Kulturdenkmäler erinnern an NS-Zeit und Kommunismus

Gebäude des Tschechischen Rundfunks (Foto: Ludek, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Tschechien ist reich an Geschichte – und an historischen Gebäuden. Nun hat die Regierung sieben weitere Objekte zu Nationalen Kulturdenkmälern ernannt. Diese verweisen vor allem auf die wechselvolle tschechische Geschichte im 20. Jahrhundert.

Gebäude des Tschechischen Rundfunks  (Foto: Ludek,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 3.0)

Lubomír Zaorálek  (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)
„Wir rufen die tschechischen Truppen und Gendarmen dazu auf, zum Tschechischen Rundfunk zu kommen. Dort wird ihre Hilfe gebraucht.“ Mit diesen Sätzen im Radio begann am 5. Mai 1945 der Prager Aufstand gegen die deutschen Besatzer. Im Mittelpunkt: das Funkhaus in der Vinohradská-Straße, eingeweiht 1933. Der funktionalistische Komplex ist vor einigen Jahren restauriert worden. Und er gehört zu jenen Objekten, die am Mittwoch von der tschechischen Regierung zu Nationalen Kulturdenkmälern erklärt wurden. Nach der Kabinettssitzung erläuterte Kulturminister Lubomír Zaorálek (Sozialdemokraten), dass es bereits 300 in dieser Art geschützte Gebäude hierzulande gebe:

„Das beginnt mit der Prager Burg und der Karlsbrücke, also relativ kostbaren Bauten. Die sieben neuen Objekte gehören hingegen nicht zu den künstlerisch wertvollsten. Dass sie trotzdem zu Kulturdenkmälern erhoben wurden, hat symbolischen Charakter vor dem anstehenden 30. Jahrestag der Samtenen Revolution. Alle sieben sind mit dem politischen Widerstandskampf verbunden. Sie sollen daran erinnern, dass Freiheit in diesem Land niemals kostenlos zu haben war.“

Villa Larisch in Pardubice  (Foto: Tomáš Kubelka,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Gerade das Rundfunkgebäude steht auch für den Widerstand zu kommunistischen Zeiten, in dem Fall gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen am 21. August 1968.

Andere Objekte symbolisieren hingegen die Grauen der nationalsozialistischen Besatzung. Dazu gehört etwa die Villa Larisch im ostböhmischen Pardubice / Pardubitz. Im Zweiten Weltkrieg richtete sich die Schutzpolizei dort ein.

„In der Larisch-Villa wurden 1942 insgesamt 194 tschechische Bürger erschossen. An nur einem Tag waren es allein 30 Bewohner aus Ležáky“, so Zaorálek.

Ležáky war nach Lidice die zweite Gemeinde im sogenannten „Protektorat Böhmen und Mähren“, die zum Ziel von Vergeltungsaktionen der Nazis wurde. Auch die dortigen Bewohner wurden bestraft für den Anschlag auf Reinhard Heydrich. Das Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor hatten tschechoslowakische Fallschirmjäger verübt. Diese versteckten sich zum Schluss in der Kyrill-und-Method-Kirche in der Prager Neustadt, wo sie dann von Gestapo und SS in die Enge getrieben wurden. Und dieser Sakralbau ist seit Mittwoch ebenfalls Nationales Kulturdenkmal.

Ruhestätte von Jan Zajíc  (Foto: Archiv des Instituts für Zeitgeschichte der Akademie der Wissenschaften)
Auf den Beginn der nationalsozialistischen Besatzung verweist wiederum das Hlávka-Studentenwohnheim, nicht weit entfernt von der Kyrill-und-Method-Kirche. Kulturminister Zaorálek:

„Dort wurden im November 1939 tschechische Studenten verhaftet. Man hat sie ins KZ deportiert, und einige von ihnen wurden dort hingerichtet.“

Außerdem hat die Regierung drei Grabstätten in die Liste aufgenommen. Es ist zum einen jene des tschechoslowakischen Staatsgründers Tomáš Garrigue Masaryk. Zum anderen gehören dazu die letzten Ruhestätten von Jan Palach und Jan Zajíc. Die beiden Prager Studenten haben sich 1969 aus Protest gegen die sowjetische Besatzung selbst verbrannt.

Autor: Till Janzer
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