Vor 85 Jahren: Der Rundfunk sendet erstmals aus eigenem Gebäude
Der Tschechische beziehungsweise ehemals Tschechoslowakische Rundfunk kann auf eine fast 100-jährige Geschichte zurückblicken. Die Anfangsjahre seiner Entwicklung waren jedoch steinig. So konnte der Sender erst nach zehn Jahren in das heutige Rundfunkhaus einziehen – das war genau am 10. Dezember 1933.
„Weil das Atelier in einem Postgebäude des Stadtteils Vinohrady im Jahr 1924 zu klein wurde, zog das Radiožurnal damals in das benachbarte Verlagshaus Orbis um. Im Frühjahr 1927 folgte der nächste Wechsel in das Nationalhaus von Vinohrady. Von dort aus führte der direkte Weg dann schon in den eigenen Rundfunkpalast in der Vinohradská-Straße.“
Das ist so allerdings nicht ganz richtig, denn eine historische Aufnahme belegt, dass der Rundfunk im Dezember 1933 in sein heutiges Gebäude einzog, in dem ihm ein Stockwerk zugewiesen wurde. Die anderen Stockwerke aber nutzte das Ministerium für Post und Telegraphie, dem der Rundfunk damals unterstellt war. Einige Überbleibsel aus jener Zeit kann man noch heute finden. Zum Beispiel verrät ein vergittertes Fenster im Speisesaal, dass sich an diesem Platz einst eine Zweigstelle der Post befand. Das historische Rundfunkgebäude war seinerzeit zudem durch eine Rohrpost mit der Zentralpost in der Jindrišská-Straße verbunden. Im Jahr 1933 und noch einige Zeit danach wurde aus der Vinohradská-Straße ausschließlich live gesendet.Heute hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk vier landesweite Sender, einen Auslandssender, mehrere regionale Programme, digitale Stationen und ein Online-Portal. Die Programme werden überwiegend aus einem neuen Sendehaus produziert, das im neuen Jahrtausend hinzugebaut wurde. Die Anfänge des Rundfunks und seine Gegenwart werden in dem historischen Gebäude durch einen speziellen Aufzug symbolisiert:
„Dieser Paternoster ist der älteste umlaufende Aufzug in Tschechien, der noch in Betrieb ist. Er wurde bereits im Jahr 1920 von der Firma Prokopec hergestellt. In Betrieb ist er seit 1929, und zwar nahezu ununterbrochen“, informiert die Leiterin des Rundfunkarchivs, Eva Ješutová.Um den Paternoster indes auch heute noch benutzen zu können, wurde er eingehend geprüft und nach neuesten Vorschriften instandgesetzt. Dies erfolgte im Rahmen einer umfangreichen Sanierung des historischen Gebäudes von 2007 bis 2011. Bei dieser Maßnahme wurde auch die Eingangshalle wiederhergerichtet, und zwar in ihrem ursprünglichen Stil aus dem Jahr 1933. Während des Prager Aufstands zu Ende des Zweiten Weltkriegs war sie von einem Lufttorpedo zerstört worden. Danach war sie völlig anders wieder aufgebaut worden, sagt Eva Ješutová:
„Der Treppenaufgang auf der linken Seite der Rezeption verschwand. Der Fußboden verlor seine wunderbare geometrische Charakteristik, denn der Marmorboden wurde durch Holzdielen ersetzt. Ab den 1960er Jahren gab es hier eine Besucherecke, in der die Rundfunkredaktoren und ihre Gäste auf roten Kunstledersesseln Platz nahmen.“Das historische Rundfunkgebäude ist mittlerweile ein nationales Kulturdenkmal. Es präsentiert die Epoche des Funktionalismus aus der Zeit der Ersten Republik. Heute ist dort vornehmlich die Verwaltung des Rundfunks untergebracht.