Nach langen Verhandlungen: Koalition für Prag steht
Fast fünf Monate nach den Kommunalwahlen hat Prag eine neue Führung. Am Mittwoch wurde der neue Koalitionsvertrag unterzeichnet.
So lange hat es in der Geschichte der tschechischen Hauptstadt noch nie gedauert. Die Verhandlungen über eine Koalition in Prag zogen sich seit den Kommunalwahlen hin, die im September vergangenen Jahres stattfanden. Der Zusammenschluss „Spolu“ (Gemeinsam) aus Bürgerdemokraten, Top 09 und Christdemokraten erhält nun fünf Posten im elfköpfigen Magistrat, einschließlich des Oberbürgermeisteramtes. Die Piraten werden vier und die Bürgermeisterpartei Stan zwei Posten haben. Alexandra Udženija soll stellvertretende Oberbürgermeisterin von Prag werden. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks wies die Bürgerdemokratin die Befürchtungen zurück, dass es zu Streitigkeiten zwischen ihrer Partei und den Piraten kommen könnte – so, wie es in der vergangenen Legislaturperiode oft der Fall war, als die Bürgerdemokraten noch in der Opposition waren:
„Ich denke, dass wir alle erwachsene Leute und Berufspolitiker sind. Vorrang hat, für die Prager zu arbeiten und ihre Bedürfnisse zu berücksichtigen. Sämtliche persönlichen Animositäten müssen vergessen werden. Wir müssen an einem Strang ziehen, wenn der Stadtrat erfolgreich das Wahlprogramm erfüllen soll. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen.“
Für einen der wichtigsten Programmpunkte hält die Kommunalpolitikerin die Bauvorhaben im Verkehrsbereich:
„Es ist notwendig, den Stadtring schnell fertigzustellen. Ich persönlich soll für die Sozial- und Wohnungspolitik sowie für das Gesundheitsweisen verantwortlich sein. Damit befasse ich mich schon seit sieben Jahren als Bürgermeisterin des zweiten Prager Stadtbezirks. Ich will mich beispielsweise auf eine Modernisierung der Seniorenheime und die Hilfe für benachteiligte Bürger konzentrieren.“
Die Medien haben zuvor darauf aufmerksam gemacht, dass gleich mehrere der künftigen Stadträte parallel auch weitere Ämter bekleiden. Alexandra Udženija, die bislang Bezirksbürgermeisterin ist, ließ verlauten, sie werde von diesem Posten zurücktreten. Ihr Parteikollege Bohuslav Svoboda, der Oberbürgermeister von Prag werden soll, ist bisher sogar Abgeordneter, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses der unteren Parlamentskammer und Vorstandsmitglied der größten tschechischen Krankenversicherung VZP. Er wolle weiterhin Abgeordneter bleiben, auf höhere Posten im Parlament und bei der Krankenversicherung aber nun verzichten, so Svoboda:
„Ich werde vom Vorstand der Krankenversicherung VZP zurücktreten. Funktionen, die ich als Abgeordneter bekleide, werde ich meiner Fraktion zur Verfügung stellen.“
Der 79-jährige Svoboda hat bereits Erfahrungen mit dem Prager Oberbürgermeisteramt gemacht. Er übte es nämlich schon in den Jahren 2010 bis 2013 aus. Damals wurde Svoboda dafür kritisiert, dass er die Entstehung einer Großen Koalition mit den Sozialdemokraten in der Führung von Prag ermöglichte, obwohl er diese vor den Wahlen abgelehnt hatte.
Die neue Koalition hat in der 65-köpfigen Stadtverordnetenversammlung 36 Sitze. Die Opposition bilden die Partei Ano, die Gruppierung Praha Sobě und die Rechtsaußenpartei „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD).