Karlsbader Oblaten: Tschechien erfreut über EU-Ausschuss-Votum – Posselt sieht noch Spielraum

Die Tschechische Republik hat einiges zu bieten. Neben Weltklasse-Eishockey, sehr guten Autos und berühmten Spitzenbieren wären auch jede Menge Spezialitäten zu nennen. Bei fast 30 dieser Spezialitäten hat sich Tschechien schon die Herkunftsbezeichnung durch die Europäische Kommission schützen lassen. Am vergangenen Donnerstag wurde gemeldet, dass nun auch eine süße Spezialität aus dem Bäderdreieck, die Karlsbader Oblaten, den Zusatz „Geschützte geografische Angabe“ tragen darf. Nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren sei diese Bezeichnung ausschließlich dem feinen Waffelgebäck aus der Kurstadt vorbehalten, glauben nun die Tschechen. In Süddeutschland aber denkt man darüber ganz anders.

Die Karlsbader Oblaten und ihre dreieckige Variante „trojhránky“ seien eine traditionelle tschechische Marke. Nach fast acht Jahren habe die Europäische Kommission jetzt dem Produkt den Schutz der Herkunftsbezeichnung zuerkannt und dabei die Proteste der deutschen und österreichischen Konditoren überstimmt. So berichtete das Tschechische Fernsehen (ČT) am letzten Donnerstag über die Vorgänge in Brüssel. Verständlich, dass sich eine Oblatenverkäuferin aus Karlsbad über die Nachricht freute:

„Jetzt kann ich endlich ruhigen Herzens etwas Typisches aus Karlsbad verkaufen“, sagte die Verkäuferin.

Für den CSU-Europaabgeordneten und Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, stellt sich die Situation aber etwas anders dar:

„Zunächst einmal muss ich sagen, dass es keine Entscheidung der EU-Kommission ist, sondern die Entscheidung eines kleinen Beamtenausschusses, der aus nationalen Beamten der 27 Mitgliedsstaaten besteht. Mit seinem Votum vertritt der Ausschuss die Meinung, dass die tschechische Bezeichnung ´Karlovarské oplatky´ für die tschechischen Hersteller als regionale Herkunftszeichnung geschützt werden soll.“

Posselt bestätigte gegenüber Radio Prag, dass Deutschland und Österreich in diesem Ausschuss gegen den Beschluss gestimmt haben. Auf der anderen Seite sei das Brüsseler Votum keine endgültige Entscheidung und daher auch nicht offiziell mitgeteilt worden, erklärte Posselt:

„Mein Informationsstand ist ganz klar der, dass es hier von juristischer Seite noch sehr viel Spielraum gibt. Und zwar in der Hinsicht, dass die Bezeichnung Karlsbader Oblaten auf Deutsch nicht nur für einen Übergangszeitraum von fünf Jahren, sondern dauerhaft als Gattungsbezeichnung für eine traditionelle sudetendeutsche Spezialität bewahrt bleiben könnte.“

Karlsbader Oblaten aus Tschechien  (Foto: Archiv der Firma Karlovarské oplatky)
In Tschechien aber interpretiert man die Übergangszeit so, dass nach Ablauf der fünf Jahre nur noch Bäcker aus Karlsbad für ihre runden Waffeln die Bezeichnung „Karlovarské oplatky“ beziehungsweise Karlsbader Oblaten führen dürfen. Das wäre ein harter Schlag unter anderem für den Betrieb der Familie Wetzel, die heute im bayerischen Dillingen ihre Karlsbader Oblaten bäckt. Bernd Posselt erläutert, worin das grundsätzliche Problem der Brüsseler Politik seiner Ansicht nach besteht:

„Man kann doch nicht einfach Menschen aus der Heimat vertreiben und ihnen dann 65 Jahre später auch noch ihre traditionellen Spezialitäten beziehungsweise die Bezeichnung dafür nehmen. Das Problem ist, dass das entsprechende Recht mit den geschützten Herkunftsbezeichnungen geschaffen wurde vor der Ost-Erweiterung, als solche Fälle überhaupt nicht anstanden. Derzeit sind wir jedoch gerade dabei, die gesamte Gesetzgebung auf diesem Gebiet zu novellieren.“

Karlsbader Oblaten von Wetzel  (Foto: Firmenarchiv)
Bekannt ist allerdings nicht, ob die europäischen Abgeordneten bei der Novellierung der Gesetze auch noch über die originale Rezeptur jeder Spezialität streiten werden. Sollte das aber wider Erwarten der Fall sein, dann würde auch der Zwist um die Karlsbader Oblaten noch etwas verzwickter, bemerkt Posselt:

„Es wird gesagt, Oblaten müssten Karlsbader Wasser und sogar Karlsbader Salz enthalten. Als ich das der alten Frau Wetzel, die die Rezepte bei der Vertreibung mit sich genommen hat, erzählt habe, da hat sie wirklich aufgelacht. Sie hat mir daraufhin entgegnet: Kein Mensch hat jemals Oblaten mit Wasser gebacken.“