Kladno: Eisenklau mit Todesfolge

Eingestürzte Halle in Kladno (Foto: CTK)
0:00
/
0:00

Am Samstag ist im nördlich von Prag gelegenen Kladno eine ungenutzte Halle auf dem Areal der ehemaligen Stahlverhüttung "Poldi" eingestürzt. Die Halle geriet ins Wanken, weil ihr die tragenden Säulen fehlten. Die hatten Eisensammler nicht gesammelt, sondern regelrecht herausgeschnitten, um sie zu Geld zu machen. Dabei gab es Tote und Verletzte. Christian Rühmkorf berichtet.

Eingestürzte Halle in Kladno  (Foto: CTK)
"Das muss augenblicklich abgerissen werden und zwar komplett. Das ist instabil!" Teile der alten Industriehalle in Kladno stehen nur noch, weil es für sie eine Ehrensache ist; so könnte man die weiteren Ausführungen des Statikers übersetzen. Wer die Halle betritt, der ist in Lebensgefahr. Am Samstag war sie zum Großteil eingestürzt, weil Eisensammler die tragenden Säulen entfernt hatten. Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen, fällt einem da nur ein. Und wer in einer alten Industriehalle steht, sollte nicht mit einer Flex die tragenden Eisensäulen herausschneiden.

Ausschlachten bis zum Einkrachen. Seit Jahren schon sind die Diebe des schweren Rohstoffs auf dem Areal Poldovka am Werk. Am Samstag haben das zwei von ihnen mit dem Leben bezahlt, drei weitere wurden schwer verletzt. Das Phänomen des Eisenklaus ist auch dem stellvertretenden Bürgermeister von Kladno, Miroslav Bernasek, bekannt.

"Die Schrottsammler - wenn ich das so sagen kann - konzentrieren sich sogar schon auf Firmengelände. Sie klauen entweder neues Material, das dort gelagert wird, oder sie versuchen direkt irgendwelche Teile von Hallen oder auch Zäunen zu demontieren und mitzunehmen."

Eingestürzte Halle in Kladno  (Foto: CTK)
Das Phänomen beobachten auch tagtäglich Mitarbeiter der Firmen, die auch dem Gelände tätig sind:

"Die Diebstähle finden hier jeden Tag statt."

"Die kommen dauernd hierher mit Handwagen voller Eisen"
,

sagen die Augenzeugen. Die Stadt Kladno und die Polizei stehen dem scheinbar machtlos gegenüber.

"Die Stadtpolizei ist personell eingeschränkt. Und wir können uns nicht nur auf diesen Teil der Stadt konzentrieren", sagt der stellvertretende Bürgermeister Bernasek. Laut Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" verdienen die Langfinger mit der Flex im Anschlag bis zu 2000 Kronen - ungefähr 70 Euro - am Tag. Hoch gerechnet auf eine Arbeitswoche von fünf Tagen - auch Diebe schätzen Ruhetage - kommt man summa summarum auf einen Monatsverdienst von gut 40.000 Kronen (rund 1400 Euro) - unversteuert versteht sich, das ist Ehrensache.

Vor ein paar Wochen hatten gerade Eisensammler russische Kriegsgräber in Prag von ihrer schweren Last befreit. Ein Problem für die russisch-tschechischen Beziehungen vielleicht, aber nichts, was man mit dem Leben bezahlt.