Leiche in Venedig und Videokunst - tschechische Kultur in Berlin

Bild von Michael Bielický

Im Tschechischen Zentrum Berlin beginnt der Frühling. Den Auftakt bildet eine Videoinstallation des Künstlers Michael Bielický, gefolgt von einem Dokumentarfilm über tschechische Entwicklungshelfer in Afrika. Natürlich wird auch wieder gelesen: Es geht um einen tschechischen Toten in Italien und die Ermittlungen des italienischen Kommissars in Prag. Und wer möchte, kann auch noch einen Tschechisch-Intensivkurs absolvieren. Weitere Informationen gab die Programmchefin Christina Frankenberg im Interview.

Bild von Michael Bielický
Frau Frankenberg, am Donnerstag wird die Ausstellung „Why Don’t We“ von Michael Bielický bei Ihnen im tschechischen Zentrum eröffnet. Vielleicht können Sie sagen, was genau man sich darunter vorstellen kann…

„Am Donnerstagabend bereits werden wir den bekannten Videokünstler Michael Bielický hier im Hause zu Gast haben. Wir zeigen die Installation ‚Why Don’t We’, die er zusammen mit Kamila B. Richter gestaltet hat. Dabei handelt es sich um eine Videoinstallation, die auf die Wirkung von sozialen Netzwerken eingeht. Diese Installation kommuniziert in Echtzeit mit ‚Twitter’. Sie verändert sich, wenn bestimmte Begriffe in dem Netzwerk eingegeben werden. Bielický und Richter haben zuvor bereits ein gemeinsames Projekt gestaltet, das auf einem ähnlichen System beruht. Es hieß ‚Garden of Error and Decay’. Wenn die Hörer auf die Homepage des Tschechischen Zentrums Berlin klicken, werden sie zu dem vorherigen Projekt weitergeleitet. Es ist eine Kombination von Information und Kunst - also so etwas wie ‚Info-Art’. Wenn man sich die vorherige Installation anschaut, bekommt man vielleicht eine bessere Vorstellung davon, was einen hier im Tschechischen Zentrum ab Donnerstagabend erwartet.“

‚Citizen Kino’  (Foto: Offizielle Facebook-Seite von Montenegro Berlin)
Es wird dort nicht nur die Installation geben, sondern auch Begleitveranstaltungen…

„Genau, am 22. und 23. März, also am Freitag und Samstag kommender Woche, werden wir zwei Veranstaltungen dazu haben. Am Freitag wird das ‚Citizen Kino’ stattfinden. Das ist in Berlin inzwischen schon eine kleine Institution. Geleitet wird es von Dr. Podinski, so nennt sich der junge Mann aus San Francisco. Er selbst präsentiert eine Mischung aus Theater, Film, Reklame und neuen Medien und gibt Einblicke in die aktuelle Medienwelt. Podinski tritt in einem weißen Kittel auf. Er entführt seine Gäste in die Welt des Internets und stellt ihnen verschiedene Clips, Trailer, Kurzfilme und Animationsfilme vor, kommentiert diese und tritt mit seinen Publikum in einen Dialog. Diese Veranstaltungsreihe findet in Berlin an verschiedenen Orten statt. Am 22. März wird sie hier im Tschechischen Zentrum sein. Einen Tag später, am Samstag, wird es einen Workshop mit dem Titel ‚Media Self-Defense’geben. Dort geht es um den Umgang mit neuen Medien und wie man deren Inhalte nutzen, umgestalten und bearbeiten kann. Beide Veranstaltungen finden in englischer Sprache statt.“

‚Pod sluncem tma’
Mit Filmen geht es ja dann am 25. März direkt weiter. Dann findet der „DokuMontag“ statt. Was wird dort gezeigt?

„Wir haben Anfang des Jahres eine neue Filmreihe begründet, den ‚DokuMontag’. Wir zeigen seit einigen Wochen jeden zweiten Montag einen Dokumentarfilm. Übernächste Woche werden wir ‚Pod sluncem tma’, auf englisch ‚Solar Eclipse’, spielen. Dies ist ein Dokumentarfilm von Martin Mareček, der sich mit tschechischer Entwicklungshilfe in Afrika kritisch auseinander setzt. Der Film begleitet zwei tschechische Elektriker, die nach längerer Zeit in eine kleine Siedlung in Afrika zurückkehren, die sie zuvor elektrifiziert haben. Ein Großteil der Geräte funktioniert nicht mehr oder befindet sich nicht mehr an seinem Platz. Der Film stellt die Funktionalität der Entwicklungshilfe in Frage. Regisseur Martin Mareček setzt sich mit dem Thema auf humorvolle Art auseinander. Sein Film ist mehrfach in der Tschechischen Republik ausgezeichnet worden, auch beim internationalen Dokumentarfilmfestival in Jihlava. Im Anschluss an die Vorstellungen haben wir nun schon mehrmals die Regisseure aus Prag oder der Tschechischen Republik zu einer Videokonferenz eingeladen. Dadurch bekommen die Zuschauer die Möglichkeit, ein Gespräch mit den Filmemachern zu führen. Dies ist auch am 25. März geplant.“

Foto: Slovart
Es findet ja jetzt auch die Buchmesse in Leipzig statt, am Donnerstag ist der erste Tag. Ist das Tschechische Zentrum dort auch wieder vertreten?

„Wir stellen in diesem Jahr zwei Autoren vor, zusammen mit dem tschechischen Kulturministerium, das auch noch weitere Programmpunkte im Angebot hat. Am Donnerstag findet eine Lesung mit Jan Pavel statt, der seine Erinnerungsnovelle ‚Proč blijou sloni’ (Warum Elefanten kotzen) vorstellt. Dieses Werk führt uns zurück in eine Kindheit in den 1980er Jahren. Wer die Bücher von Irena Dousková kennt, wird sich an diese Art der Prosa erinnert fühlen. Nur wächst der kleine Held von Jan Pavel nicht im Milieu der Dissidenten auf, sondern stammt aus einer ’ganz normalen Familie’. Jan Pavel gelingt es in seiner Novelle, die Kindheit neu zu entdecken und findet in ganz alltäglichen Erlebnissen und Ereignissen etwas Zauberhaftes. Am Freitagnachmittag wird Kateřina Rudčenková zu Gast bei der Leipziger Buchmesse sein. Sie stellt ihren neuen Gedichtband ‚Chůze po dunách’ (Über Dünen laufen) vor. Das ist nach langer Zeit der erste Gedichtband, den sie wieder herausgibt. Die Autorin ist bekannt geworden als Dramatikerin und durch ihre Kurzgeschichten.“

Foto: Rororo Verlag
Wie ist es mit der Literatur allgemein bei Ihnen in Berlin? Wir hatten beim letzten Mal darüber gesprochen, dass Sie die neue Lesegruppe „Literatura“ begonnen haben.

„Die Treffen wurden bisher sehr begeistert und enthusiastisch von unserem Publikum aufgenommen. Es gab zwei Abende, an denen viel diskutiert worden ist. Der zweite Abend war Markéta Pilátová und ihrem Roman ‚Mein Lieblingsbuch’ gewidmet. Für das nächste Treffen, das am 16. April stattfindet, haben wir ein italienisches Buch gewählt: einen Krimi von Franca Permezza. Er trägt den Titel ‚Partitura di Praga’ und handelt von einer tschechischen Leiche, die in Venedig auftaucht. Die Ermittlungen führen den Kommissar auch nach Prag. Sinn dieser Lesegruppe ist, dass wir mit unserem Publikum noch mehr in Kontakt treten und es mehr an unseren Aktivitäten beteiligen wollen. Wir wollen nicht immer diejenigen sein, die die Angebote machen, sondern unser Publikum einladen, mitzuwirken. Dieses Konzept wurde wirklich gut angenommen.“

Foto: Verlag Langenscheidt
Was erwartet den Besucher noch in den kommenden Wochen im Berliner Zentrum?

„Wir bieten Anfang April einen Sprachintensivkurs für Tschechisch an. Das kündige ich heute schon an; man entscheidet sich ja sicherlich nicht von heute auf morgen, diese nicht ganz einfache Sprache zu lernen. Aber wenn man doch Gründe dafür findet, sich mit Tschechisch beschäftigen zu wollen, bekommt man vom 8. bis zum 12. April die Möglichkeit, an einem Intensivkurs teilzunehmen. Es wird sowohl einen Einstiegskurs für Anfänger geben, als auch Kurse für Fortgeschrittene, in denen man sich auf die zertifizierte Tschechischprüfung vorbereiten kann, die bei uns im Juni wieder stattfinden wird. Wir bieten zusammen mit der Karlsuniversität in Prag die Möglichkeit, die CCI-Prüfung für Sprachschüler abzulegen. Dies hat den Vorteil, dass man nicht nach Prag fahren muss, sondern die Prüfung direkt in Berlin ablegen kann. Zu diesem Termin kommen die Lehrkräfte aus Prag hierher.“