Weniger Menschen in Tschechien: Geburten gehen zurück, Ausländer ziehen weg

Foto: Štěpánka Budková

Zehn Jahre lang ist die Bevölkerung in Tschechien gewachsen. Doch im vergangenen Jahr sank erstmals die Zahl der Menschen, die hierzulande leben. Doch warum ist es zu dem Einbruch gekommen?

Foto: Štěpánka Budková
Es waren 10.512.400 Menschen, die zu Ende vergangenen Jahres in Tschechien gelebt haben. Das sind 3700 weniger als noch 2012, wie das staatliche Statistikamt am Freitag bekanntgab. Demographen hatten erwartet, dass es irgendwann zu dem Einbruch kommen würde.

Einer der beiden Hauptgründe für den Bevölkerungsrückgang liegt in der geringen Geburtenrate. Seit 2009 geht die Zahl der Neugeborenen zurück. 2013 kamen 106.800 Babys auf die Welt. Zugleich altert auch die tschechische Gesellschaft zusehends. Deswegen war es kein Zufall, dass die Zahl der Todesfälle um 2400 höher lag als die Zahl der Geburten. Michaela Němečková ist Demographin am Statistikamt:

Michaela Němečková  (Foto: ČT24)
„Der Trend geht wieder zum natürlichen Bevölkerungsrückgang. Diesen Rückgang gab es bereits zwischen 1994 und 2005, damals begannen die Frauen, immer später Kinder zu kriegen – deswegen sank die Zahl der Geburten.“

Ab 2005 hatten sich die starken Jahrgänge in der Geburtenstatistik bemerkbar gemacht. Aber damit ist es für die folgenden 15 Jahre wohl erst einmal vorbei.

Foto: Archiv Radio Prag
„Die Frauen der starken Jahrgänge aus den 1970er Jahren kommen langsam aus dem zeugungsfähigen Alter, und die schwachen Jahrgänge der 1980er Jahre gelangen wiederum gerade in dieses Alter. Darauf folgen dann die noch schwächeren Jahrgänge der 1990er Jahre“, so Němečková.

Der zweite Grund für den Bevölkerungsrückgang im Jahr 2013 lag aber in der Migration, also im Saldo von Zu- und Wegzug nach und aus Tschechien. So siedelten sich 29.600 Ausländer neu in Tschechien an. Am häufigsten stammten sie aus der Slowakei, der Ukraine und aus Russland. Doch erstmals seit vielen Jahren zogen wieder mehr Menschen aus Tschechien weg. Ihre Zahl lag fast um die Hälfte höher als noch 2012 und betrug 30.900. Die Fachleute sind sich noch nicht sicher, wie das zu bewerten ist. Tomáš Kučera ist Demograf an der Prager Karlsuniversität:

Tomáš Kučera  (Foto: ČT24)
„Es ist erstaunlich, dass die Tschechische Republik bei der Migration nach sehr langer Zeit wieder in rote Zahlen geraten ist. So ganz kann ich mir das nicht erklären. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Umschwung, der die wirtschaftliche Lage hierzulande reflektiert.“

Ganz besonders betrifft der Rückgang eine der stärksten Migrantengruppen: die Ukrainer. Seit 2008 haben sie begonnen, Tschechien vermehrt den Rücken zuzukehren. Zwar kamen viele von ihnen neu ins Land, aber noch mehr zog es wieder weg, so dass ihre Gesamtzahl um weitere 7000 sank. Auf dem zweiten Platz der Negativsalden lagen Tschechen und auf dem dritten Vietnamesen. Den größten Nettozuzug gab es indessen an Slowaken, nämlich fast 5000, gefolgt von Deutschen mit einem Plus von 1300.