"Was hat das mit uns zu tun?" - EU-Berichterstattung in Tschechien und Bulgarien

Foto: Europäische Kommission

Berichten die Medien zu selten über die Europäische Union? Oder warum wissen wir so wenig über die Politik aus Brüssel und die anderen europäischen Länder? Darüber diskutierten rund 80 deutsche, mittel- und osteuropäische Journalisten am Wochenende in Prag auf der Konferenz "Journalisten-Ost-West". In Mittel- und Osteuropa wird die Europäische Politik unterschiedlich in den Medien reflektiert. Ein Blick nach Tschechien und Bulgarien.

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Seit rund zweieinhalb Jahren gehört die Tschechische Republik zur Europäischen Union. Doch tschechische Zeitungen, Radioprogramme und Fernsehsender bringen nur wenige Hintergrundberichte über Europa, meint Ludmila Rakusanova. Über zwanzig Jahre lang arbeitete die Tschechien als Rundfunkjournalistin bei Radio Free Europe in München. Heute berät sie einen der größten Zeitungsverlage der Tschechischen Republik. Die Medien würden nur in zwei Fällen überhaupt über europäische Themen berichten, sagt Ludmila Rakusanova.

"Die Themen tauchen nur dann in den Medien auf, wenn die Journalisten entweder das Gefühl haben, Tschechien geschehe Unrecht in der Union oder wenn sie meinen, dass Tschechien von der EU etwas bekommen soll."

Die Europäische Kommission plant seit Anfang des Jahres, die Verbrauchersteuer auf Bier zu erhöhen. Als die Finanzminister in der ersten Novemberwoche darüber abstimmen sollten, legte die tschechische Regierung ein Veto ein. Im "Biertrinkerland" Tschechien waren die Zeitungen und Fernsehnachrichten voll davon. Außer dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Rundfunk haben die meisten tschechischen Medien keinen Korrespondenten in Brüssel. Sie greifen auf Meldungen der tschechischen Nachrichtenagentur CTK und anderer Agenturen zurück.

"Man benutzt Reuters oder die Deutsche Presseagentur und die tschechische CTK. Daraus reimt man sich irgendeine Berichterstattung zusammen, die aber nicht authentisch ist",

so Lida Rakusanova. Bulgarische Journalisten berichten fast täglich über die Europäische Union, sagt Ivo Indzhov, Chefredakteur des wöchentlichen Nachrichtenmagazins "Lider" aus Sofia. Voraussichtlich im Januar 2007 treten die Bulgaren dem Staatenbund bei. Die Medien rücken deshalb stets die Beziehung zwischen Brüssel und Sofia in den Vordergrund, so Indzhov.

"Man erzählt von den Erfolgen der bulgarischen Staatsmänner und Minister und den Besuchen der europäischen Kommissare in Bulgarien. Europäische Ereignisse zeigt man nur selten."

Die Biersteuer, zum Beispiel, war auf den bulgarischen Titelseiten nicht zu finden. Würde ein Journalist seinem Chefredakteur einen Artikel über die Biersteuer vorschlagen, so wüsste Ivo Indzhov schon, was der Chef antworten würde.

"`Ok`, würde er sagen. `Du wirst das schreiben. Aber du musst erklären, warum das Thema Bulgarien betrifft.` Und in diesem Fall betrifft es Bulgarien gar nicht."