Konferenz "Demokratie und Sicherheit" - Bush greift Dissidenten in Prag unter die Arme

Ansprache von Karel Schwarzenberg (Foto: Autor)

"Demokratie und Sicherheit" - das war der Titel einer zweitägigen Konferenz auf der sich Politiker, Staatsmänner und vor allem aber Menschenrechtler und Dissidenten aus aller Welt unter der Schirmherrschaft von Außenminister Karel Schwarzenberg trafen. Ihr Thema - eine bessere Welt und der Weg, der dahin führen könnte.

Ansprache von Karel Schwarzenberg  (Foto: Autor)
Prag glich am vergangenen Dienstag und Mittwoch einer Festung. Aus allen Ecken der Welt reiste man auf Einladung von Außenminister Karel Schwarzenberg nach Prag und konferierte zwei Tage zum Thema "Demokratie und Sicherheit" im Cernin-Palast auf der Burg. Wer gekommen war und warum, das erklärt kein geringerer als der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika George W. Bush:

"Morgen werde ich auf dem G8-Gipfel sein, wo ich mich mit den politischen Führern der größten Wirtschaftsmächte der Welt treffen werde. An diesem Nachmittag, stehe ich an der Seite von Männern und Frauen, die eine noch größere Kraft darstellen - die Kraft des menschlichen Gewissens. In diesem Raum sind Dissidenten und Verfechter von Demokratie aus 17 Ländern von fünf Kontinenten. Sie, die Sie hier versammelt sind, haben unterschiedliche Traditionen, Sie haben unterschiedliche Religionen und Sie haben unterschiedliche Hürden zu nehmen. Aber Sie alle sind vereint durch eine unumstößliche Überzeugung: dass Freiheit ein nichtverhandelbares Recht eines jeden Mannes, jeder Frau und jedes Kindes ist und dass der Weg zu einem andauernden Frieden in unserer Welt die Freiheit ist."

George W. Bush  (Foto: CTK)
Das Podium dieser Konferenz war eine Bühne, die George W. Bush gerne betrat. Ideengeber waren der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Havel, der spanische Ex-Premier Jose Maria Aznar und der frühere russische Dissident und spätere israelische Politiker Natan Sharansky. Veranstaltet wurde die Konferenz von drei Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen aus Prag, Jerusalem und Madrid. Nun sind Dissidenten und Untergrundkämpfer nicht gerade die Klientel, mit der der mächtigste Mann der Welt sich oft an einen Tisch setzt. Und doch war es in Prag ein Heimspiel für den amerikanischen Präsidenten George W. Bush. In Prag konnte er in seiner liebsten Rolle auftreten, nämlich als Imperialist der Demokratie. Die stärkste Waffe im Kampf gegen Extremismus, so Bush in seiner Rede, seien jedoch nicht Kugeln oder Bomben - es sei das allumfassende Verlangen nach Freiheit. Daher sei die Verbreitung von Freiheit mehr als ein moralischer Imperativ - es sei der einzige realistische Weg, so Bush, unsere Völker langfristig zu schützen.

"In den Augen Amerikas sind die demokratischen Dissidenten von heute die politischen Führer von morgen. Und deshalb unternehmen wir neue Schritte, um Sie weiter zu unterstützen. Und ich unterstütze auch ganz besonders das "Prager Dokument", das auf Ihrer Konferenz vorbereitet wird und das proklamiert, dass ´der Schutz von Menschenrechten ein integraler Bestandteil von Frieden und Sicherheit in der Welt ist´. In Übereinstimmung mit den Zielen dieser Deklaration habe ich Außenministerin Rice gebeten eine Anweisung an alle US-Botschafter in unfreien Ländern auszugeben: Geht hinaus und trefft euch mit Demokratie-Aktivisten. Sucht jene, die die Menschenrechte einfordern."

Natan Sharansky  (Foto: Autor)
Mit dieser Anweisung an Außenministerin Rice hatte die Konferenz schon eines ihrer Hauptziele erreicht, wie Natan Sharansky auf einer anschließenden Pressekonferenz zusammen mit Aznar, Havel und Kasparov erklärte.

"Was wir heute so eindrucksvoll erleben konnten, war die Umsetzung der beiden Grundideen dieser Konferenz: nämlich die demokratische Agenda zu stärken, die demokratischen Staatsmänner der freien Welt zu bestärken, indem wir ihnen klarmachen, dass es in all den Ländern, wo es keine Demokratie gibt, dass es da Menschen gibt, die an die Demokratie glauben, für sie kämpfen und ihre Freiheit für den Kampf um Demokratie opfern. Denn sie sind die echten Verbündeten für die freie Welt. Und wir wollen zeigen, dass die politischen Führer der freien Welt ihnen Gehör schenken."

Das habe man, so Sharansky weiter, am ersten Tag der Konferenz ganz klar sehen können, als Bush sich am Rande der Konferenz mit über 30 Dissidenten zu Gesprächen hinter verschlossenen Türen getroffen habe. So solle die freie Welt nach Maßgabe des "Prager Dokuments" verfahren, sagte Sharansky.

"Es ist ein Dokument, das von allen Dissidenten unterzeichnet wurde. Es geht in diesem Papier nicht darum, was in den totalitären Regimen passieren soll. In dem Dokument ist formuliert, welches Handeln wir von der freien Welt erwarten, wie sie die Dissidenten in ihrer alltäglichen Arbeit verteidigen soll. Es war also sehr wichtig, dass Präsident Bush in seiner Rede erklärt hat, dass er das Dokument annimmt und seine Außenministerin angewiesen hat, dass alle US-Botschafter ihr Bestes tun sollen, um die Dissidenten zu unterstützen."

Von links: Jose Maria Aznar,  Vaclav Havel und Natan Sharansky  (Foto: Autor)
Mit Spannung wurden gerade vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm Bushs Anmerkungen zu Russland erwartet. Bemerkenswert war, dass der amerikanische Präsident China und Russland in einem Atemzug nannte. Die USA hätten intensive Arbeitsbeziehungen mit beiden Ländern. Die Freundschaft mit ihnen sei komplex. Aber es gebe Bereiche, in denen man zusammenarbeite und Bereiche, wo man auseinanderdrifte.

"In Russland sind die Reformen, die die Bürger in ihren Rechten stärken sollten, entgleist, mit beunruhigenden Folgen für die demokratische Entwicklung. Die Vereinigten Staaten werden die Beziehungen zu diesen Ländern weiter ausbauen - und wir werden das tun ohne unsere Prinzipien und Werte aufzugeben."

Der russische Oppositionspolitiker Garri Kasparow bezeichnete am Rande der Konferenz Russland als einen "Polizeistaat mit einer demokratischen Maske". Es müsse ein Zeichen gesetzt werden. Putin dürfe von der freien Welt nicht als Gleicher unter Gleichen behandelt werden:

"Putin sollte eine eindeutige Botschaft erhalten: `Du kannst dich nicht verhalten wie Lukaschenko und gleichzeitig erwarten wie ein demokratischer Staatsmann behandelt zu werden. Also benimm dich oder du wirst kein Mitglied in diesem exklusiven Klub sein."

Garri Kasparov  (Foto: Autor)
Kasparow spielte damit auch auf den EU-Russland-Gipfel in Samara Mitte Mai an. Er war als Oppositionspolitiker an der Teilnahme an einer friedlichen Demonstration vor Ort gehindert worden. Auf die Frage, wie das denn aussehen könne, wenn Putin nicht mehr als gleichwertiger Partner akzeptiert werde, sagte Garri Kasparow gegenüber Radio Prag:

"Schauen Sie, ich glaube, das wäre an sich schon eine sehr starke Botschaft. Das Beste, was uns passieren konnte, war die sehr deutliche Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Samara. Und es wichtig zu erwähnen, dass solche Bemerkungen nicht einfach irgendwo gemacht werden. Auf russischem Boden zu stehen, neben Putin zu sitzen und ihm zu sagen, dass sein Handeln im Widerspruch zur russischen Verfassung und zu internationalen Gesetzen steht, das war eine große Hilfe für uns."

Kasparow war ebenso dankbar für Bushs deutliche Worte an Putin, dass der Demokratisierungsprozess entgleist sei. Jetzt müsse sich Bush auf dem G8-Gipfel hinter Angela Merkel stellen und ihr den Rücken stärken. Das ist genau, was man auch im "Prager Dokument" von den Staaten der freien Welt erwartet, wie Natan Sharansky es formuliert hat. Gestärkt durch ein neues Gemeinschaftsgefühl und Selbstbewusstsein verließen die Dissidenten und Menschenrechtler am Mittwochnachmittag die Konferenz. Und ähnlich ging es wohl auch George Bush, der sich in seinen abschließenden Worten noch einmal persönlich an die Dissidenten wandte:

"Ich verlasse Prag in dem sicheren Bewusstsein, dass die Sache der Freiheit nicht überholt ist und dass ihre Zukunft in den besten Händen ist. Mit ungebrochenem Vertrauen in die Kraft der Freiheit werden Sie ihre Völker inspirieren, werden Sie ihre Völker führen und die Welt verändern. - Gott segne sie."