Krise in Bulgarien – Lizenz eines tschechischen Stromversorgers in Gefahr

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Die Situation im EU-Land Bulgarien ist unübersichtlich. Nach tagelangen, teils gewalttätigen Protesten ist der Regierungschef am Mittwoch zurückgetreten. Auslöser der Proteste waren die hohen Strompreise im Weihnachtsmonat Dezember. Eine wichtige Rolle dabei spielt auch der tschechische Stromkonzern ČEZ. Er ist einer von drei Stromversorgern und hat im Nordwesten Bulgariens viele der hohen Stromrechnungen ausgestellt.

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Mafiosi und Verbrecher – das sind die Worte, mit denen die bulgarischen Demonstranten dieser Tage den tschechischen Stromkonzern ČEZ betiteln. Seit Tagen gehen die Menschen auf die Straße und protestieren gegen zu hohe Strompreise. Was zunächst friedlich begann, artete schon bald in gewalttätige Straßenschlachten aus, schließlich forderten die Demonstranten den Rücktritt der Regierung. Premierminister Bojko Borissow mied zunächst die Öffentlichkeit, am Dienstag versuchte aber, die Demonstranten zu beruhigen. Er versprach eine Strompreissenkung und erklärte:

Bojko Borissow  (Foto: Biser Todorow,  Wikimedia Creative Commons 3.0)
„Alle drei Stromlieferanten erhalten eine Geldstrafe. Zudem wird dem Konzern ČEZ die Lizenz entzogen.“

Der Strommarkt in Bulgarien wird von drei Konzernen beherrscht – von den tschechischen Unternehmen ČEZ und Energo-Pro sowie der österreichischen Firma EVN. Alle drei halten gleich große Anteile an der Energieversorgung und haben in ihren Regionen ein Monopol. ČEZ ist für den ärmeren Westen zuständig, wo die Proteste nach dem Erhalt der letzten Rechnung ausbrachen. Die Strompreise seien laut dem Konzern die niedrigsten in ganz Europa und schon länger nicht mehr erhöht worden. Allerdings werden in Bulgarien die Stromzähler jeden Monat abgelesen und die Menschen haben daher für die Weihnachtszeit eine höhere Rechnung erhalten. Zur Ankündigung des Premiers, dem tschechischen Unternehmen die Lizenz zu entziehen, sagte die Sprecherin von ČEZ, Barbora Půlpánová:

Barbora Půlpánová  (Foto: Archiv ČEZ)
„Wir haben bisher noch keine offiziellen Informationen erhalten, dass dieser Schritt getan wird. In der offiziellen Mitteilung der Regulierungsbehörde müssen die konkreten Gründe für einen Lizenzentzug angegeben werden. Dann läuft eine Frist an, innerhalb derer die Firma ČEZ diese Mängel beheben kann.“

In der tschechischen Politik weckte die Ankündigung des bulgarischen Premiers ebenfalls heftigen Widerspruch. Industrie- und Handelsminister Martin Kuba erklärte am Dienstag in Brüssel:

„Der Entzug einer Lizenz ist in der Europäischen Union keine politische Entscheidung, sondern eine Entscheidung, die von einer unabhängigen Regulierungsbehörde getroffen werden muss. Und sie kann nur getroffen werden, wenn ein schwerer Mangel festgestellt wird. Außerdem muss dem Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, die Entscheidung anzufechten.“

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Da der bulgarische Premier mitsamt seiner Regierung nun aber zurückgetreten ist, wird sich zeigen, ob seine Ankündigung auch weiter verfolgt wird. ČEZ wird sich aber in jedem Fall fragen, ob sich das Engagement auf dem Balkan noch auszahlt. Erst vor kurzem bekam das tschechische Unternehmen auch in Albanien Schwierigkeiten – dabei geht es um Ausstände der Abnehmer und auch dort droht dem Konzern der Lizenzentzug.