker  (Foto: Daniel Satra)
Die 2000 Exemplare der ersten Ausgabe von bla.cz, die über das Prager Goethe-Institut vertrieben wurde, waren innerhalb von weniger als einer Woche vergriffen. Feedback gab es jedoch nicht nur aus den Reihen der Leser:

"Es gibt Leute, die schreiben wollen, die melden sich immer wieder - auch neue - per email und sagen, sie wollen gerne mitmachen. Und wir müssen jetzt einfach die Form finden, wie wir das weiter am Laufen halten können. Das ganze Konzept sieht eigentlich so aus, dass für jede Ausgabe neue Graphiker gewonnen werden. Das sind Leute, die in Prag an Graphikschulen studieren - es gibt auch einige Anfragen von jungen Graphikern aus Deutschland -, die die Möglichkeit haben, wirklich eine Ausgabe von vorne bis hinten durchzugestalten. Das Interessante ist momentan, dass das Ganze sehr experimentell läuft, die Ausgaben können alle unterschiedlich sein. Und irgendwann wird man sich auf einen Weg geeinigt haben und sagen, das machen wir jetzt so und so bleibt's."

Bla.cz richtet sich vor allem an Schüler und Studenten in Tschechien und Deutschland, die die jeweils andere Sprache lernen. Entsprechend ist das Magazin zweisprachig gestaltet. Allerdings nicht konsequent - und dies ganz bewusst. Georg Pirker:

"Wir haben uns dafür einfach damals in der Gruppe entschieden, weil wir uns gesagt haben, wenn wir einen Artikel immer komplett zweisprachig anbieten, dann läuft das darauf hinaus, dass man den Artikel immer nur in der Sprache liest, die man ohnehin spricht. Und so haben wir gesagt, wir machen eine Zusammenfassung, die eine Art appetizer ist, die einen dazu anregen soll, sich mit der anderen Sprache - egal, wie gut man sie spricht - zu beschäftigen und das in der anderen Sprache durchzulesen."

Die Zukunft von bla.cz, vor allem die Finanzierung des Magazins ist bislang ungewiss und wird auch vom Durchhaltevermögen der Autoren abhängen. Nicht zufällig bezeichnet sich bla.cz als Magazin, das keine Ruhe lässt:

"Das ist vielleicht ein bisschen eine Beschreibung der Situation, in der die Leute stecken, die einmal bei bla angefangen und mitgemacht haben, weil die irgendwie davon gefangen worden sind und sehr enthusiastisch dabei sind. Und mein Part dabei ist es eigentlich, die Leute am Laufen zu halten und zu gucken, wie man dieses Engagement noch weiter fördern kann."

Wenn Sie neugierig geworden sind und die Webseite bla.cz im Internet aufrufen, werden Sie überrascht sein: denn Sie stoßen nicht auf die Homepage des Jugendmagazins, sondern auf die einer Prager Elektronikfirma. Ein etwas unglücklich gewählter Name für das Jugendmagazin vielleicht, aber kein echtes Handycap, meint Georg Pirker:

"Die nächste Ausgabe kann auch anders heißen, es gibt da niemanden, der sagt, das muss so sein. Die power ist wirklich eher darin, dass alles komplett entschieden wird von den Leuten. Man könnte das in gewissem Sinne als basisdemokratisch bezeichnen."

Silja Schultheis im Gespräch mit Georg Pirker, Redakteur und Mitinitiator des neuen tschechisch-deutschen Jugendmagazins bla.cz.