Kommentare zum Abschlussbericht der EU-Kommission über die Beitrittsländer/ Vorstellung der tschechisch-slowakischen Zeitschrift "Dimenzie" (Dimensionen)

Dimenzie

In der heutigen Sendung wollen wir Ihnen eine slowakische Zeitschrift vorstellen, die seit einiger Zeit zweisprachig in tschechischer und slowakischer Sprache erscheint und damit ein Vorreiter auf diesem Gebiet ist. Wir sprachen mit dem verantwortlichen Chefredakteur für Tschechien in diesem Zusammenhang auch über die Schwierigkeiten, sich auf dem tschechischen Medienmarkt durchzusetzen.

Doch hören Sie zunächst zwei Kommentare zu dem Mitte der Woche veröffentlichten Abschlussbericht der EU-Kommission über die Beitrittskandidaten. Tschechien landete hier in der Gesamtbewertung gemeinsam mit Estland hinter Slowenien, Zypern und Litauen auf Platz 3. Die Zeitung Mlada fronta dnes befasst sich in diesem Zusammenhang mit den Hauptkritikpunkten der Kommission an Tschechien:

"Im Vordergrund des Berichtes stehen, was Tschechien betrifft, drei Probleme. Nicht deshalb, weil die übrigen verschwunden wären oder an Bedeutung verloren hätten. Korruption, Diskriminierung, Geldwäsche, schwierige Lebensbedingungen für die Roma, langsam funktionierende Gerichte - das alles wird es wohl noch lange geben. Die EU weiß jedoch, dass das keine Dinge sind, die sich bis zum tschechischen EU-Beitritt lösen lassen - im Gegensatz zur Sicherheit von Lebensmitteln, den Vorschriften für Berufsfahrer oder der Anerkennung von Diplomen. Diese letztgenannten Punkte, die Brüssel jetzt betonte, sehen aus wie unwichtige technische Details, können aber Auswirkungen auf das haben, was wir von der Union am meisten erwarten: auf die Möglichkeit, in der ganzen EU zu arbeiten und zu unternehmen."

Die Zeitung Lidove noviny hebt folgenden Aspekt hervor:

"Das Gutachten hat ähnlich wie die vorangegangenen gezeigt, dass wir auch 14 Jahre nach dem Kurswechsel von Ost nach West auf Probleme stoßen, die schon Vergangenheit sein sollten. Zugleich hat der Bericht jedoch gezeigt, dass (nicht nur) die Tschechen bereits gelernt haben, einige "EU-Unarten" auszunutzen. Nach dem Vorbild Frankreichs und Deutschlands, die die Haushaltsregeln für Euro-Länder ignorieren, hat Prag entgegen vorheriger Versprechen keinen zollfreien Handel im Grenzgebiet eingeführt, obwohl es damit Kritik seitens der EU riskierte. Die tschechischen Gesetzgeber haben sich richtig ausgerechnet, dass Prag außer Vorwürfen in dieser Hinsicht nichts droht."

Weiter vergleicht der Kommentator das tschechische Abschneiden in dem Bericht mit dem der anderen Beitrittskandidaten:

"Die alljährliche Pauke hat auch auf die tatsächlichen Unterschiede zwischen den Beitrittskandidaten hingewiesen. In dem vorgehaltenen Spiegel haben sich die Tschechen nicht an der Spitze, sondern bestenfalls in der ersten Hälfte der Rangliste der EU-Bewerber gesehen."

Themenwechsel: Die slowakische Zeitschrift "Dimenzie" - deutsch: Dimensionen - hat ihre Redaktion im ostslowakischen Kosice und bezeichnet sich selbst als "apolitische, unabhängige Monatszeitschrift, die über die Welt, die Gesellschaft und die Menschen" berichten will. Ganz apolitisch jedoch scheint die Zeitschrift nicht zu sein, bereits beim flüchtigen Durchblättern finden sich in ihr Interviews mit Politikern; doch nicht die höchste politische Ebene ist es, die "Dimenzie" interessiert. Radek Vogl, stellvertretender Chefredakteur für die Tschechische Republik:

"Wir denken, dass Politik in der Slowakei nicht nur in Bratislava stattfindet, sondern auch in den Regionen. Und so wollen wir auch die Arbeit verschiedener Regionen unterstützen."

Doch nicht nur in der Slowakei ist "Dimenzie" aktiv, als Zeitschrift mit wirtschaftlichem Schwerpunkt, die als Zielgruppe die Mittel- und Oberschicht anspricht. Seit etwa einem halben Jahr erscheint sie probeweise zweisprachig in tschechischer und slowakischer Sprache und ist damit Pionier auf diesem Gebiet. Bereits ein Drittel der Leser (aus dem Direktverkauf) kommt heute aus Tschechien, auch in der Bibliothek des tschechischen Abgeordnetenhauses ist "Dimenzie" erhältlich. Der Vorstoß auf den tschechischen Markt ist dabei keineswegs zufällig, sondern eher ein erster Schritt, der eigenen Zielsetzung näher zu kommen. Und die besteht darin, Mitteleuropa als Wirtschafts- und politischen Raum attraktiv zu machen. Radek Vogl:

"Wenn man auf die Karte schaut, können wir sehen, dass sich nach der Osterweiterung das Zentrum der EU verschiebt. Und so denken wir, das bedeutet neue Möglichkeiten für uns und für die Region, auch dieses alte geschichtliche Problem zu überwinden."

Der Vorstoß auf den tschechischen Medienmarkt, den heute ja im wesentlichen westeuropäische Großverlage wie Burda, Ringier, Gruner&Jahr vornehmen, um ihren Umsatz zu steigern, gestaltet sich für "Dimenzie" nicht gerade einfach - erklärt Radek Vogl und verweist dabei auch auf ein generelles Phänomen hinsichtlich der gegenseitigen Wahrnehmung von Tschechen und Slowaken.

"Ja natürlich, es ist sehr schwer. Wenn man den slowakischen und den böhmischen Markt vergleicht, sieht man, dass in der Slowakei viele tschechische Zeitschriften erhältlich sind, aber umgekehrt ist das in Tschechien nicht so. Es ist sehr schwer, für eine neue Zeitschrift auf dem Markt einzudringen. Man braucht Geld und viel Reklame."

Was die finanzielle Situation von Printmedien anbelangt, macht sich Radek Vogl allerdings keine Illusionen, dass dies in anderen Ländern besser wäre. Das weiß er aus eigener Erfahrung eines Redakteurs, der regelmäßig für deutsche und Schweizer Zeitschriften schreibt:

"Wir denken, dass alle Medien - auch in Deutschland - große Probleme haben. Die Wirtschaftssituation ist nicht so gut und die Medien, insbesondere Zeitungen und Zeitschriften, sind sehr von Reklame abhängig. Und jetzt müssen viele Firmen ihre Reklame-Ausgaben kürzen und das hat einen schlechten Einfluss auf die Medien."