Lehrermord sorgt für Bestürzung in Tschechien

Lehrer Bohuslav Sibl (Foto: CTK)

Ein Berufsschüler hat am Montag seinen Lehrer im Unterricht erstochen. Die Tat sorgt in Tschechien für Bestürzung. Der Mord an dem 60-jährigen Lehrer ist die erste Gewalttat in einer tschechischen Schule mit Todesfolge. Daniel Satra berichtet.

Lehrer Bohuslav Sibl  (Foto: CTK)
"Ich bin völlig bestürzt, weil es sich um einen der rechtschaffendsten Lehrer handelt, den wir hier hatten. Und falls der Schüler psychische Probleme hatte, steht es nicht in der Macht einer Berufsschule den Schüler als problematisch zu erkennen, dazu fehlen uns die entsprechenden Unterlagen."

Schuldirektor Leos Ríha  (Foto: CTK)
Schuldirektor Leos Ríha steht noch sichtlich unter Schock und ringt um seine Fassung, als er am Montag vor die Presse tritt. Niemand will bei dem 16-jährigen Täter, der zuvor während des Unterrichts gegen 9 Uhr morgens im ostböhmischen Städtchen Svitavy/Zwittau unvermittelt auf seinen Lehrer eingestochen hatte, Anzeichen erkannt haben, die auf die Tat hindeuteten. Mitschüler beschreiben ihn als ruhig und unauffällig. Die Polizei, die den Berufsschüler kurz nach der Tat festgenommen hatte, steht bisher vor einem Rätsel. Ihre Sprecherin Iva Marková:

"Die Polizei hat eine Person festgenommen, die begründet unter Mordverdacht steht. Das Motiv dieser schrecklichen Tat ist nach wie vor Bestandteil weiterer Ermittlungen."

Kein Motiv, aber bereits eine Anklage. Fünf Jahre Haft drohen als Höchststrafe für Minderjährige in Tschechien. Doch es gibt Ausnahmen, erklärte die Prager Richterin Dana Sindelarová gegenüber dem Tschechischen Rundfunk:

"Mord ist eine der gewichtigsten Straftaten. Es handelt sich dabei um eine Straftat mit der größten Gefahr für die Gesellschaft. Daher besteht hier auch der Ausnahmefall, dass minderjährige Täter überhaupt zu Freiheitsstrafen verurteilt werden können - jedoch zu maximal zehn Jahren."

Schüler der Berufsschule in Svitavy  (Foto: CTK)
Bisher deutet nichts auf ein problematisches Verhältnis zwischen dem Berufsschülers und seinem Lehrers hin. Einige Schüler beschreiben das 60-Jährige Opfer, das kurz vor der Rente stand, als streng, andere loben ihn. Dem Tschechischen Rundfunk gegenüber sagte der Psychologe Karel Humhal:

"Wenn wir einen konkreten Konflikt zwischen dem Lehrer und dem Schüler ausschließen können, dann denke ich, dass es sich um eine pathologische Tat handelt und damit auf eine geistige Störung bei dem Schüler verweist. Denn anders kann man sich diese Tat aus psychologischer oder psycho-pathologischer Sicht nicht erklären."

Der Name des Täters ist nicht öffentlich, denn ein Ermittlungsverfahren, das sich auf Minderjährige bezieht, unterliegt in Tschechien der Geheimhaltung. Eines steht jedoch jetzt schon fest: Der Lehrermord in Svitavy beschäftigt die höchsten staatlichen Stellen. Premier Vladimír Spidla forderte in der heutigen Ausgabe der Tageszeitung Mlada fronta Dnes "sorgfältige Ermittlungen". Erst die könnten klären, ob es sich um einen Einzelfall oder um ein gesellschaftliches Phänomen handele.