Koalition in Prag am Ende: Wird auch ein neuer Oberbürgermeister gesucht?

Bohuslav Svoboda (Foto: ČTK)

Die Koalition im Prager Magistrat ist auseinandergefallen. Die Partei Top 09 kündigte am Montag den Koalitionsvertrag mit der Demokratischen Bürgerpartei auf. Zu den Gründen dafür und zu den möglichen Entwicklungen im Prager Rathaus mehr im folgenden Beitrag.

Bohuslav Svoboda  (Foto: ČTK)
Die Prager Koalition aus der Partei Top 09 und der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) ist Ende 2011 entstanden. Damals misslang der Versuch eines Flügels innerhalb der ODS, Oberbürgermeister Bohuslav Svoboda zu stürzen. Svoboda und seine Anhänger gingen einen Pakt mit der konservativen Top 09 ein, dieser ersetzte die vorige Koalition zwischen Bürger- und Sozialdemokraten.

Doch auch die Arbeit der neuen Koalition wird schon seit längerem von Streitigkeiten begleitet. ODS und Top 09 waren gerade in letzter Zeit nicht in der Lage, sich über wichtige Fragen zu verständigen - zum Beispiel über die Finanzierung der Prager Verkehrsbetriebe. Die Top 09 wirft dem Koalitionspartner Passivität bei der Lösung der Probleme vor. Der stellvertretende Oberbürgermeister von Prag, Top-09-Spitzenpolitiker Tomáš Hudeček, fasst die Gründe für die Vertragskündigung zusammen:

Tomáš Hudeček  (Foto: ČTK)
„Die Top 09 hält die aktuelle finanzielle Lage Prags für problematisch. Aufgrund der Investitionen des vergangenen Stadtrats hat sich die Schere zwischen der Verschuldung Prags und der Fähigkeit, die Schulden zu tilgen, weiter geöffnet. Prag muss daher Investitionen tätigen, um der Stadt künftige Einnahmen zu sichern - zum Beispiel durch den Kauf der Prager Gaswerke und des Betriebs Prager Kommunaldienstleistungen. Zudem muss Prag den Magistrat konsequent reorganisieren und die Bürokratie reduzieren. Drittens müssen auch die Ausgaben des Magistrats selbst gesenkt werden. Ohne diese Maßnahmen sind wir zu keiner weiteren Zusammenarbeit bereit.“

Magistrat der Hauptstadt Prag  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Der Prager Oberbürgermeister, der Bürgerdemokrat Bohuslav Svoboda, zeigte sich am Montagabend von den Informationen über das Ende der Koalition sichtlich überrascht. Er habe darüber aus den Medien erfahren, sagte er.

„Ich verstehe die Lage so, dass die Top 09 nun die gesamte Macht ergreifen will. Die Partei will sich sichtlich hervortun, weil sie in der Gunst der Wähler an Boden verloren hat.“

Die Top 09 hatte schon früher angekündigt, dass sie eine Umverteilung der Posten im Magistrat der Hauptstadt erreichen will. Die Partei, die als Sieger aus der Wahl 2010 hervorgegangen ist, schlägt nun das Verhältnis von 7:4 Sitzen im Stadtrat vor. Das ist ein Sitz mehr zu ihren Gunsten als bisher. Sie will insbesondere das Verkehrs- und das Finanzressort sowie das Ressort für Eigentumsverwaltung leiten. Außerdem verlangt sie nun auch den Posten des Oberbürgermeisters. Im Gegenzug dafür bietet die Top 09 den Abschluss eines neuen Koalitionsvertrags an. Falls es zu keiner Einigung kommt, sind ein Minderheitskabinett der Top 09 beziehungsweise eine große Koalition von Top 09 und Sozialdemokraten im Gespräch. Die Verhandlungen über die Zukunft der Koalition haben am Dienstagvormittag begonnen.