„Lex Ukrajina“: Prag will Russen das Erlangen der tschechischen Staatsbürgerschaft erschweren
Im vierten Anlauf wurde am Mittwoch das Gesetz durch das tschechische Abgeordnetenhaus gebracht, das hierzulande unter anderem den Aufenthalt ukrainischer Geflüchteter regelt. Durch eine Novelle soll es zudem künftig für russische Staatsbürger schwieriger werden, auch den tschechischen Pass zu bekommen. Die Oppositionspartei Ano erwägt, deswegen vor das Verfassungsgericht zu ziehen.
Mit der „Lex Ukrajina“ wird in Tschechien unter anderem der Schutzstatus ukrainischer Flüchtlinge geregelt. Am Mittwoch wurde im Abgeordnetenhaus die mittlerweile siebte Novelle der Gesetzessammlung verabschiedet. Dies sei unabdingbar gewesen, sagt Martin Exner in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Er sitzt für die Regierungspartei Stan in der unteren Parlamentskammer und ist dort Vorsitzender des Sicherheitsausschusses:
„Die Geflüchteten müssen sich bis Ende März erneut registrieren, damit uns aktuelle Daten zu ihrem Aufenthalt vorliegen. Bis dahin bleibt nicht mehr viel Zeit. Wir müssen das Registrierungssystem vorbereiten, die Flüchtlinge über die Änderung informieren und ihnen genügend Zeit zur Anmeldung geben.“
Nicht zu guter Letzt setzt Tschechien mit der Novelle einen EU-Mechanismus um, durch den geflüchteten Ukrainern weiterhin vorübergehender Schutz gewährt wird. Um das Gesetz verabschieden zu können, legten die Vertreter der Regierungskoalition und die mittlerweile oppositionellen Piraten vorab den Zeitpunkt der Abstimmung fest, um Obstruktionen von Teilen der Opposition zu verhindern.
Die Oppositionspartei Ano erwägt jedoch, wegen der verabschiedeten Novelle vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Denn beschlossen wurden auch zwei umstrittene Änderungsanträge. Zum einen sollen Handlungen für eine fremde Macht künftig unter Strafe stehen. Gemeint sind damit Spionagetätigkeiten oder konkret Fälle, in denen jemand unberechtigterweise empfindliche Informationen – die jedoch keinem Geheimhaltungsstatus unterliegen müssen – an einen anderen Staat weitergibt, um die Interessen Tschechiens zu gefährden. Zudem soll es für Russen schwieriger werden, die tschechische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Denn dafür werden sie künftig nachweisen müssen, die russische Staatsbürgerschaft abgelegt zu haben.
„Es ist die Pflicht der Tschechischen Republik, Sicherheit für die Bürger und das Land zu gewährleisten“, begründete Innenminister Vít Rakušan (Stan) die neuen Regelungen.
Doch die Opposition sieht das anders. Die beiden neuen Änderungen stünden nicht unmittelbar in Zusammenhang mit dem Schutz von ukrainischen Geflüchteten, hieß es. Und die Fraktionsvorsitzende der Partei Ano, Alena Schillerová, sagte dann auch:
„Die Ergänzungen sind ein heißer Kandidat dafür, dass wir uns an das Verfassungsgericht wenden. Wir konnten logischerweise gar nicht anders, als gegen das Gesetz zu stimmen.“
Der Ano-Abgeordnete Hubert Lang betonte im Interview für den Tschechischen Rundfunk zudem, dass er die strengeren Regeln für Russen, die zusätzlich die tschechische Staatsbürgerschaft erlangen wollen, für diskriminierend hält:
„Wir erhalten Zuschriften, in denen uns die Leute schreiben: ‚Wir haben euch nichts getan! Wir möchten gerne Tschechen werden. Aber wir sind auch Patrioten und wollen eines Tages in ein neues Russland ohne Putins Regime zurückkehren. Deswegen wollen wir unseren russischen Pass behalten.‘“
Die Regierung wendet indes ein, dass man keinesfalls alle Russen unter Kollektivstrafe stellen wolle. So enthalte das Gesetz auch zahlreiche Ausnahmen, sagt Koalitionspolitiker Martin Exner:
„Es gibt ein recht breites Spektrum an Ausnahmen, vor allem wenn die Person der Tschechischen Republik zuträglich ist, etwa durch ihre künstlerischen, wissenschaftlichen oder sportlichen Aktivitäten. Natürlich wird es zudem auch weiterhin die Möglichkeit geben, Asyl zu beantragen, sollte einem russischen Bürger in seinem Heimatland eine Strafverfolgung drohen.“
Die Novelle der „Lex Ukrajina“ muss nun vom Senat bewertet werden. Gleich in der ersten Sitzung nach Weihnachten soll der Gesetzesvorschlag auf der Tagesordnung stehen. Im Falle einer Verabschiedung wird die neue Regelung Präsident Petr Pavel zur Unterschrift vorgelegt.