Tschechisches Kartellamt prüft Beschwerden gegen Entscheidung zu Ausbau des Akw Dukovany

Atomkraftwerk Dukovany

Der Ausbau des Atomkraftwerks Dukovany ist derzeit das wohl wichtigste energiepolitische Projekt in Tschechien. Den Zuschlag für zwei neue Reaktorblöcke hat die südkoreanische Firma KHNP erhalten. Doch die unterlegenen Anbieter haben das tschechische Kartellamt (ÚOHS) eingeschaltet. Und dieses hat nun vorerst den geplanten Vertragsschluss mit KHNP untersagt. Wie sehr verkompliziert dies die Atompläne der tschechischen Regierung?

Tschechien ist einer der Staaten Europas, die weiter auf Atomenergie setzen. Auch wenn Nachbar Deutschland diese Technik in den Ruhestand geschickt und Österreich sie bereits in den 1970er Jahren abgelehnt hat, plant man hierzulande den Bau neuer Reaktorblöcke. Mitte Juli erhielt das halbstaatliche südkoreanische Unternehmen KHNP von der tschechischen Regierung den Zuschlag, die erwünschten neuen Reaktorblöcke zu bauen. Die ersten zwei sollen im südmährischen Akw Dukovany entstehen.

Um den lukrativen Auftrag beworben hatten sich aber auch die französische Électricité de France (EDF) und die amerikanische Firma Westinghouse. Nach der Entscheidung des Kabinetts in Prag für den Konkurrenten aus Asien, haben beide beim tschechischen Kartellamt jeweils eine Beschwerde eingereicht.

Jan Brož ist Kommentator der Wirtschaftstageszeitung Hospodářské noviny. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte er die jeweiligen Einwände:

„Die Vorwürfe der beiden unterlegenen Firmen unterscheiden sich. Die Vertreter der EDF sagen, das Angebot aus Südkorea sei viel zu gut, als dass es der Wahrheit entsprechen könne. Sie deuten damit an, dass die KHNP ihren relativ niedrigen Preis nur deswegen anbieten konnte, weil hinter ihr die unerlaubte Unterstützung durch die Regierung in Seoul stand. Westinghouse wiederum zweifelt an, dass die Form der Ausschreibung korrekt war. Dabei geht es darum, dass die tschechische Regierung dafür eine Sicherheitsausnahme beschlossen hat.“

Sicherheitsausnahme bedeutet, dass Vertreter des tschechischen Staates wegen der strategischen Bedeutung des Vorhabens jeweils die kompletten Dokumentationen der sich bewerbenden Firmen einsehen und auch aus Sicherheitsgründen Bewerber ausschließen dürfen. Diese Sicherheitsausnahme wurde allerdings schon 2020 vom tschechischen Kartellamt genehmigt.

Dennoch haben die Wettbewerbshüter am Mittwoch auf die Beschwerden von EDF und Westinghouse reagiert und eine vorläufige Anordnung erlassen. So dürfen vorerst keine Verträge geschlossen werden zum Ausbau des Atomkraftwerks Dukovany. Bisher gibt es nämlich nur die Entscheidung der tschechischen Regierung, dass KHNP die neuen Reaktorblöcke bauen soll, sowie eine Absprache. Doch über den grundlegenden Vertrag und seine Details verhandeln der tschechische Energiekonzern ČEZ als Betreiber von Dukovany und sein südkoreanischer Partner noch. Was bedeutet nun die Anordnung?

„Wenn der Auftraggeber den Vertrag über einen Auftrag unterschrieben hat, kann das Amt nicht mehr in der Sache eine Entscheidung treffen und muss das Kartellverfahren beenden. Deswegen wird in einem großen Teil der Verfahren zur Auftragsvergabe, die wir untersuchen, eine vorläufige Anordnung erlassen. Diese sagt aber nichts darüber aus, wie letztlich in dem Fall entschieden wird“, sagt Martin Švanda, Sprecher des Kartellamts.

Für die Behörde bedeutet das nun, dass es nicht mehr zeitlich eingegrenzt ist für seine Entscheidungsfindung. Im Schnitt braucht das Kartellamt hierzulande fünf Monate für die Prüfung von Fällen. Das hieße, dass der angedachte Termin für den Vertrag zwischen ČEZ und KHNP noch nicht direkt in Gefahr ist – eine Ablehnung der Beschwerden vorausgesetzt. Dazu ČEZ-Sprecher Ladislav Kříž:

Lukáš Vlček | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

„Von Beginn an sind wir davon ausgegangen, dass der Vertrag bis Ende März kommenden Jahres unterschrieben wird. Somit ist bisher keine Verspätung entstanden. Wir haben auch mit der Anordnung des Kartellamts gerechnet. Sie ist eine gängige Maßnahme, wenn das Amt nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von 60 Tagen eine Entscheidung in einem Prüfungsfall treffen kann.“

In der tschechischen Regierung gibt man sich ebenfalls unaufgeregt. Industrie- und Handelsminister Lukáš Vlček (Bürgermeisterpartei Stan) glaubt, dass letztlich die Entscheidung zugunsten KHNP nicht einkassiert werde.

„Das erste Argument dafür ist, dass alle Bewerber einem kompetitiven Bieterverfahren zugestimmt haben. Zweitens verhandelt ČEZ bereits seit 2020 mit dem Kartellamt über die sogenannte Sicherheitsausnahme im Rahmen dieser öffentlichen Ausschreibung. Und drittens wurden diese Schritte auch schon mit der Europäischen Kommission konsultiert bei der Notifizierung des ersten geplanten Reaktorblockes“, so der Minister.

Und so rechnen der Energiekonzern ČEZ genauso wie das Regierungskabinett weiter mit ihrem Zeitplan für den Ausbau der Atomenergie. Geplant ist, dass der erste neue Reaktorblock in Dukovany im Jahr 2036 in den Probebetrieb geht. Die Kosten für beide Blöcke zusammen werden mit 400 Milliarden Kronen (15,8 Milliarden Euro) angegeben.

Autoren: Till Janzer , Jakub Kulawiak
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